Warten: Kameras und Reporter sind bereit, warten auf den entscheidenden Moment.
Eine seltsame Stimmung wabert um das Willy-Brandt-Haus in Berlin. Es ist langweilig. Gleichzeitig könnte es kaum spannender sein. Seit nunmehr zwölf Stunden sprechen Union und SPD über eine Fortsetzung der Großen Koalition. An diesem Tag endet die selbstauferlegte Frist der Parteispitzen, entsprechend viele Journalisten warten in einem zugigen Durchgang vor der Zentrale.
Fernsehkameras, Mikrofone und Scheinwerfer sind aufgebaut, alles bereit für den entscheidenden Moment. Wann der kommt? Niemand weiß es, zumindest niemand vor der Tür. Es kann dauern, heißt es von drinnen. Aber es kann auch jeden Moment soweit sein, so fühlt es sich draußen an. Und genau daraus speist sich die Spannung: Journalisten sind müde und trotzdem angespannt. Viele würden gerne gehen, wollen aber nichts verpassen. Sie unterhalten sich; belauern sich dabei. Es könnte ja sein, dass jemand mehr weiß. Jeder Blick aufs Handy kann Neuigkeiten bedeuten. Eine SMS von einem der Sondierer? Nein, es heißt weiter warten.
Es ist sozusagen eine spannende Langeweile. Oder eine langweilige Spannung. So vergeht Stunde um Stunde, irgendwann ist auch der Zeitpunkt verpasst, an dem man hätte gehen können. Zu lange war man da, um jetzt aufzugeben. Dönerläden in der Umgebung haben Hochkonjunktur, Kollegen mit Pizzakartons kommen in den Durchgang. Jedes Mal begleitet von den neidischen Blicken derer, die noch nichts gegessen haben. Ganz unbeliebt machen sich zwei jüngere Kollegen, die sogar Campingstühle dabei haben und bequem im Sitzen ihre nach Glutamat duftende Asia-Pfanne verzehren.
Als letzten Ausweg interviewen sich Kollegen sogar gegenseitig. Immerhin ist das SPD-Café geöffnet, heiße Getränke sind sogar kostenlos. Nur kann man die auch irgendwann nicht mehr sehen. Zum kurzen Aufwärmen ist das Café trotzdem eine Wohltat. Mal eben hinsetzen. Dann Hektik: Es ist Bewegung gegenüber. Schnell raus. Doch falscher Alarm. Jemand vertritt sich die Beine. Und so heißt es weiter: warten.
Das reicht noch nicht