Die
Weihnachtszeit steht ins Haus. Für viele Betriebe heißt das
Hochsaison. So auch für die Spitzenpapier
und Prägeanstalt Otto Mäckel in Burgstädt bei
Chemnitz. Dort werden aus Gold- und Silberkarton kleine Kunstwerke
gepresst. Grazile Sterne für den Weihnachtsbaum oder Pappbeinchen
für Schokoladenkäfer. Und die werden heute in Burgstädt noch
genauso hergestellt wie vor über 100 Jahren. Iris Milde hat sich das
angeschaut.
Autorin
Ein Besuch in der Werkstatt von Gottfried Pfeiffer ist eine Zeitreise. Im Hinterhaus der Stadtvilla im Städtchen Burgstädt nahe Chemnitz, sieht alles noch genau so aus wie im Jahr 1886, als die Otto Mäckel – Spitzenpapier und Prägeanstalt dort einzog.
Pfeiffer
„Es ist alles alt. Angefangen vom Haus, von den Maschinen, von den Werkzeugen. Und was damals angeschafft wurde, mit dem produziere ich heute. Was die Firma damals gemacht hat, wird jetzt auch noch gemacht.“
Autorin
Gottfried Pfeiffer prägt und stanzt Formen aus Pappe. Christbaumschmuck, Beine für Schokoladenkäfer, Bordüren für Pappostereier.
Der schmale Mittfünfziger schaltet den Motor ein und setzt sich an die wuchtige, schwarze Presse. Vor ihm liegt eine Gravierplatte aus Stahl, die er „Werkzeug“ nennt.
Pfeiffer
„Da sind die Werkzeuge und da ist das eingraviert.“
Autorin
Zwei Rehe und ein Tannenbaum. Daraus sollen später Christbaumanhänger werden. Pfeiffer baut einen kleinen Papierstapel auf die Gravierplatte.
Pfeiffer
„Dann haben wir einen Goldkarton. Und dann legt man noch eine Schutzpappe drauf. Und dann muss man das reinschieben und dann wird das gepresst.“
Pfeiffer
„Und dann sehen Sie das.“
Goldene Papierschnipsel rieseln zu Boden, bis nur die Silhouetten der Rehe und des Tannenbaums stehen bleiben. Landläufig nannte man diese kleinen Kunstwerke Dresdner Pappen, weil es im Dresdner Raum besonders viele Manufakturen gab. Heute werden für historische Einzelstücke dreistellige Beträge aufgerufen. Ursprünglich waren sie aber für den kleinen Geldbeutel gedacht.
Pfeiffer
„Das hat geglänzt und das war erschwinglich.“
Autorin
Dekorationsartikel, Spielzeug, sogar Sargbeschläge wurden aus Karton geprägt. Die Blüte der Dresdner Pappen währte nur 40 Jahre, von 1870 bis zum Ersten Weltkrieg. Unbeeindruckt davon produzierte die Firma Mäckel weiter.
Pfeiffer
„Das ist immer ein Auf und Ab gewesen. Wie so eine Sinuskurve. Und das ist bis heute geblieben. (lacht) Wenn ein Artikel aufhört, fängt ein anderer an.“
Autorin
1968 übernahm der Vater von Gottfried Pfeiffer den Betrieb. Und mit der Wende keimte die Hoffnung, endlich richtig durchstarten zu können.
Pfeiffer
„Mein Vater hat versucht, die ganzen Beschäftigten zu halten, hat auch extra noch einen Kredit aufgenommen, weil wir dachten: Jetzt können wir auf die Messe und jetzt geht’s richtig los. Aber das hat sich eben nicht bewahrheitet. Wir mussten die Leute alle entlassen und dann hat er eben den Kredit noch gehabt. Bis ich das übernommen habe, haben wir daran noch geknabbert.“
Autorin
Pfeiffer junior absolvierte noch zu DDR-Zeiten eine Lehre als Elektronikfacharbeiter, stieg aber bald in den elterlichen Betrieb ein. 1999 übernahm er das Geschäft komplett.
In zwei großen Holzregalen lagern die Gravierplatten, eine feiner gearbeitet als die andere. Blumen, Tiere, Engelsflügel, kleinteilige Muster.
Pfeiffer
„Das ist so eine breite Bordüre, die ist zum Beispiel auch genommen worden für die Küchenschränke oder in die Kartons zur Veredlung, in Obststiegen ist es gemacht worden, sind die reingekommen. Aber es wird eben auch vieles eingespart und da ist auch viel verloren gegangen.“
Autorin
800 bis 1000 Stück dieser Musterplatten besitzt die Werkstatt.
Pfeiffer
„Ich habe es nie gezählt. Da schlummern bestimmt auch noch Werkzeuge, die sind noch nie gelaufen.“
Vom Erdgeschoss, wo die Maschinen stehen, führt eine schmale Stiege in den ersten Stock. In Regalen auf der halben Treppe lagern Metallrahmen, die die Form von Schuhen haben. Zu Kriegszeiten habe man eben Schuhsohlen und Kleiderbügel aus Pappe gestanzt, erzählt Pfeiffer. Oben stehen mehrere Holztische hintereinander. Einst Arbeitsplätze für zehn Beschäftigte. Hier werden die Tannenbäume und Rehe von Papierresten befreit.
„Das wollen wir ja haben und hier sehen Sie schon den Abfall und der muss raus. Es ist eben ganz wichtig, dass man unten an den Maschinen, dass man den richtigen Druck rauskriegt. Wenn zu viel Druck ist, geht das kaputt und kommt gar nicht von der Pappe ab. Wenn zu wenig Druck ist, geht der Abfall gar nicht raus und es sieht blass aus.“
Dann werden die golden glänzenden Schmuckstücke abgezählt, zusammengebunden und in Plastiktütchen geschoben. Fertig zum Versand. Gottfried Pfeiffer liefert ausschließlich an Großhändler.
Pfeiffer
„Also ich liefere an meine Kunden und die haben Online-Shops, die das dann verkaufen.“
Autorin
Pfeiffers Produkte sind keine Massenware, denn alle Stücke müssen einzeln mit der Maschine geprägt und gestanzt, die Papierreste dann von Hand ausgebrochen werden.
Pfeiffer
„Das soll schon was Exklusives sein. Ich bin mal eingeladen auf einer Messe in Shanghai und die Chinesen konnten das gar nicht verstehen, dass ich nur einen gewissen Teil am Tag schaffe. Die haben gefragt: Wissen Sie, wie viele Chinesen wir sind? Da habe ich gesagt: Aber ich will die nicht alle beliefern.“ (lacht)
„Das sind dann die Käferfüße.“
Autorin
In die zierlichen Körperchen aus schwarzem Karton sind feine Beinhärchen eingeprägt. Gerade Schweizer Schokoladenfirmen legten auf diesen Luxus immer noch wert, so Pfeiffer. Schön, aber ein Wegwerfprodukt. Deshalb bewegen sich viele seiner kleinen Kunstwerke im Centbereich.
Pfeiffer
„Die Käferbeine, am Tag schafft man schon 50 Tausend.“
Autorin
Allein komme er gut über die Runden, sagt er, aber für einen zweiten Mann reiche der Umsatz nicht. Auch Generationswechsel ist für Gottfried Pfeiffer kein Thema. Er will weitermachen, so lange es geht.
Pfeiffer
„Weil ich das wirklich sehr gerne mache. Mir macht das Spaß. Wenn dann der Artikel aus der Maschine kommt und er ist richtig gut gelungen und man kann es mit ruhigem Gewissen zum Kunden schicken, das ist sehr schön. Das gefällt mir.“
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