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Haus der Hoffnung

15 Text: Judith Jenner, Foto: Shin Photo Work, Takahiro Arai

Bei dem verheerenden Tōhoku-Erdbeben in Japan vor fünf Jahren wurde die Stadt Minamisōma bei Fukushima schwer beschädigt. Seit kurzem gibt es hier eine neue Feuerwache mit einem Schulungszentrum für Katastrophenschutz - ein Symbol für einen Neuanfang. Als im März 2011 im Osten Japans die Erde bebte, führte das zu einer der größten Nuklearkatastrophen unserer Zeit. In drei Reaktoren des Atomkraftwerks von Fukushima kam es zu einer Kernschmelze. Das Ausmaß der Umweltzerstörung lässt sich auch fünf Jahre danach nicht gänzlich abschätzen. 18.000 Menschen starben, Hunderttausende verloren ihre Heimat und mussten evakuiert werden. Betroffen von dem Beben war auch die rund 70.000 Einwohner zählende Stadt Minamisōma. Sie liegt etwa 25 Kilometer nördlich der Atommeiler. Viele Menschen flohen von dort in andere Regionen Japans. Zahlreiche Gebäude wurden zerstört oder schwer beschädigt, darunter auch die Feuerwehrstation. Bilder erinnern an die Katastrophe Schnell war klar, dass das Minamisoma City Fire Department Disaster Control Center nicht wieder auf-, sondern neugebaut werden muss - und zwar nicht als Zweckbau für die Brand- und Katastrophenbekämpfung, sondern auch als Ort der Erinnerung und der Hoffnung. Den Auftrag erhielten die Architekturbüros Tetsuo Kobori Architects und Nagayama Architect Office. Das Zentrum des Gebäudes bildet ein dreigeschossiges Treppenauge. Es ermöglicht, dass sich viele Menschen gleichzeitig durch den Bau bewegen können. Das spiralförmige Treppenhaus bietet aber auch Platz für eine Ausstellung. Sie beschäftigt sich auf den drei Ebenen mit der schmerzvollen Vergangenheit der Stadt Minamisōma, seiner Gegenwart und einem Ausblick eine Zukunft. Bilder von Feuerwehreinsätzen und Instrumente der Feuerbekämpfung wechseln sich mit Dokumenten der Katastrophe ab, darunter Solidaritätsbekundungen aus der ganzen Welt. Eine Säule zeigt die Höhe des Tsunamis an, der die Küstenstadt damals mit voller Wucht traf. Je nach Stockwerk variiert die Höhe des Treppengeländers, sodass sich dem Besucher verschiedene Blickachsen bieten. Große Fenster setzen die Feuerwehrfahrzeuge in Szene, fast als wollen sie sagen: Wir sind vorbereitet! Hoffnung durch Architektur In dem Chaos nach der Katastrophe dauerte es rund drei Jahre, bis die Feuerwache fertig gestellt war. 60 Menschen arbeiten heute in dem lichtdurchfluteten Gebäude. Das Oberlicht wurde mit einem Netz aus Flachstäben versehen, was eindrucksvolle Schatten auf den hellen Holzboden wirft. Mit Hilfe von Simulationen während der Entwurfsphase entwickelten die Architekten ein windgesteuertes Belüftungssystem, um einen angenehmen Luftzug im Gebäude zu erzeugen. Gerade angesichts der traurigen Erinnerungen, mit denen sich viele Besucher an diesem Ort konfrontiert sehen, sollte die Architektur angenehm, hell und offen wirken. Zugleich wirkt er von außen mit seiner Kastenform stabil und solide. Neben seiner praktischen Funktion ist der Bau auch ein Symbol der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Angesichts des fünften Jahrestags der Katastrophe hat Minamisōmas Bürgermeister Katsunobu Sakurai angekündigt, seine Stadt werde ihren Energiebedarf in Zukunft aus Wind- und Sonnenkraft decken. Bis 2030 will Minamisōma autark sein von der Kernenergie, die so viel Leid über seine Menschen gebracht hat. Ein vernünftiger Schritt, der auf eine bessere Zukunft hoffen lässt.

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