Crystal meth ist in Sachsen neben Marihuana und Haschisch die am häufigsten konsumierte Droge. Das Crystal, das hierzulande auf den Markt kommt, wird zumeist in Tschechien hergestellt. Die tschechische Polizei vermeldet immer wieder, dass sie Drogenküchen entdeckt und Banden festgenommen hat. Doch der Kampf gegen Crystal ist komplizierter. Iris Milde berichtet aus Prag.
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Mitten in der Prager Altstadt, in einem versteckten Winkel befindet sich das Zentrum Drop-In. Der Vorraum ist spärlich mit ein paar Tischen und Bänken eingerichtet. Die Gesichter der jungen Menschen, die daran sitzen, sind gezeichnet, ihre Kleidung ungepflegt. Sie sind drogenabhängig, fast alle konsumieren auch Crystal. Ivan Douda ist der Leiter des Drop-In. Er und seine Mitarbeiter versorgen sie mit dem Nötigsten.
Douda
Hier werden Spitzen und Nadeln getauscht. Da sind Desinfektionsmittel, Vitamine und Kondome. Und hier können Sie Tee und Suppe bekommen.
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Psychologe Douda arbeitet seit 40 Jahren mit Drogenabhängigen. In Tschechien gibt es kaum jemanden, der sich besser in der Szene auskennt. Auch in Tschechien ist Crystal weit verbreitet. Hier heißt es Pervitin und hat eine lange Tradition, erzählt er.
Douda
Nahe Prag gab es eine große Fabrik, wo Ephedrin hergestellt wurde. Die wichtigste Zutat für Crystal. Deshalb haben sich hier viele kleine Drogenküchen entwickelt. Dann wurde Ephedrin verboten und man nahm stattdessen Pseudoephedrin. Das wird aber nur stark kontrolliert ausgegeben. Also besorgte man es sich in Polen.
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Inzwischen gelten auch in Polen strengere Vorschriften. Nach neuesten Beobachtungen, so der Chef der tschechischen Antidrogenpolizei Jakub Frydrych, kommt der Wirkstoff nun immer öfter aus abgelaufenen Medikamenten, die eigentlich für die Dritte Welt bestimmt sind. Außerdem haben 2010 große vietnamesische Banden das Geschäft für sich entdeckt und produzieren seitdem im großen Stil.
Frydrych
Man kann nicht sagen, dass es weniger von den kleinen Laboren geworden sind. Aber die großen sind noch dazu gekommen. Und die konzentrieren sich auf den westeuropäischen Markt.
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Die tschechische Regierung hat deshalb die Zahl der Polizisten und Zöllner, die sich mit der Drogenproblematik befassen, um 200 Beamte aufgestockt. Ein wichtiger Baustein im Kampf gegen international operierende Banden ist außerdem die Zusammenarbeit mit den deutschen Kollegen, sagt Polizist Jakub Frydrych.
Frydrych
Ich stelle mir einen Staatsanwalt auf europäischer Ebene vor, der die Ermittlungen leitet und Polizisten aus den betreffenden Ländern in seinem Team hat. Und alle arbeiten mit den gleichen Akten und die können dann auch in jedem Land vor Gericht verwendet werden.
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Doch damit kann man allenfalls das Angebot in den Griff bekommen. Nicht aber die Nachfrage und die besteht vor allem jenseits der tschechischen Grenze, in Deutschland und Westeuropa.
Douda
Mehr Repression, meint Psychologe Douda, treibt nur die Preise in die Höhe und macht das Geschäft noch attraktiver.
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Er fordert deshalb eine gesamtgesellschaftliche Debatte, wie wie man das Drogenproblem in den Griff bekommen kann.
Gesendet 18.11.2017
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