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Beyond Meat in Deutschland: Fleischloser Burger ist in aller Munde

Die pflanzlichen Bratlinge schmecken fast wie die Originale aus Fleisch.

Die Burger von Beyond Meat schmecken wie Fleisch - sind aber vegan. Die pflanzlichen Buletten sind derzeit enorm beliebt, auch an der Börse erlebt die Firma einen Hype. Ab 29. Mai kann die veganen Buletten auch in Deutschland jeder kaufen. 

Stuttgart - Eine rosa Färbung und etwas roter Saft, der heraustropft, wenn man beherzt zubeißt: Wer einen Burger von Beyond Meat (dt.: jenseits von Fleisch) verzehrt, soll das Gefühl bekommen, es handle sich um echtes Fleisch. Auf der Zutatenliste des Bratlings stehen jedoch lediglich Erbsenproteine, Wasser, pflanzliche Öle, Aromen, Geschmacksverstärker sowie Farb- und Füllstoffe. Die Bratlinge des kalifornischen Nahrungsmittelproduzenten Beyond Meat sind vegan, also rein pflanzlich. Das falsche Tierblut und die rosa Färbung wird durch Rote Bete erzeugt. Von diesem Mittwoch an gibt es die veganen Buletten in den hierzulande 3200 Lidl-Filialen zu kaufen. Der Discounter sicherte sich die Exklusivrechte auf den flächendeckenden Deutschlandstart. Ein Doppelpack mit 227 Gramm Inhalt kostet 4,99 Euro. In den kommenden Monaten wollen weitere Supermärkte nachziehen.

Bisher gab es die Burger des Start-ups aus Los Angeles hierzulande nur beim Großhändler Metro, über den Online-Handel sowie in einigen Restaurants. In den USA bekommt man das Beyond-Meat-Sortiment schon länger in den Supermärkten. Dort sind die pflanzlichen Burger, Würstchen und gulaschartigen Ersatzprodukte für Burritos und Tacos enorm beliebt. Auch aus diesem Grund wurde der Start des veganen Burgers in Deutschland immer wieder verschoben; die Firma kam nicht mit der Produktion hinterher. Deshalb gibt es die Bratlinge bei Lidl auch zunächst ausschließlich als Aktionsware und nur „solange der Vorrat reicht“.

Das Erbsenprotein soll an Fleisch erinnern

An der Börse legte das Unternehmen Anfang Mai einen fulminanten Start hin: Nach einem Ausgabepreis von 25 US-Dollar stieg der Wert der Beyond-Meat-Aktie bereits am ersten Tag um 163 Prozent. Mittlerweile hat sie sich bei rund 73 US-Dollar stabilisiert. Damit ist das Start-up an der Börse so erfolgreich wie lange keines mehr. Eingestiegen mit einem Wert von rund 1,5 Milliarden Euro ist die Firma mittlerweile 4,6 Milliarden Euro wert – und das, obwohl sie noch nicht profitabel ist. 2018 machte Beyond Meat rund 27 Millionen Euro Verlust bei einem Umsatz von 79 Millionen Dollar. „Anleger sehen in diesem Bereich ein riesiges Potenzial“, sagt Verena Wiederkehr vom Verein Pro Veg. Auch prominente Investoren gibt es bereits, unter anderem Microsoft-Gründer Bill Gates sowie Schauspieler Leonardo DiCaprio.

Doch was ist das Erfolgsrezept dieser veganen Buletten? Verena Wiederkehr urteilt nach einem Testhappen: „Die Firma hat es geschafft, Fleischalternativen zu entwickeln, die vom Geschmack, der Textur und dem Mundgefühl das Bedürfnis nach Fleisch befriedigen.“ Das Erbsenprotein als Basis soll an Muskelfasern im Fleisch erinnern, das rauchige Aroma den typischen Fleischgeschmack erzeugen. Doch nicht nur die gelungene Imitation ist ursächlich für den Hype, betont die Expertin. Die Zielgruppe sei breit angelegt: „In den USA liegen die Bratlinge in den Supermärkten ganz bewusst direkt neben den Fleischprodukten und nicht in einem Regal mit vegetarischen Lebensmitteln.“ Denn dem Hersteller zufolge sind rund 70 Prozent seiner Kunden Flexitarier, also Menschen die regelmäßig bewusst auf Fleisch verzichten.

Knapp eine Million Veganer in Deutschland

Konkurrenz gibt es freilich: Ein ähnliches Produkt wie die Beyond-Meat-Burger hatte Impossible Foods vor knapp zwei Jahren auf den Markt gebracht. Der Bratling basiert auf Sojaprotein und Kartoffeln und soll dem Fleischgeschmack ebenfalls sehr nahe kommen. Seit April gibt es die Impossible Whopper in einigen US-Filialen des Fast-Food-Riesen Burger King, bald soll es sie in allen Filialen in den USA geben. Konkurrent McDonald’s war etwas schneller: Dort gibt es den Big Vegan TS, der von der Nestlé-Tochter Garden Gourmet entwickelt wurde, seit Ende April in den gut 1500 Filialen in Deutschland. Die Burgerketten, Restaurants und Nahrungsmittelhersteller passen sich dem Markt an: Dem Statistikportal Statista zufolge ernährten sich im Jahr 2018 allein in Deutschland 6,31 Millionen Menschen vegetarisch, knapp eine Million vegan. „Viele essen eigentlich gerne Fleisch, wollen aber aus bestimmten Gründen darauf verzichten etwa für das Klima oder den Tierschutz“, sagt Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Für diese Menschen können pflanzliche Ersatzprodukte, die ähnlich wie Fleisch schmecken, eine Alternative sein.“

In den vergangenen fünf bis zehn Jahren hat sich der Markt für Fleischalternativen so stark weiterentwickelt wie kaum ein anderer. Supermärkte und Discounter bestücken immer größere Regale mit pflanzlichen Alternativen, einige steigen sogar mit Eigenmarken ein. Die Nahrungsmittelindustrie entwirft pausenlos neue Produkte – aus Tofu, Seitan, Jackfrucht, Linsen, Lupinen oder eben Erbsen. Früh erkannt hat diesen Trend der einst klassische deutsche Fleischverarbeiter Rügenwalder Mühle. 2018 erwirtschaftete der Mittelständler mit seinen pflanzlichen Fleischalternativen bereits 38 Prozent des Gesamtumsatzes.

#vegan ist einer der meistgenutzten Hashtags

Für den Erfolg von Firmen, die auf pflanzliche Alternativen setzen, ist zu einem großen Teil die jüngere Generation verantwortlich. Das sieht man auch auf dem Social-Media-Kanal Ins­tagram: Der Hashtag vegan gehört dort zu einem der meistgenutzten Hashtags. „Junge Menschen werden zunehmend altruistischer und achten darauf, dass ihr Ernährungsverhalten nicht nur für sie persönlich gut ist, sondern auch für die Umwelt und das Klima“, sagt Verena Wiederkehr. Auch würden viele Menschen erkennen, dass man die ambitionierten Klimaziele ohne eine Ernährungsumstellung nicht erreichen kann.

Die Pro-Veg-Fachfrau glaubt deshalb, dass die Bratlinge von Beyond Meat auch in Deutschland auf eine hohe Nachfrage stoßen werden. Hierzulande seien Burger zwar kein inte­graler Bestandteil der Ernährung, wie das in den USA der Fall ist, betont Wiederkehr: „Aber Fleischalternativen bedienen schließlich auch eine Art Lifestyle.“

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