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Frieden in einem der schönsten Länder



Zu Kaffeebauer Don Elías führt nur ein schmaler, von Eukalyptusbäumen und Palmen gesäumter Pfad. Langsam steigt der Weg an, schlängelt sich entlang der Hügelketten. Inmitten des satten Grüns von Bananenplantagen und Kaffeesträuchern taucht sie plötzlich auf, die weiß getünchte Finca, in der der 90-jährige Kolumbianer Kaffee in Handarbeit herstellt, wie schon Generationen vor ihm. Er ist gut ausgerüstet: Ein weißer Cowboyhut schützt seine wettergegerbte Haut vor der intensiven Sonnenstrahlung, an seinem Gürtel hat er eine Machete und einen Bastkorb befestigt. Nach und nach füllt er den Korb mit den roten und gelben Früchten seiner Kaffeepflanzen, die sich über den Steilhang erstrecken.

Aus Guerilla-Hochburg wird Geheimtipp

Das Einkommen aus der Kaffee-Ernte bessert er seit einigen Jahren durch Touristenführungen auf. Täglich zeigt er interessierten Rucksackreisenden seine Plantage, erklärt ihnen den Prozess von der Ernte bis zur Röstung. Noch ist die Zahl der Besucher überschaubar. Dem Ort hängt die Vergangenheit nach. Bis in die 1990er Jahre war die Kaffeeregion Stützpunkt FARC-Guerilla.

Historischer Frieden

Am 24. August haben sich FARC und die kolumbianische Regierung nach jahrelangen Verhandlungen in Havanna auf ein Friedensabkommen geeinigt. Seit dem 29. August ist ein Waffenstillstand in Kraft.

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos lobte den Frieden mit der linken Guerillaorganisation als Ende des letzten Konflikts in der westlichen Hemisphäre. "Das Beispiel Kolumbiens sollte der Welt Hoffnung machen", sagte er mit Blick auf andere bewaffnete Konflikte. Santos' Regierung und die FARC hatten ihren Friedensvertrag nach fast vierjährigen Verhandlungen und einem Konflikt mit über 220.000 Toten und Millionen Vertriebenen geschlossen. Die Waffen der noch rund 8.000 FARC-Kämpfer sollen an UN-Beobachter übergeben, eingeschmolzen und dann in drei Friedensmahnmale in New York, Kolumbien und auf Kuba verwandelt werden.

Rund 450 UN-Beobachter sollen die Einhaltung des Friedens zwischen beiden Seiten überwachen. Der Vertrag soll an diesem Montag unterzeichnet werden, bevor die Kolumbianer am 2. Oktober in einem Referendum über die Bestätigung des Abkommens entscheiden. (Quelle: dpa)

Inzwischen ist die Region sicher und unter Backpackern ist das so genannte Kaffee-Dreieck im Herzen Kolumbiens schon länger ein Geheimtipp. Das Zentrum bildet die Kolonialstadt Salento auf knapp 1.900 Metern über dem Meeresspiegel. Das verschlafene Städtchen hat seinen ursprünglichen Stil aus weißen, einstöckigen Lehmhäusern mit bunt bemalten Balkonen und Türrahmen bewahrt. Und so wirkt es noch immer wie ein Freilichtmuseum aus dem 19. Jahrhundert.

Im Tal der höchsten Palme

Doch der Eindruck täuscht: Die Einwohnerzahl hat sich seit den 1980er Jahren mehr als verdreifacht. Unter den 7.000 Einwohnern Salentos befinden sich viele Weltenbummler, die auf ihrem Weg durch Kolumbien hier gestrandet sind und inzwischen ein Hostel oder Restaurant betreiben. Neben einer Tour zu einer Kaffeeplantage empfehlen die Hostelbetreiber ihren Besuchern eine Wanderung durch das Tal Cocora im nahe gelegenen Nationalpark Los Nevados. In den Nebelwäldern ist der Nationalbaum Kolumbiens heimisch, die Quindio-Wachspalme. Mehrere hundert Jahre alt kann sie werden und eine Höhe von 60 Metern erreichen, womit sie zur höchsten Palmenart der Welt zählt.

Gerade in Regionen wie dem Kaffee-Dreieck muss Kolumbien nun einen nachhaltigen Tourismus aufbauen, sagt Jewgeni Patrouchev vom kolumbianischen Tourismusministerium Procolombia. Denn Kolumbiens Tourismus nimmt schon seit Jahren deutlich zu - und könnte schneller wachsen, als es für die unberührte Natur und die ansässige Bevölkerung tragbar wäre.

Deutsche entdecken Kolumbien für sich

Insgesamt haben im vergangenen Jahr über zwei Millionen Menschen das südamerikanische Land besucht. Allein aus Deutschland hat sich die Zahl der Touristen seit 2008 verdreifacht. 2015 waren es fast 53.000 Deutsche - Tendenz steigend. "Südamerika rückt mehr und mehr in den Fokus. Lange Zeit galt Nordafrika für deutsche Touristen als beliebtes Fernreiseziel. Doch die Region ist nicht mehr politisch stabil und die Deutschen suchen Alternativen", erklärt der Tourismusmanager.

Insbesondere Kolumbien werde von immer mehr Reiseveranstaltern angeboten. Auch hier sprechen die Zahlen für sich: 2009 zählten zu Procolombias Kunden noch 23 Veranstalter aus Deutschland, jetzt sind es 130. Das liegt nicht zuletzt an der aktuellen politischen Entwicklung. Viele Jahre war Kolumbien nur für den Kampf der linken Guerillas und für die Machtkämpfe zwischen den Drogenkartellen bekannt, für Entführungen und Bombenattentate.

Medellín: Von der gefährlichsten Stadt der Welt zum Touristenmagnet

Medellín ist die zweitgrößte kolumbianische Stadt und steht symbolisch für den Wandel. Einst war sie Heimat des berühmten Mafiabosses Pablo Escobar und hielt Ende der 1980er Jahren mit 218 Morden pro 100.000 Einwohner den traurigen Rekord als gefährlichste Stadt der Welt. Heute ist die mystifizierte Figur des Drogenhändlers ein Touristenmagnet. Straßenhändler verkaufen sein Gesicht auf allen erdenklichen Gegenständen, von Taschen über Schlüsselanhänger bis zum T-Shirt.

Doch die Stadt wehrt sich ausdrücklich gegen diesen Mafia-Tourismus und wirbt mit anderen Vorzügen. Zum Beispiel mit den zahlreichen Infrastrukturprojekte, die Medellín den Ruf einer der lebenswertesten lateinamerikanischen Städte eingebracht haben. Hochseilbahnen verbinden die höher gelegenen Armenviertel mit dem Stadtzentrum, Fahrradschnellstraßen mildern das Verkehrschaos ab.

Weitere Links zum Thema Unter anderem wegen der modernen Museen und Bibliotheken hat das "Wall Street Journal" Medellín zur "innovativsten Stadt der Welt" gekürt. Die Kolumbianer selbst bezeichnen die Metropolregion aufgrund ihres ganzjährig milden Klimas als Stadt des ewigen Frühlings. Damit ist Medellín eine gute Alternative zur tropischen Karibikküste, die mancherorts schon längst nicht mehr der einsamen Idylle entspricht.

Kristallklares Wasser an einsamen Karibikstränden

Die Hafenstadt Cartagena ist das Aushängeschild Kolumbiens, ihre koloniale Innenstadt zählt seit über 30 Jahren zum UNESCO-Weltkulturerbe. Von Cartagena abgesehen sei Kolumbien aber weit vom Massentourismus entfernt, betont Patrouchev von Procolombia. Davon überzeugen kann sich jeder, der weiter nordöstlich die Karibikküste entlang reist. Von Santa Marta aus können Schnorchelfans in die abgelegene Bucht des Fischerdorfs Taganga gelangen.

Ein noch schöneres Bilderbuchmotiv bietet wohl nur der Nationalpark Tayrona, dessen verwunschene Dschungelpfade und Mangrovensümpfe zu einsamen Sandstränden mit runden Findlingen führen. In den Buchten befinden sich kleine Strandbars und Hängematten, sodass sich auch ein Ausflug für mehrere Tage am kristallklaren Wasser lohnt. Und spätestens hier wird klar: Kolumbien ist gilt nicht umsonst als eines der schönsten Reiseländer der Welt.


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