Jennifer Weidle

Freie Journalistin, Gemünden / Main

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Neuer Solarpark in Main-Spessart geplant - Pro und Contra

Michael Kohlbrecher, Klimaschutzbeauftragter des Landkreis Main-Spessart

Solarparks, so genannte Freiflächenanlagen (FFA) sind wichtig für den Klimaschutz. In Harrbach, Landkreis Main-Spessart, soll eine neue Anlage auf 17 Hektar entstehen. Wie sich eine FFA auf Flora und Fauna direkt auswirkt ist oft nicht schwarz oder weiß. Verlierer ist die regionale Landwirtschaft.


Hübsch anzusehen sind sie nicht: Glänzende Solarpanele, dicht an dicht gereiht und mit einem hohen Zaun umgeben. Oft wird von ihnen als Landschaftsverschandelung gesprochen. Sie sollen wertvollen Ackerbodens vernichten, der für den Anbau dringend gebraucht würde.

Elmar Konrad, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes in Würzburg, kritisiert den Flächenfraß der Solarparks. Vor allem entlang von Verkehrstrassen gingen Landwirtschaftsflächen verloren.
Ein Ende sei nicht absehbar: „Aktuell werden auch zahlreiche wirklich großflächige FFA-Anlagen (je 20-60 ha) im gesamten Landkreis Main-Spessart geplant und verwirklicht." Der Bauernverband kritisiere den Flächenverbrauch von etwa 15 Hektar täglich in Bayern für Bebauungen.


„Wir brauchen die Flächen um hochwertige landwirtschaftliche Produkte zu erzeugen und um die Artenvielfalt zu erhalten." Entgegen der verbreiteten Meinung seien zahlreiche Arten auf die Bewirtschaftung der Felder angewiesen. „Auch Landwirte können Artenschutz und beweisen dies täglich."

Ist ein Solarpark auf einer Wiese besser, als ein Acker, der gedüngt und gespritzt wird?

Dies kann Hartwig Brönner vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Lohr so direkt nicht bestätigen. FFA können positive Effekte auf die sie umgebende Natur haben. Hier käme es ganz auf die Begleitplanung an. „Man kann Blühstreifen integrieren, oder Steinhaufen damit Zauneidechsen sich ansiedeln können."


Er zieht Solarparks in jedem Falle Windräder vor. Diese würden zwar auf der gegebenen Fläche mehr Energie liefern, seien aber nachgewiesene Todesfallen für Fledermäuse und Vögel. „Ich hatte erst wieder zwei Totfunde von Rotmilanen in Steinfeld und Thüngersheim. Vermutlich sind es in Wirklichkeit noch mehr Tiere, aber ich finde nicht alle. Der Fuchs isst auch mit."


„Es kommt im Grunde immer darauf an welchen Lebensraum man durch den Bau eines Solarparks zerstört," so Brönner. Dafür seien artenschutzrechtliche Prüfungen nötig um zu erschließen, welche Arten sich auf dem geplanten Gebiet aufhielten. „Ich vermute, dass es auf der Fläche in Harrbach Feldlerchen geben könnte. Dies gilt es zu prüfen."

Eine solche Prüfung sei zum Beispiel eine Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP).


Thomas Jungkunz, Projektentwickler der Firma Südwerk, welcher die Fläche in Harrbach für seine Photovoltaik-Anlage nutzen möchte, hat solche Bedenken im Blick.

„Mögliche lokale ökologische negative Effekte sind durch die Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde auszugleichen. Das wird je nach örtlicher vorhandener Flora und Fauna projekt-individuell gestaltet."


In Harrbach ist dies vorerst so geplant: Der Zaun hat einen Bodenabstand von 15 Zentimetern. So können kleine Tiere die Fläche weiterhin nutzen. Jungkunz gibt weiter an: Außen „um die Anlage soll ein etwa 30 Meter breiter, nicht eingezäunter Bereich sein." Dieser würde als extensives Grünland genutzt und sei für alle Lebewesen zugänglich.


Kein Augenschmaus also. Vor allem nicht auf der idyllischen Lichtung bei Harrbach. Die liegt den Bewohnern vom Gemündener Ortsteil Adelsberg genau im Blick, wenn sie nach Süden schauen.


Michael Kohlbrecher, Klimaschutzbeauftragter für Main-Spessart, ist trotz aller Einwände überzeugt, dass der Bau von FFA nötig ist. Ohne sie gäbe es keinen Weg in eine sauberere und somit bessere Zukunft. Für die Energiewende und die Klimaziele des Landkreises Main-Spessart sei es dringend erforderlich solche FFA zu bauen. Zusätzlich zu solchen auf Hausdächern.


Dass es eine Alternative sei, die noch zu Genüge zur Verfügung stehenden Hausdächer zu nutzen, statt der FFA glaubt er nicht. Man brauche beides, aber „bei einer Anlage wie in Harrbach geht schnell und auf einen Schlag eine große Energiemenge am Netz." Außerdem müssten bei den Photovoltaikanlagen auf Hausdächern erstmal die Hauseigentümer:innen mitspielen. „Viele schrecken vor der, mit einer PV-Anlage verbundenen, Bürokratie zurück," bedauert er.


„Am besten ist die Energie, die nicht gebraucht wird", sagt der 38-Jährige, „aber selbst einschränken will sich niemand". Da müsse man in den sauren Apfel beißen und das blaue Meer aus Solarpanelen akzeptieren.


Und mit anderen Augen betrachten. „Schönheit ist subjektiv. Sie können sich die Anlage anschauen und einen Schandfleck sehen. Oder sie sehen, dass dies ihren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Zukunft ermöglichen wird. Darin liegt auch Schönheit."

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