Rafael Horzons A-Z
Ist dieser Mann das größte Genie von Berlin-Mitte?Unternehmer, Autor, Designer? Rafael Horzon ist eine der umtriebigsten Gestalten des Berliner - ja, was eigentlich? Einzelhandels? Kulturbetriebes? Mitte-Jetsets? Ein Treffen.
Der gebürtige Hamburger machte in den letzten 20 Jahren eigentlich alles. Er verkaufte mit der Galerie Berlintokyo Mitte der 90er-Jahre japanische Behauptungskunst, gründete 1997 eine Wissenschaftsakademie, später eine Trennungsagentur, eröffnete monothematische Fachgeschäfte. Er schrieb mit „Das weisse Buch" einen Bestseller und nahm als Ludwig Amadeus Horzon eine Platte auf.
WELT-Kollege Marc Fischer verglich ihn einmal mit Gustav Gans, weitere Assoziationen sind: eine sehr lustige Variante von Dieter Rams oder Towje Kleiner in seiner Rolle als Maximilian Glanz in Helmut Dietls Fernsehserie „Der ganz normale Wahnsinn". Was bisweilen nach wunderbarem Quatsch oder gezielter Verwirrung oder einem irgendetwas oder irgendjemanden entlarvenden Spiel mit den Mechanismen des Kapitalismus klingt, greift durchaus beglückend in die Realitäten des bundesdeutschen Alltags ein: Der 47-Jährige stattet seit 1999 mit seinen Bücherregalen die Wohnzimmer und Lesestuben des Landes aus. Sie sind formschön, robust und vernünftig ausgepreist.
Jetzt hat Horzon eine neue Kollektion auf den Markt gebracht: „ klik & stek " ist eine Serie für Kinder, die mit zwei Traditionen der Horzon-Arbeitsweise bricht: Die Möbel sind knallbunt und unterlaufen Horzons strenge Rechtwinkligkeit mit abgerundeten Ecken. Wir treffen Horzon im „klik & stek"-Ladengeschäft in der Berliner Torstraße - und lassen uns ein A (genauer: Ä) bis Z seines Lebens diktieren.
Ä-ÄsthetikWenn bei uns in der Familie das Wort „ästhetisch" fiel, dachte ich als Kind immer, es ginge um einen Ess- und Teetisch. Die wahre Bedeutung des Wortes wurde mir erst später bewusst. Ästhetik spielte in meinem Elternhaus eine große Rolle, fast eine so große wie unser ausziehbarer Gründerzeit Ess-Tee-Tisch aus Mahagoni.
B-BauhausAuch das Bauhaus hatte für mich - wie es sich für einen guten Designer gehört - eine prägende Bedeutung. Schon als Kind liebte ich es, mich zwischen den endlosen Regalreihen des Baumarktes zu verlieren. Und später kaufte ich hier die MDF-Platten, um mein erstes Regal zusammenzuschrauben - das Fundament meines Moebel Horzon-Imperiums. Übrigens hatte das Bauhaus natürlich auch gestalterisch eine große Auswirkung auf mein Schaffen: Weil man sich hier nur rechtwinklige Platten zuschneiden lassen kann, und ich anfangs keine eigene Werkstatt hatte, sind alle meine ersten Möbel-Entwürfe streng rechtwinklig.
C-ChefWir hatten gerade unsere Moebel Horzon-Weihnachtsfeier. Da wir alle Cineasten sind - ein Wort, das ja übrigens auch mit C beginnt! -, haben meine Mitarbeiter beschlossen, dass wir ins Arsenal-Kino gehen, um den hervorragenden Film „Repo Man" von 1984 anzuschauen. Wir waren 25 Mann. Als Chef tauge ich allerdings nicht viel, und meine Mitarbeiter sehen es auch nicht gerne, wenn ich sie bei der Arbeit störe. Also war ich nur ein einziges mal in unserer riesigen Werkstatt in der Prinzenallee 83, um das Moebel Horzon-Schild anzuschrauben. Danach kam ich nie wieder, aber alles scheint zu funktionieren. Ich habe sehr gute Mitarbeiter.
D-DesignImmer wieder werde ich gefragt, welcher Design-Schule ich anhänge. Meistens erzähle ich dann von der Bedeutung des Bauhauses, siehe unter „B", falls Sie sich schon jetzt nicht mehr daran erinnern. In Wahrheit hänge ich allerdings der Schule von Redesigndeutschland an, also der Firma, die ich 2001 gegründet habe. Deren Maxime lautet: „Einfachst loesung sein gutst loesung". Daran halte ich mich sklavisch. In unserem Manifest, das 10 Punkte umfasst, findet man Antworten auf alle Fragen, die sich die Menschheit je stellen wird. Wenn Sie also irgendwann nicht mehr weiterwissen, gehen Sie einfach auf www.redesigndeutschland.de.
E-Ellis, Bret Easton2005 kam Ellis nach seiner Lesung im Literarischen Colloquium bei Moebel Horzon vorbei. Jemand hatte ihm erzählt, dass Christian Kracht, den er unbedingt kennenlernen wollte, gerade ein Praktikum bei mir absolvierte. Er betrat also - zunächst sehr schüchtern - den Laden und erkundigte sich nach den Preisen für meine Bücherregale. Als wir sie ihm nannten, bekam er einen hysterischen Anfall. Ich war so erschrocken, dass ich sie ihm zum halben Preis verkaufte. Mittlerweile glaube ich, dass sein Anfall nur gespielt war, denn für die Verschiffung nach Amerika bezahlte er dann ein Vielfaches des Regalpreises.
F-FassadenverschalungNach einem Besuch in Nizza vor etlichen Jahren war ich so geschockt von der Hässlichkeit Berlins, dass ich beschloss, Berlin ein harmonisches, einheitliches Stadtbild zu verpassen. Mit Hilfe von Fassadenverschalungselementen meiner extra zu diesem Zweck gegründeten Fassadenverschalungsfirma Belfas. Die Verschalung Gesamt-Berlins hätte 420 Milliarden Euro gekostet, die Hälfte davon hätte ich - als Verschalungs-Monopolist - als Gewinn eingestrichen. Leider war Bürgermeister Wowereit nicht von der Idee zu überzeugen. Das einzige Gebäude, das jemals mit Belfas-Elementen verkleidet wurde, war die Torstrasse 68. Zumindest in einem Bereich der Fassade, nämlich dem Bereich meines Möbelladens. Nach einer Woche wurde ich von der Hausverwaltung aufgefordert, die Verschalungselemente wieder zu entfernen.
G-GeldMein Bedarf an Geld steigt seltsamerweise jedes Jahr, deshalb gründe ich so viele Firmen.
H-HyperloopGerade gestern habe ich einen Brief an mein großes Vorbild Elon Musk geschrieben, in dem ich ihm meine Hilfe anbiete bei der Umsetzung der von mir ersehnten Hyperloop-Strecke zwischen Berlin und Nizza. Damit wären endlich die beiden wichtigsten und schönsten Städte der Welt miteinander verbunden, die Fahrzeit reduziert sich dann auf ungefähr drei Sekunden. Zusammen mit den zwei Minuten Fussweg von meinem Wohnhaus in der Torstrasse zum Hyperloop-Bahnhof am Rosenthaler Platz bräuchte ich also von meiner Wohnung bis zur Promenade von Nizza nur 2 Minuten und 3 Sekunden.
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