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Mette-Marit erkrankt: Ist Lungenfibrose vererbbar?

Foto: danapress

Sie lächelte, als sei nichts. Dabei ist sie lebensgefährlich erkrankt ...

Die Tapferkeit einer Prinzessin! Am Donnerstagabend fand im norwegischen Königspalast die alljährliche Gala, das traditionelle Dinner für die Regierung und die Abgeordneten statt. Eigentlich Business as usual - wäre da nicht die Schock-Nachricht gewesen, die das Königshaus vor zwei Tagen bekannt gab: Kronprinzessin Mette-Marit (45) leidet an Lungenfibrose! Eine Krankheit, bei der die Lunge vernarbt, irgendwann nicht mehr arbeiten kann und der Tod die Folge ist. Einzige mögliche Rettung: Eine Lungen-Transplantation!

Jeder, der in Deutschland auf eine Organspende wartet, weiß, dass man fast schon mit einem Fuß im Grab stehen muss, ehe man auf der Dringlichkeitsliste ganz nach oben kommt und eine große Chance auf lebensrettendes Organ erhält.

Doch wie läuft das in Norwegen? Und kann Lungenfibrose vererbt werden? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie funktioniert Organspende in Norwegen?

Kurz gesagt: Ähnlich wie in Deutschland. Auch in Norwegen müssen Patienten lange auf ein neues Organ warten. Trotzdem gilt Norwegen als das Land mit der kürzesten Wartezeit weltweit! Die skandinavischen Länder arbeiten in der Organisation „Scandiatransplant" eng zusammen. Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden und Estland gehören dieser Organisation an. Wenn Organe eines Spenders aus einem der Länder vorliegen, werden sie Patienten in allen Mitgliedsländern angeboten. So kamen im dritten Quartal 2018 110 Lungen aus allen Ländern - die auch an alle Länder je nach Bedarf verteilt wurden. In Norwegen gab es 2017 rund 463 Transplantationspatienten, bei einer Bevölkerungszahl von 5,3 Millionen. Die meisten von ihnen erhielten eine neue Niere, 35 der Patienten erhielten eine neue Lunge. Schätzungsweise leiden im Moment 2000 Norweger an einer chronischen Lungenkrankheit. In der Fachzeitschrift „Indremedisineren" schilderte 2015 Dr. Martin Holm, Oberarzt an der der lungenmedizinischen Abteilung des Rikshospitales - dem Krankenhaus, das auch Mette-Marit behandelt - welche Kriterien bei der Patientenauswahl für die Warteliste wichtig sind.

▶︎ Demnach hat der Grad der Krankheit erste Priorität - und damit verbietet sich jede Bevorzugung einer Person, sei sie nun berühmt oder nicht.

Patienten, die eine längere Wartezeit nicht überleben würden, kommen als erstes dran. Alle Patienten werden vorab aus ganz Norwegen zu einer gründlichen Untersuchung nach Oslo ins Rikshospital überwiesen und dort nach allen möglichen Gesichtspunkten untersucht und überprüft. Selbst die Zähne und die Psyche werden gecheckt - erst, wenn das Gesamtbild stimmt, kommt ein Lungenpatient auf die Warteliste. Die schwächsten Patienten kommen zuerst dran. Dabei sind die allgemeinen Gesichtspunkte, auf die die Ärzte Rücksicht nehmen müssen, öffentlich - während die Punkte, die zu den einzelnen individuellen Entscheidungen führen, aus ethischen Gründen natürlich geheim bleiben. Niemand wird je erfahren, warum Frau X eine neue Lunge bekam, während Herr Z warten musste und keine bekam.

Ist Lungenfibrose vererbbar?

Mette-Marit hat drei Kinder: Marius (21), aus einer früheren Beziehung mit Morten Borg und Ingrid Alexandra (14) und Sverre Magnus (12) aus der Ehe mit Kronprinz Haakon (45). Können auch die diese Lungenkrankheit bekommen?

Halten zusammen: Mette-Marit mit Sohn Marius (21, r.), Ehemann Haakon sowie den gemeinsamen Kids Ingrid Alexandra (14) und Sverre Magnus (12). „Mein Ziel ist es, weiter soviel ich kann zu arbeiten", so die Kronprinzessin. „Auch wenn diese Diagnose mein Leben einschränken wird"Foto: UK Press/Getty Images

▶︎ BILD fragte Dr. Andreas Günther, er ist Professor am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Spezialist für seltene und fibrosierende Lungenerkrankungen und Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung.

Er erklärt: „Es gibt mehr als Hundert verschiedene Erkrankungsursachen, die zu einer Lungenfibrose führen können. Relativ oft ist die Ursache nicht erklärbar, dann sprechen wir von einer Idiopathischen Pulmonalen Fibrose. Hier findet sich in 10 bis 15 Prozent der Fälle eine familiäre Häufung, das ist ein nicht unerheblicher Anteil. Der Vererbungsweg ist üblicherweise dominant, das heißt, wenn eine der normalerweise zwei Kopien des Gens die fehlerhafte Gensequenz trägt, kommt es bereits zur Auslösung der Erkrankung und die Erkrankung kann durch einen betroffenen Elternteil weitervererbt werden. Wir kennen mittlerweile etwa 50 Prozent der Gene, die diese familiär gehäuft auftretende Lungenfibrose auslösen können. Diese Patienten erkranken üblicherweise in einem jüngeren Alter an der Lungenfibrose, mit 50 Jahren oder jünger. Bei einer sporadischen Erkrankung ist das Alter höher."

Mette-Marit ist 45 Jahre alt. Es könnte also sein, dass sie die Krankheit durch Vererbung bekommen hat. Genau kann das niemand sagen, da ihre Ärzte die exakte Diagnose nicht bekannt gaben.

Warum ging Mette-Marit mit ihrer Krankheit jetzt an die Öffentlichkeit?

Wenn Königshäuser Krankheiten ihrer Mitglieder öffentlich machen, dann ist die Lage ernst! Denn als Grundsatz gilt immer: Solange irgendetwas unter dem Teppich gehalten werden kann, wird es das auch. Bestes Beispiel: Die Demenz von Prinz Henrik († 83) von Dänemark. Am 14. Februar starb der über alles geliebte Ehemann von Königin Margrethe - doch erst am 6. September 2017 berichtete der Hof der Welt von seiner Krankheit, unter der er schon wesentlich länger litt.

Anders ist es bei kleineren und ungefährlicheren Gesundheitsproblemen, von denen die Ärzte wissen, dass sie sie im Griff haben. Wie zum Beispiel der letzten Hüft-OP von Prinz Philip, dem Ehemann von Queen Elizabeth II.. Warum unterscheiden sich die offiziellen Statements des königlichen Hofs und die eines deutschen Professors so sehr?

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Der norwegische Hof spricht von einem Frühstadium der Krankheit, die Lungenfibrose wurde angeblich zeitig entdeckt und es bestehen gute Chancen. „Da die Krankheit in einem frühen Stadium diagnostiziert wurde, ist die Prognose günstig", heißt es in dem Bulletin.

▶︎ Doch Professor Doktor Dieter Ukena vom Klinikum Bremen Ost erklärt in BILD, dass eine Lungenfibrose leider häufig erst erkannt wir, wenn die Krankheit schon fortgeschritten ist. „In einem frühen Stadium ist das in der Regel nicht möglich, und das ist bestimmt auch bei Mette-Marit so. Der Patient leidet monatelang an Husten und Kurzatmigkeit bei Belastung."

Woher kommen diese unterschiedlichen Aussagen? Mal abgesehen davon, dass die exakte Diagnose natürlich Mette-Marits Privatsache ist, gilt auch hierbei wieder der Grundsatz, dass nur das vom Hof öffentlich gemacht wird, was wirklich zwingend notwendig ist. Königshäuser verbreiten grundsätzlich keine Panik und wollen immer beruhigend und als sicherer Fels in der Brandung auf die Bevölkerung wirken. Andererseits zeigen sie mit solchen Statements auch Volksnähe, denn auch sie sind nur ganz normale Menschen, die selbstverständlich nicht vor Unglück gefeit sind.

Welche Termine nimmt die Kronprinzessin in nächster Zeit wahr?

Bislang gibt es nur einen angekündigten Termin, wie man auf der Website des norwegischen Königshauses nachlesen kann. Am 30. Oktober wird Mette-Marit an der Verleihung des Literaturpreises 2018 des Nordischen Rates teilnehmen.

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