Die "Kraft des Bieres" erkennt er schnell, die Gefahren des Nationalsozialismus spät: Ein neues Buch sammelt Texte über Deutschland von Thomas Wolfe. Der US-Autor bereiste das Land zwischen 1926 und 1936.
Am Anfang ist Thomas Wolfe, gerade 26 Jahre alt, so überwältigt, wie es nur ein Tourist sein kann, der zum ersten Mal Deutschland besucht: "Später - das Hofbrau Haus - Untere Mittelschicht - Das großartige Bier, dunkel dunkel dunkel - Das Lokal schmuddlig und erfüllt von der Kraft des Biers und Rauchs und der ungemein fröhlich-lebhaften Vitalität seiner zwölfhundert Stimmen", notiert er. Die "Kraft des Bieres" bleibt auch im weiteren Verlauf des Buchs eine Konstante: Der Zwei-Meter-Mann war ein begeisterter Trinker.
"Eine Deutschlandreise" bündelt Aufzeichnungen, die der amerikanische Schriftsteller während seiner insgesamt sechs Aufenthalte in Deutschland zwischen 1926 und 1936 verfasste. Vor allem sind das kurze Notizen; manchmal konkret seinen Tagesablauf schildernd, manchmal Listen von Buchläden oder Gaststätten, die er besuchte, manchmal Assoziationen, manchmal Gekritzel. Ergänzt werden sie mit einer Vielzahl an Briefen und Postkarten aus dieser Zeit, drei Novellen und einem Artikel, der 1940 in der deutschen Wochenzeitschrift "Die Dame" erschien.
Wolfe, Sohn eines Vaters mit deutschen Wurzeln, ist in seinen Aufzeichnungen zunächst von einer Mischung aus Ekel und einer mythisch aufgeladenen Liebe gegenüber Deutschland getrieben. Er zieht einen weiten, nicht ohne Pathos auskommenden Bogen von der Physiognomie seiner Bewohner über die märchenhaften Landschaften und die kulturellen Errungenschaften des Landes bis hin zu den Insignien der Moderne, die auch in Deutschland Einzug gehalten haben.
Viel Platz nimmt ein Besuch auf dem Oktoberfest ein: Er gerät in eine handfeste Schlägerei, legt sich eher versehentlich mit einer Gruppe von Einheimischen an. Die verschiedenen Wunden am Kopf und die lädierte Nase beschreibt er dabei scheinbar mit Stolz: "Ich habe, glaube ich, nachdem meine geistige Qual wegen der Oktobersache nun verglüht ist, im Großen und Ganzen das Gefühl gewachsenen Selbstvertrauens."
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