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Klimafreundliche Ernährung: Wie Veganer das Klima schützen

Vegetarische Kost aus der Region schont Klima und Umwelt.

Wer sich vegetarisch und mit Lebensmitteln aus der Region ernährt, der hilft der Umwelt und dem Klima. Aber wie viel macht eigentlich ein Stück Käse aus? Und sind Sojaprodukte wirklich besser als Fleisch?

Wie hoch ist der Anteil der Ernährung an den Treibhausgasemissionen?

Was wir einkaufen und essen, hat unmittelbare Auswirkungen auf unser Klima. In Deutschland ist Ernährung für rund 15 Prozent des durchschnittlichen CO2-Ausstoßes pro Kopf verantwortlich. Dabei haben Fleisch- und Milchprodukte eine deutlich schlechtere Bilanz als pflanzliche Lebensmittel wie etwa Kartoffeln, Salat oder Getreide. „Vegetarier und Veganer sind die besseren Klimaschützer, wenn sie nicht auf andere Weise ganz viel Kohlenstoffdioxid in die Luft schleudern“, stellt Wissenschaftlerin Elisabeth Angenendt klar. Die Forscherin beschäftigt sich am Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim schwerpunktmäßig mit der Nutztierhaltung und ihren Folgen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.


Was produziert wie viel CO2?

Nicht alle tierischen Produkte haben eine enorm schlechte Klimabilanz. Die Emissionsunterschiede sind groß. Wer beispielsweise trotz Fleischkonsums möglichst klimafreundlich leben will, kann Rind durch Schwein oder Geflügel ersetzen. Denn ein Kilo Rindfleisch verursacht laut Bundesumweltministerium 13,3 Kilo CO2-Äquivalente. Das sind rund viermal so viel Treibhausgase wie bei einem Kilo Schweinefleisch (3,3 Kilo CO2-Äquivalente) oder Geflügel (3,5 Kilo). Bei der Berechnung der CO2-Äquivalente werden auch andere, teilweise deutlich stärkere Treibhausgase berücksichtigt, etwa Methan. Deren Klimawirkung wird dann in die entsprechende Menge CO2 umgerechnet – allerdings können die Werte je nach Bilanzierungsmethode etwas unterschiedlich ausfallen. Generell gehören nicht nur Fleisch, sondern auch Milchprodukte zu den klimaschädlichen Lebensmitteln: Durch die Produktion von einem Kilo Käse entstehen rund 8,5 Kilo CO2, für die gleiche Menge Sahne 7,6 Kilo, für Eier 1,9 Kilo und Joghurt 1,2 Kilo. Teigwaren wie Brot bewegen sich zwischen 0,5 und 0,9 Kilo CO2 pro Kilo des jeweiligen Produkts, frisches Gemüse liegt bei 0,2 Kilo CO2.


Was ist das Problem bei tierischen Produkten?

Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO ist die Haltung von Nutztieren ein Hauptverursacher des Klimawandels – auf sie entfallen 14,5 Prozent der weltweiten Emissionen jährlich. Zudem sei die Nutztierhaltung verantwortlich für 91 Prozent der Rodungen im Amazonas, heißt es in einer Studie des Institute for Agriculture and Trade Policy.


Wie viel Fleisch essen wir?

Man könnte meinen, dass die Menschen heute weniger Fleisch essen als noch vor einigen Jahren oder Jahrzehnten. Schließlich leben in Deutschland mehr als sechs Millionen Menschen vegetarisch, knapp eine Million vegan. „Tatsächlich schlägt sich dies in den Zahlen aber kaum nieder“, sagt Elisabeth Angenendt. 1991 aßen die Deutschen im Durchschnitt 63,9 Kilogramm Fleisch pro Kopf, 2018 waren es 60,2 Kilogramm. „Der Verzicht durch Vegetarier und Veganer wird beinahe aufgehoben durch Menschen, die deutlich mehr Fleisch als früher essen.“


Sind Ersatzprodukte wirklich besser?

Oft wird kritisiert, dass Milch- oder Fleischalternativen ebenfalls nicht kli­mafreundlich sind – etwa weil für den ­Sojaanbau Regenwälder in Brasilien ab­geholzt werden. Aber: „Das Soja, das wir in der menschlichen Ernährung verwenden, kommt überwiegend aus Europa und nicht aus Brasilien“, betont Elisabeth ­Angenendt. Bei Milch sind alle pflan­zenbasierten Alternativen klimafreund­licher als das tierische Produkt; die ­CO2-Äquivalente pro Liter belaufen sich bei Soja-, Mandel- und bei Hafermilch auf maximal ein Kilo, bei Kuhmilch sind es 3,2 Kilo. Noch deutlicher ist der Unterschied beim Wasserverbrauch: Für einen Liter Kuhmilch werden insgesamt 628 Liter Wasser benötigt, bei einem Liter Man­delmilch sind es 371 Liter, bei Hafermilch 48 Liter und bei Sojamilch 28 Liter.


Was ist mit Gemüse und Obst?

Auch der Verzehr von Gemüse und Obst ist nicht immer klimafreundlich, denn speziell im Winter sind die Produkte aus den Supermärkten oft weit gereist. Wer ein Kilogramm Tomaten aus dem Freiland kauft, verursacht damit 0,4 Kilo CO2-Äquivalente, bei Tomaten aus dem Gewächshaus sind es 2,8 Kilo – etwa das Sieben­fache. Bei einem Kilogramm Spargel aus Deutschland sind es 0,4 Kilo CO2-Äqui­valente, bei der vergleichbaren Menge aus Peru 10,8 Kilo CO2-Äquivalente, also das 27-Fache.

Allerdings bedeutet auch ­deutsche Herkunft nicht immer gleich Klimaschutz. Äpfel beispielsweise haben hierzulande nur von August bis November Saison. Bis Mai können sie zwar einge­lagert werden, dieses Einlagern frisst aber Energie. Dennoch sind laut Berechnungen des Instituts für Energie- und Umwelt­forschung Heidelberg eingelagerte Äpfel aus der Region immer jenen aus Regionen anderswo in Europa oder Überseeimporten vorzuziehen. Letztlich gibt es eine Formel, an die man sich im Zweifel immer halten kann: Was regional und saisonal ist, also in der aktuellen Jahreszeit gerade in der Gegend wächst, schneidet in der Ökobilanz immer am besten ab.


Was können Verbraucher tun?

Fleischverzicht ist nie ein Fehler, wenn man sich klimafreundlich ernähren will“, rät Wissenschaftlerin Elisabeth An­genendt. Wer viel Käse verzehre, sollte ­darauf achten, dass die Milch dafür von Grünlandkühen stamme, da Wiesen einen hohen ökologischen Wert hätten. „Und als Alternative kann man auch mal probieren, selbst Brotaufstriche herzustellen, zum Beispiel Hummus.“ Autor Jonathan Safran Foer rät in dem literarischen Sachbuch „Wir sind das Klima“ dazu, sich beim Frühstück und Mittagessen rein pflanzlich zu ernähren und beim Abendessen so, wie man wolle – dies sei für das Klima besser als eine komplett vegetarische Ernährung. Nicht zu unterschätzen ist auch der Weg zum Einkauf: Wer diesen nicht extra mit dem Auto erledigt, sondern auf dem sowieso zu tätigenden Heimweg, zu Fuß oder mit dem Rad, tut dem Klima viel Gutes.

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