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Analyse von Mobilitätsdaten: Welche Wirkung hat der Shutdown?

Datenanalyse der Feiertage: Wie der Shutdown die Mobilität verändert hat


Noch zeigen die Corona-Zahlen nicht die Auswirkungen der Feiertage. Mobilitätsdaten vom Dezember aber geben schon jetzt wichtige Hinweise über unser Verhalten.


von Johanna Sagmeister

Datum: 05.01.2021 10:39 Uhr


Die Weihnachtsfeiertage und Silvester als potenzielle "Super-Spreading-Events" - darüber sorgten sich Politiker, Virologen und Gesellschaft im Dezember. Ein Reiseverbot gab es nicht. Kontaktbeschränkungen und Quarantäne-Regeln sowie unzählige Appelle, Familienbesuche dieses Jahr auf ein Minimum zu reduzieren, sollten helfen, das Infektionsgeschehen nicht weiter anzutreiben.


Waren die Maßnahmen erfolgreich? 


Noch geben die aktuellen Corona-Zahlen keine genaue Auskunft über das Infektionsgeschehen von Weihnachten. Denn über die Feiertage wurde weniger getestet und die Behörden waren nicht immer vollständig besetzt. Mobilitätsdaten zeigen dagegen jetzt schon, ob die Menschen sich an den Shutdown gehalten haben.


So wenig Mobilität wie im ersten Shutdown


"Bewegungsdaten sind ein Indikator dafür, ob die Menschen ihr Verhalten ändern", sagt Dirk Brockmann. Der Professor leitet das "Covid-19 Mobility Project" des Robert-Koch-Instituts. Er und sein Team werten anonymisierte Mobilfunkdaten aus und vergleichen diese mit den Bewegungsdaten des Vorjahres. Die aktuellen Ergebnisse liegen ZDFheute exklusiv vor.


Die Daten zeigen: Im Dezember waren wir erstmals wieder so wenig unterwegs wie im ersten Shutdown. Die Mobilität sank auf etwa 40 Prozent unter das Jahresmittel von 2019.

Das liegt allerdings nicht allein an den Maßnahmen: Die Mobilität sinkt an den Feiertagen laut dem Forscherteam generell um etwa 20 Prozent. Andererseits ist es auch nicht so leicht, eine bereits geringe Mobilität noch weiter zu reduzieren.


ZDFheute Infografik, Datawrapper


Überrascht ist Forschungsleiter Brockmann vor allem über die Geschwindigkeit des Rückgangs: "Obwohl das Infektionsgeschehen im Dezember weitaus dramatischer war als im Frühjahr, haben wir keine so rapide Abnahme der Mobilität festgestellt wie beim ersten Shutdown."


Während die Mobilität im Frühjahr schon vor dem offiziellen Shutdown abnahm, hat sie im Dezember an einzelnen Tagen sogar zugenommen. Am 15. Dezember, einen Tag vor dem landesweiten harten Shutdown, auf plus sechs Prozent zum Beispiel.


Ausreißer: Die Tagestouristen


Auch der Tagestourismus zwischen Weihnachten und Neujahr ist in den Daten zu sehen. Egal ob im Harz, dem Osterzgebirge oder der Mecklenburgischen Seenplatte: Hier wurden deutlich mehr Bewegungen festgestellt als im deutschlandweiten Durchschnitt. Auch im Osterzgebirge in Sachsen gab es diese Bewegungsströme, obwohl sich Bürgerinnen und Bürger hier nur 15 Kilometer innerhalb ihres Wohnortes bewegen dürfen.


"Auch wenn zwischen Mobilität und Infektionsgeschehen nur ein indirekter Zusammenhang besteht, wird sich das auf das Infektionsgeschehen auswirken", prognostiziert Brockmann.

Erste Politiker reagieren auf den Andrang in den Skigebieten. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow forderte am Wochenende einen Verzicht auf Winterausflüge und kündigt Konsequenzen für sein Bundesland an: Er möchte durchsetzen, dass sich die Menschen in Thüringen nur noch innerhalb von 15 Kilometern im Umkreis ihres Wohnortes bewegen dürfen.


Thüringens Innenminister Meier hält die Einschränkung des Bewegungsradius für nicht sinnvoll. "Den Thüringer Wald komplett für die Stadtbevölkerung abzusperren, wäre nicht der richtige Weg", sagte er am Montag dem "Spiegel".


Drohen härtere Ausgangsbeschränkungen?


Ob solche Ausgangsbeschränkungen kommen, wird sich beim heutigen Corona-Gipfel zeigen. Dann treffen sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Angela Merkel, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Dass der Shutdown verlängert wird, darüber ist man sich offenbar weitgehend einig.


Und auch der RKI-Experte Brockmann kann keine Entwarnung geben: ZITAT FEHLT

Im Januar nimmt die Mobilität typischerweise um etwa 20 Prozent deutlich zu.


Nach seiner Prognose liegt die Mobilität dann wieder bei 20 Prozent unter dem Jahresmittelwert von 2019. RKI-Chef Lothar Wieler reicht das nicht, um Entwarnung zu geben. Anfang Dezember sagte er: "Wir sind der festen Meinung, dass wir eine Kontaktreduktion brauchen, die über 60 Prozent liegt."


Dass eine schnelle und deutliche Kontaktreduktion einen Erfolg bringt, verrät der Blick nach Irland. Das Land ging im Oktober in einen Lockdown - die Kontakte wurden stark reduziert. So waren etwa private Treffen wochenlang verboten. Und zur Arbeit ging nur, wer unverzichtbar war. Mit Erfolg: Die Infektionszahlen sanken rasant.


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