Johanna Feckl

Freie Journalistin, München

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Die Grantlerin in der Madame

Schicke Outfits, bissig-humorvolle Texte: "Die drei Damen" bieten nicht nur Crossover-Jazz, sondern fast Kabarett. Am kommenden Donnerstag spielt das Trio beim Benefizkonzert der "Süddeutschen Zeitung" im Alten Speicher Ebersberg

Der kleine, längliche Raum ist in ein orange-braunes Licht getaucht. Es wirkt, als ob jemand einen Sepia-Farbfilter über die Szenerie gelegt hat. Ein Gefühl von Harmonie macht sich da ganz automatisch breit. In Jeans und Weste sitzt Lisa Wahlandt auf einem Stuhl, das rechte Bein über das linke geschlagen, in der Hand ein Mikrofon, den Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, sodass ihr langes blondes Haar ins Gesicht fällt und es beinahe vollständig bedeckt. Auf dem Stuhl rechts neben ihr wartet eine leere Kaffeetasse darauf, dass sie weggeräumt wird, links steht ein halb volles Wasserglas, an dem die Sängerin gelegentlich nippt. Ihr gegenüber, auf der Bühne, spielen Andrea Hermenau und Christiane Öttl, die jeweils zwischen Flügel und Keyboard sowie zwischen E-Bass und Kontrabass hin und her wechseln. Es ist 18 Uhr. Soundcheck. Nur noch zwei Stunden, bis das Studio Ackermann voll besetzt sein und Lisa Wahlandt ihren Platz in der ersten Reihe gegen das Zentrum der Bühne gewechselt haben wird. Denn an diesem Abend spielen hier Die drei Damen.

Doch wer diesen Auftritt in München verpasst hat, muss sich überhaupt nicht grämen: Bereits am Donnerstag, 30. November, kommen die Damen zum Benefizkonzert des "Adventskalender für gute Werke" der Süddeutschen Zeitung in den Alten Speicher nach Ebersberg.

Die drei Damen sind ein Trio, bei dem Konzert in München jedoch haben sie ausnahmsweise männliche Verstärkung: Stefan Noelle begleitet sie am ein Schlagzeug, denn er ist Gastgeber der Jazz-Reihe "Be my guest" im Schwabinger Westen, bei der er zusammen mit wechselnden Kollegen einen musikalischen Abend gestaltet. "Eigentlich brauchen wir das nicht", sagt Pianistin Hermenau mit Blick auf das Schlagzeug und lacht. Ihre Kolleginnen stimmen ein. Nein, so ablehnend kann man das natürlich nicht sagen, es ist vielmehr so: "Wenn es ohne Drummer nicht groovt, dann passt ohnehin etwas nicht", erklärt Bassistin Öttl. "Das Schlagzeug ist also nie der springende Punkt, egal bei welcher Art von Musik. Es ist eher das Sahnehäubchen." Bei dem Damentrio jedenfalls vermisst man auch ohne dieses I-Tüpfelchen rein gar nichts - sie vermengen Gesang, Piano und Bass zu einer stimmig-swingenden Einheit, deren Rhythmus durchaus in Herz, Kopf und Beine fährt.

Pianistin Andrea Hermenau tunkt einen Teebeutel in ein Glas mit heißem Wasser. "Wir und unser Bandname sind auf jeden Fall mit einem Augenzwinkern zu verstehen." Während sie plaudert, wartet sie auf eine bestellte Kürbissuppe. Das machen die Damen eigentlich vor jedem ihrer Auftritte: gemeinsam essen. Wobei Sängerin Wahlandt wohl eher umherstochert: Wenn sie kurz vor einem Konzert zu viel esse, merke sie das an ihrer Stimme, erklärt sie. Deshalb vertage sie das Essen lieber auf später. Vielleicht ist es also so etwas wie Schicksal, dass an diesem Abend ausgerechnet Wahlandts Bestellung auf dem Weg in die Küche verloren geht.

"Die drei Damen" wirken wie ein harmloses Jazz-Trio, haben aber stets viele Überraschungen im Gepäck.

(Foto: Johanna Feckl)

Aber zurück zum Augenzwinkern. "Bei uns liegt die Aufmerksamkeit auf den Texten", sagt Christiane Öttl. Die gesungenen Geschichten Der drei Damen kommen mal im bairischen, mal im hochdeutschen oder englischen Gewand daher. Gemeinsam sei ihnen aber, dass sie meistens lustig seien, sagt Öttl, "manchmal auch richtig doof und grantlerisch, und doch immer so, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer schmunzeln". Diese Charakterisierung jedoch ist eine große Untertreibung: Später, als der Abend in vollem Gange ist, entscheidet sich das Publikum jedenfalls schnell dafür, das Schmunzeln gegen lautes Lachen und Jubelrufe einzutauschen. Wenn man das Konzert mit einer Liedzeile der drei Damen beschreiben müsste, dann wäre es wohl diese: "Da muas i ja lacha!"

Das Augenzwinkern versteht man vor allem dann, wenn man den Damen nicht nur zuhört, sondern auch zusieht. Sängerin Wahlandt bezeichnet die Konzerte als eine Art Reise von der Madame zur Grantlerin. Das trifft es ganz gut. So lässig der Soundcheck auch ablief, ungeschminkt und in Jeans - für den eigentlichen Auftritt braucht es da schon etwas mehr. Nach dem Essen verschwinden Wahlandt und Hermenau deshalb schnell in der Garderobe, um die Mesdames herauszukehren: Das Normalo-Outfit will gegen ein schickeres gewechselt werden, und das Make-up ist auch noch nicht bühnentauglich. Das Schminken aber muss an diesem Abend unter erschwerten Bedingungen stattfinden, nämlich auf der Damen-Toilette, als die ersten Gäste bereits eintrudeln.

Währenddessen packt Öttl ein schwarzes Leder-Etui aus und dreht sich eine Zigarette. Dieser ganze Schminkwirbel ist nicht so ihr Ding. Mit ihrem schlichten, schwarzen Outfit ist die Bassistin ohnehin für jeden Anlass gewappnet - Umziehen unnötig. Und so kann sie ihren beiden Kolleginnen, die mit der widrigen Umgebung doch ein wenig hadern, noch zur Hand gehen: Beim letzten Feinschliff in der Garderobe hält Öttl ihnen bereitwillig den Handspiegel vors Gesicht.

Wie gut sich die Künstlerinnen nicht nur musikalisch verstehen, zeigt sich hinter der Bühne, zum Beispiel beim Schminken mit Hindernissen.

(Foto: Johanna Feckl)

Auf der Bühne kommt es dann zur Kollision der Mesdames und ihrem Grantler-Humor - ein spannender Kontrast zwischen Sehen und Hören. Und das Augenzwinkern funktioniert, das Ergebnis kann man fast als Kabarett bezeichnen: Satire garniert mit Musik und Theater. Oder anders herum? So strikt lässt sich das ohnehin nicht trennen bei diesen Damen, das ist ja das Schöne. Öttl ist für die pointiert-witzigen, manchmal sogar zynischen Ansagen zuständig, während Wahlandt ihr schauspielerisches Talent zum Besten gibt und für jeden Song in eine andere, passende Rolle schlüpft. Nur Hermenau hält sich eher im Hintergrund, gibt dafür aber mit ihrem Pianospiel umso mehr den musikalischen Ton an. Zusammen servieren Die drei Damen also reichlich Widersprüchliches, und könnten doch harmonischer nicht sein. Sogar ganz ohne Sepiafilter.

Benefizkonzert für den "Adventskalender" der Süddeutschen Zeitung: "Die Drei Damen", am Donnerstag, 30. November, um 19.30 im Ebersberger Alten Speicher. Karten für 22,50 Euro gibt es unter www.kultur-in-ebersberg.de, (08092) 255 92 05 oder im Foyer des Alten Speichers.
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