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Das ist das Geheimnis einer wirklich guten Freundschaft

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Psychologie Das ist das Geheimnis einer wirklich guten Freundschaft

Freundschaften muss man pflegen, manchmal aber auch aufgeben. Ein Experte erklärt, wie es geht - und warum Freunde so wichtig sind.

Berlin. Gute Freunde begleiten uns manchmal ein ganzes Leben. Sie machen uns selbstbewusster, glücklicher und halten gesund. In Freundschaften muss aber auch regelmäßig investiert werden, ansonsten können sie einen langsamen Tod sterben, sagt der Berliner Psychologe und Therapeut Dr. Wolfgang Krüger. Schon Aristoteles wusste: Freundschaft ist eine Tugend und mit das Notwendigste im Leben. Dabei gibt es jedoch nicht nur die eine Art von Freundschaft. Es gibt Herzensfreunde, die beständig sind und auf ein großes Vertrauensverhältnis aufbauen - und es gibt Nutzen- und Alltagsfreundschaften, die gleichwohl wichtig aber eben anders sind.

"Wirkliche Herzensfreunde hat man nur ganz wenige. Befragungen zeigen, dass der Mensch im Durchschnitt höchstens drei solcher Freunde in seinem Leben hat", sagt Wolfgang Krüger. Diese Beziehungen halten bei vielen über 20 Jahre. Herzensfreunde macht aus, dass man ihnen alles erzählen kann und weiß, dass sie im Notfall immer für einen da sind. Herzensfreunde bleiben meist auch bei einer örtlichen Distanz bestehen, denn die Vertrautheit bleibt und ist so schnell durch nichts zu erschüttern.

Männer sind anders als Frauen

Aber auch nicht so innige Freundschaften sind für den Menschen wichtig: Freunde, die spontan mit einem rausgehen und die wir vielleicht sogar häufiger sehen als die engen Freunde. Denn: Viele Herzensfreunde, die wir noch aus der Schul- oder Unizeit kennen, wohnen vielleicht mittlerweile woanders. "Wir haben aber das Bedürfnis nach Nähe. Freunde zu sehen, zu riechen, ihnen in die Augen zu schauen", sagt Krüger. Deswegen suchen wir auch immer wieder Alltagsfreundschaften, um dieses Bedürfnis zu stillen. Das, wie Krüger es nennt, soziale Dorf, welches man sich bestenfalls schaffen sollte, ist wichtig fürs Leben. Gemeinsame Erlebnisse stärken den Zusammenhalt und machen einfach glücklich.

Männer und Frauen pflegen in den meisten Fällen ganz unterschiedliche Freundschaften. "Wenn wir eine Herzensfreundschaft danach definieren, wie viel man sich gegenseitig anvertraut - dann haben Männer viel seltener enge Freunde". In vielen Männerfreundschaften stehen die sachlichen Dinge im Vordergrund, sie reden gerne über Erfolge und Karriere. "Deswegen ist für die meisten Männer auch die Partnerin zeitgleich die beste Freundin, der man Intimes anvertraut". Genau dies führe aber zu Problemen, so Krüger. Es kann die Paarbeziehung belasten, wenn nur die Partnerin als Vertrauensperson zählt, und wenn man sich trennt, stehen viele Männer alleine da. "Das soziale Netzwerk fehlt vielen Männern, sie verlassen sich zu sehr auf die Partnerschaft". Mit ein Grund, warum sie Trennungen oft viel schwerer verkraften und auch dadurch in ein Abhängigkeitsverhältnis zur Partnerin rutschen.

Frauen ticken anders

Frauenfreundschaften sind anders. Frauen sprechen mit ihrer Freundin über Schwächen und Ängste, sie solidarisieren sich und sind schneller bereit, sich zu öffnen - ein elementarer Faktor für eine innige Bindung.

Doch wie entstehen Freundschaften überhaupt? Gibt es ein Fundament, das stimmen sollte? Zu dieser Frage geben Wissenschaftler ganz unterschiedliche Antworten. Die einen sehen gar nicht mal ähnliche Interessen und Charaktereigenschaften als Basis, sondern vielmehr zunächst den Zufall. Das heißt, der Nachbar hat gute Chancen, unser Freund zu werden oder der Kommilitone an der Uni. Menschen, die man regelmäßig sieht und an die man sich schlicht gewöhnt.

Gleichwohl: Es gibt auch Untersuchungen die zeigen, dass die sprichwörtliche Chemie untereinander stimmen muss. Auch Krüger sieht den Gipfel für das Entstehen von Freundschaften in der Schulzeit und der Zeit während der Ausbildung. "Als allererstes muss dennoch die Sympathie stimmen", sagt Krüger. Der zentrale Baustein ist dabei die gemeinsame Wertewelt. "Es muss etwas in Schwingung kommen".

Wenn diese Basis schon mal da ist, geht es in die Testphase: Wir erzählen von harmlosen Schwächen und warten ab, wie der andere reagiert. Gibt er auch mehr von sich preis oder spürt man, dass er eigentlich nichts sagen will? Wenn die Testphase ein erstes Vertrauen schafft, wird das Spektrum erweitert. "Danach schiebt man immer mehr nach, man spricht über das vielleicht verkorkste Elternhaus, die Krankheiten in der Familie", so Krüger. Das Anvertrauen von Intimität gibt beiden Seiten Sicherheit. Ein Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann.

Eine Feuerprobe auch für enge Freunde: Der Umzug in eine andere Stadt, die Heirat, Elternwerden. Wenn sich die Lebenswelt des einen ändert, besteht die Gefahr, dass man sich fremd wird, einfach den Fokus auf andere Dinge des Lebens setzt. Jetzt ist nach Wolfgang Krüger Geduld, aber auch Initiative gefragt.

Liebe schlägt Freundschaft

"Wenn die Freundin einen neuen Freund hat und sich seltener meldet, ist wohl erstmal der beste Tipp, sich in Geduld zu üben und abzuwarten, bis es die ersten Schwierigkeiten gibt." Leider sei es so, dass in der ersten Zeit Liebe die Freundschaft schlägt. Freiräume müssen in jedem Fall gelassen werden, sonst kann das Verhältnis umschlagen. Wenn Freunde mit ihrer Karriere schwer beschäftigt sind und um sich herum vieles vergessen: "Konkret fragen, bist du glücklich in deiner Situation, kann ich dich unterstützen?"

Anders ist es, wenn gute Freunde ein Kind bekommen. "Hier helfen konkrete Angebote wie das Babysitting". Es geht darum, an der neuen Lebenswelt des Freundes teilzunehmen, um zu zeigen, ich bin trotzdem für dich da, aber auch, um an den Erfahrungen teilnehmen zu können und damit Gesprächsstoff zu liefern.

Rituale sind ein wichtiges Instrument, um Freundschaften zu pflegen. Dazu gehört regelmäßiges Telefonieren oder ein festes Treffen. Wenn die Freundschaft ins Wanken gerät, sollte man immer wieder selbst Bilanz ziehen: Habe ich mich charakterlich verändert, hat der andere sich stark verändert? Und dann: Dinge klar aussprechen, die Freundschaft nicht einfach langsam auslaufen lassen. Es gibt Mittel, Risse wieder zu kitten, sagt Krüger: "Warum nicht auch Freunden wieder Briefe schreiben, ihnen sagen, was sie einem bedeuten?", sagt Krüger.

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