Irmengard Gnau

Freie Journalistin, München

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Von grün zu betongrau

Foto: Florian Peljak

Beim Spaziergang durch die abgeschiedenen Grünwalder Straßen macht die Münchner Umlandgemeinde ihrem Namen alle Ehre. Grün ist es hier, soweit das Auge reicht. Alte Bäume säumen die Wege, ragen über die Hecken und Gartenzäune auf den meist schmalen Gehsteig hinein. Um von einer Hausnummer der Gabriel-von-Seidl-Straße zur nächsten zu gelangen, dauert es seine Zeit, denn die meisten Grundstücke ziehen sich ein Stück hin.

Darauf liegt meist eine großzügig gestaltete Villa - mal im mediterranen, mal im modern-kubistischen Stil; einige niedrige Bungalowbauten strecken sich breit über das Grundstück. Auf der umgebenden Rasenfläche findet schon mal ein kleines Fußballfeld Platz.

Wenige Kilometer weiter nördlich stellt sich das Bild anders dar: Jenseits der Münchner Stadtgrenze, in Harlaching, fürchten viele Bürger um das Grün in ihrem Viertel. Auch der Bund Naturschutz beobachtet mit großem Misstrauen, wie sich der Bezirk in den vergangenen Jahren schleichend von einer "Gartenstadt" in ein immer dichter bebautes Gebiet wandelt. "Das ist eine geradezu perverse Entwicklung", sagt Herbert Gerhard Schön, der Interessierten bei Stadtplanungs-Spaziergängen als Referent regelmäßig die jüngsten Entwicklungen vor Augen führt. " München wird immer mehr zugebaut."

Die Landeshauptstadt, mit ihren 310 Quadratkilometern Fläche im bundesweiten Vergleich ohnehin schon stark besiedelt, ächzt unter dem starken Zuzug. Seit 1995 ist die Stadtbevölkerung um 200 000 Menschen angewachsen auf heute 1,5 Millionen Einwohner. Bis zum Jahr 2030 sagen Prognosen einen weiteren Anstieg auf dann 1,7 Millionen voraus.

Der Landkreis München ist der bevölkerungsreichste in Bayern, hier leben noch einmal 330 000 Menschen - Tendenz steigend. Bauen, bauen, bauen, lautet deshalb die Devise bei Kommunalpolitikern und Stadtplanern. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter betonte bereits, die Stadt könne auch im Umland Wohnungen errichten.

In Konsequenz daraus wird aus Grün häufig Grau - ein Wandel, den auch Bürgerbündnisse wie das "Bündnis Gartenstadt Harlaching" dokumentieren. Im Viertel findet Schön zahlreiche Beispiele für diese Form der Nachverdichtung, an der Aggenstein- oder Langobardenstraße zum Beispiel.

Der klassische Fall: Auf dem Grund, auf dem einst ein Einfamilienhaus mit zwei Stockwerken gebaut wurde, passt ein Bauträger heute ein Mehrfamilienhaus für mindestens vier Parteien ein. Von dem Garten, der das Haus vom Nachbargrundstück trennte, bleibt meist nur mehr ein schmaler Grünstreifen - wenn das neue Gebäude nicht ganz bis an die Gehsteigkante ragt. ...

 
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