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Zehn Sekunden Ruhm

Mit Green Screen: Mädchen probieren beim Mitmachtag im Gautinger Kino aus, wie man bei Filmproduktionen zaubert und trickst. (Foto: Nila Thiel)

Zum Auftakt wird das Kino Gauting zum Tollhaus. Kinder lassen sich beim Mitmachtag Wunden schminken, drehen Mini-Filme mit bewegten Figuren und tricksen vor dem Green Screen


Körperteile verschwinden lassen? Eine Schusswunde auf der Stirn? All das ist am Aktionstag im Gautinger Breitwand möglich. Knapp 100 Kinder zwischen sechs und 12 Jahren wuseln im Kino umher - heute dürfen sie alles lernen und ausprobieren, was so zum Film dazugehört. "Hinter die Kulissen gucken" nennt es Carina Eisner, die Organisatorin. Der Aktionstag ist der Auftakt des Kinderfilmfestivals, das bis zum Sonntag, 24. November, dauert. Bis dahin kosten die Kinokarten für Kinder nur vier Euro.

Zwei Workshops darf sich jedes Kind aussuchen, die Auswahl ist groß: Schauspiel, Daumenkino, Special Effects, Trickfilm, Maske, Storyboard und Filmdreh. "Gut vier Monate hat die Vorbereitung gedauert, das Landratsamt stellt für die Aktion etwa 1000 Euro zur Verfügung", sagt Carina Eisner. Sie leitet den Special-Effects-Workshop, bei dem die Kinder vor einem sogenannten "Green Screen", also einer grünen Leinwand, ihren Verkleidungskünsten und ihrem Schauspieltalent freien Lauf lassen dürfen. Mit einem speziellen Programm wird die grüne Leinwand auf dem Tablet, mit dem gefilmt wird, zu einer atemberaubenden Kulisse. "Die Kinder haben viele Ideen, was man so machen könnte: Riesen und Zwerge, als Tourist in Paris, Schlägereien, Körperteile verschwinden lassen - oder verdoppeln!", sagt Eisner und lacht. Sie ist mit Leib und Seele dabei und freut sich sichtlich über die kreativen Verkleidungen, die die Kinder zaubern.

Im hinteren Teil des Raums findet der Trickfilm-Workshop statt. Hier können die Kinder aus Knete Figuren und Kulissen bauen, die dann zu einem Stop-Motion-Film entwickelt werden: Dabei werden die Figuren immer leicht verrückt, nach jeder Bewegung entsteht ein Foto. Diese Fotos werden dann aneinandergereiht, sodass sich die Figuren zu bewegen scheinen. Friedrich Federsel überwacht die Kinder, die um einen Tisch herumstehen und ihre Figuren hin- und herrücken. "Am Ende wird ein zirka zehn Sekunden langer Film daraus, für mehr reicht die Zeit leider nicht", sagt der gelernte Erzieher. Dabei ist das Verrücken der Figuren Präzisionsarbeit. Denn sie dürfen nicht zerdrückt werden oder auseinanderfallen!

Präzisionsarbeit leistet auch Monika Huber vom Bayerischen Roten Kreuz. "Moni kann Verletzungen nämlich nicht nur gut verarzten, sie kann auch richtig coole Wunden schminken", sagt Eisner. Die Kinder an Hubers Tisch sehen reichlich demoliert aus: Der eine hat eine Kopfplatzwunde, die andere ein blaues Auge, der dritte eine Schusswunde mitten auf der Stirn. Während Monika Huber die Wunden schminkt, erklärt sie den Kindern genau, was sie macht. Erst Wachs, dann Öl, dann Puder - "damit es nicht glänzt" -, dann die rote Farbe. So entsteht eine ganze Gruppe von kleinen Invaliden.

Damit die Wunden aber auch richtig authentisch rüberkommen, darf ein bisschen Schauspielerei nicht fehlen: Das lernen die Kinder bei Katharina Schwarz, die als Schauspielerin schon in Serien wie "Der Bulle von Tölz" oder "Hubert und Staller" zu sehen war. Die Kinder spielen in Zweiergruppen Szenen nach, die Schwarz mitgebracht hat. "Man wird nur berührt, wenn Schauspieler sich trauen, Gefühle zu zeigen. Und das funktioniert nur, wenn man sich in der Gruppe wohlfühlt und niemand ausgelacht wird", ermahnt sie die Kinder. Für Auslachen hat die Gruppe aber gar keine Zeit: Die Kinder sind Feuer und Flamme und beobachten gespannt, was das Zweierteam, das gerade an der Reihe ist, produziert. Auch der Filmdreh-Workshop, das Daumenkino und das Storyboard, in dem die Kinder Bruchstücke einer Geschichte auf Karten malen, die dann später als Regieanweisungen fungieren können, sind ein Erfolg.

In der Pause nach dem ersten Workshop sind die Gänge des Kinos wieder rappelvoll mit Kindern, die freudig zu ihrem nächsten Workshop sausen - zwischendurch sieht man immer mal wieder eine Kopfplatzwunde hervorblitzen.

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