1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Vendée Globe: Boris Herrmann beendet Segelrennen als erster Deutscher

Boris Herrmann (3.v.r.) feiert mit Familie und Freunden nach der seiner Ankunft in Les Sables d'Olonne.


Boris Herrmann wirkt glücklich. Er lächelt, die Wangen sind unter dem Dreitagebart leicht gerötet. Geduldig beantwortet er die Fragen der Journalisten in fließendem französisch. Er erzählt von dem Mythos der Vendée Globe, des härtesten Segelrennens der Welt - 80 Tage allein auf See. Wenige Stunde zuvor hatte Herrmann die Regatta als erster Deutscher beendet. Das war sein Ziel, seit er 16 Jahre alt war. Ankommen will er, hieß es im Vorfeld des Anfang November gestarteten Rennens immer wieder. Das ist ihm gelungen - am Ende sogar als fünfter des Gesamtklassements.

Herrmann hat Kollision schon fast vergessen

Ob er denn trotzdem ein bisschen enttäuscht ist, wird Herrmann gefragt. Immerhin lag er bis zum Vorabend auf Podiumskurs, hatte sogar Siegchancen. Dann ist er 150 Kilometer vor dem Ziel mit einem Fischtrawler zusammengestoßen, dahin waren seine Chancen. Er blieb unverletzt, aber seine „Seaexplorer" war schwer beschädigt. „Ich bin wirklich glücklich über das Ergebnis, auch angesichts der Umstände. Es war eine unglaubliche Erfahrung, eine Teamleistung, eine große Reise über viele Jahre, die heute zu Ende gegangen ist", sagte er. „Der kleine Schluckauf vom Mittwoch, der ist schon fast vergessen." Und diese Aussage nimmt man dem Skipper in seinem dicken Wollpullover ab.

Herrmann lächelt während der Pressekonferenz.

Bei der Zieleinfahrt feierte der 39-Jährige mit zwei Bengalos in den Händen und wurde von Freunden und Teammitgliedern auf Beibooten empfangen. „Es war ein wunderbares Gefühl da draußen auf dem Wasser, als die Boote immer dichter kamen und ich ein Gesicht nach dem anderen erkannte", berichtete er. Erste Gratulantin war seine Frau Birte noch an Bord der „Seaexplorer". Spätestens in diesem Moment hatte der gebürtige Oldenburger die Strapazen und den Schock über den Zusammenstoß kurz vor dem Ziel nach über 28.000 Seemeilen vergessen. „Man muss 80 Tage auf die Zielankunft warten und darauf, dass all diese schönen Emotionen eintreten", sagte Herrmann. „Es ist keine Vergnügungsreise, es ist ein seltsames Verhältnis zwischen Zeit und Belohnung."

Drama auf hoher See bei der Vendée Globe

„Die Einsamkeit war das mit Abstand Schwierigste", meinte der 39-Jährige. „Ich bin nicht fürs Alleinsein gemacht. Ich bin kein Einzelgänger. Ich habe gern Menschen um mich." Es sei „eine menschliche Erfahrung gewesen, aber nicht immer eine einfache". Ob er noch einmal an dem Rennen teilnehmen wolle, um ein noch besseres Resultat zu erreichen, ließ er am Donnerstag offen: „Es ist noch zu früh. Es ist ein ambitioniertes Unternehmen, das Podium anzupeilen."

Wegen einer Zeitgutschrift von sechs Stunden war Herrmann im vorläufigen Klassement der härtesten Regatta der Welt zunächst auf dem vierten Rang geführt. Allerdings schob sich am Abend der 61-jährige Jean Le Cam („Yes We Cam") dank dessen Zeitgutschrift von 16:15 Stunden noch vor ihn. Le Cam war als Achter im Zielort angekommen. Herrmann, Bestaven und Le Cam erhielten die Gutschriften wegen ihrer Beteiligung an der Rettungsmission für den schiffbrüchigen Kevin Escoffier in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember. (mit dpa)

Zur Sache

Boris Herrmann hatte auf seiner Reise um die Welt Zusatzgepäck dabei. Der Oldenburger hatte auf seinem Schiff wissenschaftliche Geräte verstaut, um unterwegs Messungen vorzunehmen. Insgesamt habe er so 17 Kilogramm zusätzlich mit dabei gehabt. Er warb so für seinen Kampf gegen den Klimawandel, für die Gesundheit der Meere und nutzte die Reise, um Daten zu sammeln. Er ließ den Strom packender Bilder, Videos und Interviews von Bord auch in dunklen Stunden - wie beim Großsegelriss im Sturm vor Kap Hoorn - nie abreißen. Er machte seine Reise zum Medienereignis. Mit seinem Kommunikationstalent verstand er es, Zuschauer über soziale Kanäle täglich mit an Bord zu nehmen, sie dicht an ihn heranzulassen, zu begeistern und zu inspirieren.

Zum Original