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Das waren die 6 wichtigsten Trends der Stockholm Fashion Week

Die letzte Stockholm Fashion Week zeigte, wie gut eine Modewoche auch ohne große Namen auskommen kann. Denn während in den vergangenen Saisons Kopenhagen durch Labels wie Ganni oder Stine Goya immer mehr in den Fokus der internationalen Modebranche geriet und zum Sinnbild für skandinavische Mode wurde, gehen die Stockholmer Designer ihren eigenen Weg. Sie besinnen sich auf ihre schwedischen Wurzeln und erinnern mit ihren Entwürfen für die Frühjahr/Sommer-Saison 2019 an die Stärken der schwedischen Mode. Hier haben wir ihre wichtigsten Trends zusammengefasst.

1. Zurück zur Natur

Die Natur hat für viele Schweden einen besonders hohen Stellenwert: Das Land zählt zu den größten Europas, ist aber mit gerade einmal 10 Millionen Einwohnern sehr dünn besiedelt. Es überrascht nicht, dass das Thema auch der Mode des Landes als wichtige Inspiration dient: Gleich vier Designer bauten ihre Kollektion für Frühjahr/Sommer 2019 auf das Thema "Natur" auf.

Ida Sjöstedt erinnerte mit ihren Entwürfen an die Schönheit des schwedischen Sommers, ließ aber auch die damit einhergehende Melancholie einfließen - bekanntlich findet ja auch der schönste Sommer irgendwann sein Ende. Die Models trugen lange Kleider aus Tüll mit Blütenblättern bestickt, Tüllröcke mit transparenten Blusen oder bodenlange Kleider mit Blütenprint in Pastelltönen. Auch Jennifer Blom widmete sich in ihrer aktuellen Kollektion der Natur. Die Designerin wollte dabei vor allem an die Bedeutung und Notwendigkeit von Wasser erinnern. Durch die fließenden Schnitte, dem Plissee und der Farbauswahl verschiedener Blau-Nuancen erinnerten ihre Entwürfe tatsächlich an den Kreislauf des Wassers.

Mit der Reise des Lichts und deren verschiedene Farben hat sich Naim Josefi in seiner Kollektion auseinandergesetzt. Die spiegelte sich vor allem in der Farbauswahl des Designers wider, dessen Kreationen in leuchtendem Grün, Blau, Rot oder Gelb daherkamen. In eine andere Welt versetzte die Schmuckdesignerin Maria Nilsdotter die Besucher ihrer Show. Sie präsentierte ihre Entwürfe als Runway-Show in einer ehemaligen Kirche, die durch künstlichen Nebel und einer Harfenistin zu einem eigenen mystischen Ort wurde.

Die Schmuckkollektion von Maria Nilsdotter war hingegen inspiriert von der skandinavischen Mystik und dem melancholischen Verständnis von Natur des schwedischen Malers John Bauer. Kopfschmuck aus goldenen Blumen oder silbernen Sternen sowie halbmondförmige Ohrringe hätten direkt aus den Märchenzeichnungen des Malers stammen können.

2. Der skandinavische Minimalismus wird weicher

"Für mich ist es ganz wichtig, dass Mode nicht steif ist, sondern sexy und sinnlich. Es gab lange eine skandinavische Ästhetik, die sehr kastenförmig und androgyn daherkam - das ist nicht Filippa K.", erklärt Filippa Knutsson nach ihrer Show. Die kantige Ästhetik, von der die Designerin spricht und die auch lange Zeit charakteristisch für schwedische Mode war, schien diese Saison in Stockholm von den Laufstegen ganz verschwunden zu sein.

Filippa Knutsson zeigte während der Stockholm Fashion Week ihre zweite Kollektion nach der Rückkehr zum Label - die Designerin hatte sich von 2011 bis zum vergangenen Jahr von der Position der Kreativdirektorin zurückgezogen. Und auch in der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2019 bleibt die cleane Linie von Filippa K. bestehen, wird aber durch weiche Silhouetten gebrochen. Während der Präsentation, die als Zeichen zur Rückkehr des Labels zu seinen Wurzeln im allerersten Filippa K. Store stattfand, trugen die Models Leinenhosen in zartem Rosa, entspannt geschnittene Hosenanzüge, die auch mal in der Taille mit einem Gürtel gebunden wurden.

Weiche und fließende Silhouetten dominierten auch die Kollektionen anderer Designer. Das Label Busnel schickte seine Models etwa in weiten, asymmetrisch geschnittenen Kleidern aus bedruckter Seide über den Laufsteg oder in langen, weiten Hosen aus stonewashed Leinen. Auch bei den Entwürfen von Jennifer Blom oder Ida Sjöstedt gab es überwiegend fließende Schnitte für Frühjahr/Sommer 2019 zu sehen. Die fließenden Silhouetten werden zusätzlich durch Stoffe wie Plissee und Seide bei Jennifer Blom und Chiffon bei Ida Sjöstedt unterstrichen.

3. Transparenz ist nicht gleich Transparenz

Die Stockholm Fashion Week zeigte: Transparenz ist nicht gleich Transparenz! Ida Klamborn verdeutlichte in ihrer Kollektion, wie vielseitig Transparenz in der Mode eingesetzt werden kann. Ihre Models trugen in der an die 90er-Jahre angelegten Kollektion nicht nur durchsichtige Blusen und Kleider, sondern auch Strümpfe und Bucket-Hats. Der Hype um durchsichtiges PVC, das es in der Mode die letzten Jahre gab, bekam damit eine weichere (und auch innovativere) Richtung.

Während die transparenten Kleidungsstücke bei Ida Klamborn auch mal sexy wirkten, verlieh der Chiffon den Entwürfen von Ida Sjöstedt eine eher romantische und liebliche Seite. Sjöstedt kombinierte Bodys oder schmale Unterkleider zu ihren transparenten Kleidern und zeigte, dass see-through nicht gleich nackt bedeuten muss. Auch Jennifer Blom spielte mit ihren luftigen Schnitten und Plissee-Kleidern mit einer subtilen Sexyness von Transparenz. Das Spiel mit dem, was offensichtlich ist, und was im Argen liegt, ist eben schon ein uraltes, das sich immer wieder neu interpretieren lässt.

4. Asymmetrie im 00er-Stil

Ein Trend, der vor allem in den Kollektionen mit Anlehnung an die 90er- und 00er-Jahre auf der diesjährigen Stockholm Fashion Week aufgenommen wurde, ist die Asymmetrie. Das Label Nhorm kooperierte diese Saison mit der Kreativplattform Amaze und zeigte im Rahmen einer Präsentation Kleider aus Seide, die entweder nur über einer Schulter getragen wurden oder zusätzlich auch Cut-outs und eine asymmetrische Länge hatten.

Asymmetrisch entworfen waren auch die Röcke bei Ida Klamborn, verstärkt wurde dieser Effekt, indem die Designerin an manche Röcke seitlich eine schmale Stoffbahn gesetzt hatte. Auch die beiden Designerinnen Josephine Bergqvist und Livia Schück zeigen in ihrer Kollektion für Rave Review, eines der drei Gewinner-Labels der "Swedish Fashion Talents", asymmetrische Schnitte: Kleider wurden durch die Wickeloptik und die ungleichen Schulterpartien unterschiedlich lang, genauso wie die Röcke in Beige mit aufgesetzten Taschen.

Während Asymmetrie sonst häufig künstlich konstruiert scheint, bekommt sie hier also eine gewissermaßen humorvolle Note - die schrägen Schnitte erscheinen ganz natürlich und machen Spaß. So wie ein schräg geschnittener Midi-Rock mit tiefem Hüftsitz, den Paris Hilton zuletzt 2003 getragen hätte...

5. Materialen erzählen Geschichten

Die Schauen auf der vergangenen Stockholm Fashion Week zeigten: Schwedische Designer lieben es, verschiedene Materialien zu kombinieren. Allen voran das Label Stand, wo Leder zu Fake-Fur oder Spitze kombiniert wurde. Das ist eklektisch und vor allem auch ein Symbol für den Pluralismus - man muss sich nicht immer nur für eines entscheiden, Leder kann, darf, sollte auch neben Fake-Fur existieren und verwendet werden dürfen, schien Stand sagen zu wollen.

Bunsel lud mit der aktuellen Kollektion zu einer Reise in die Bretagne ein und zeigte dazu Kleider aus Seide mit Frankreich-Landkarten-Print, Hosen aus Leinen und gestrickten Plissee-Röcken. Damit zeigte Bunsel, wie sehr Materialien eine Geschichte weitererzählen und auch selbst tragen, transportieren können. Ein Leinen-Stoff kann genauso das Gefühl eines französischen Sommers am Meer hervorrufen wie der besagte, sehr konkrete Landkarten-Print.

Als besonders experimentell erwies sich Rave Review. Für die Frühjahr/Sommer-Kollektionen 2019 mixte das Upcycling-Label Bikini-Oberteile, hergestellt aus alten Handtüchern, mit Wickelröcken aus dünner Baumwolle. Neue Stoffe? Brauchen wir nicht! Es gibt doch schon genug, was wir verwenden können... Nachhaltigkeit auf beste und vor allem unangestrengteste Art und Weise.

6. Für die Club Kids: Farben leuchten

Wer bei schwedischer Mode noch an gedeckte und stille Farben denkt, dessen Bild ändert sich spätestens mit der Frühjahr/Sommer-Saison 2019. Denn kommende Saison knallt es. So zum Beispiel bei Naim Josefi, der in seiner Kollektion die Spektralfarben unterbrachte, die durch die Brechung des Lichts entstehen. Seine Entwürfe leuchteten mal unifarben, aber auch im bunten Muster-Mix wie bei den Hemdblusenkleidern, die der Designer zu weiten Hosen oder Overknees kombinierte.

Mit Signalfarben arbeitete auch Ida Klamborn für ihre Kollektion: Gelbe Seidenblusen, Wickelkleider in Pink oder einen Hosenanzug in Petrol werden sicherlich nicht nur von einigen Stockholmer Club Kids getragen werden. Bei Stand zählten vergangene Saison die Faux-Fur-Mäntel in Pink oder Orange zu den kommerziell erfolgreichsten Stücken der Kollektion. Da schien es für das Label naheliegend, auch in der Frühjahr/Sommer-Saison 2019 solche Key-Pieces wieder aufzunehmen.

Dieses Mal trafen die Signalfarben Pink und Orange aufeinander, und den gelb-schwarz karierten Mantel werden sich nach der Show bestimmt schon einige der schwedischen Street-Style-Stars notiert haben.

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