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Das düstere Geheimnis des Disney-Paradieses

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Seit 1999 ist die Attraktion „Discovery Island" für Besucher geschlossen

Miami (USA) - Disney-World in Florida gilt als das Paradies für Kinder. Es ist das Traum-Reiseziel zahlreicher Familien. Dort scheint sich die Welt von ihrer schönsten Seite zu zeigen. Die traumhafte Disney-World hat jedoch auch eine dunkle Seite.

Denn auf der dazugehörenden einstigen Schatzinsel, die nach dem gleichnamigen Film benannt wurde und auf der es einst ein munteres Disney-Treiben gab, spielen sich heute unheimliche Szenen ab.

Nachts brennt dort das Licht, aber kein Mensch hat die Insel seit Jahren betreten. Geier bauen Nester und heimliche Besucher glauben, Tierstimmen zu hören, obwohl sie keine sehen können.

Vergrößern Heute ist der Besuch unerwünscht: Krokodile leben im Gewässer um „Discovery Island"

Ist das die Insel der verfluchten Vögel? Die Geschichte des Eilands ist jedenfalls voller Tiefen und Höhen und hat einen düsteren Abschluss.

Die Insel liegt in einem der vielen kleinen Seen, die es im gesamten Disney-World gibt. Der See ist nach dem Ort benannt: Bay Lake.

Die Insel gehörte ursprünglich der Familie Raz.

Der in den USA in den 30er Jahren sehr prominente Radio-Moderator Delmar Nicholson kaufte sie schließlich und taufte sie in Isle-Bay-Island um. Die Insel bekam später noch einmal einen neuen Namen, bis das Disney-Imperium schließlich 1965 das kleine Eiland kaufte.

Nun begann man, das Aussehen der Insel grundlegend zu verändern. Es wurden Bäume aus China, Indien und Südafrika importiert, Unmengen von Geröll und Gestein abgelagert und alles neugestaltet. Die Insel bekam den Namen „Blackbeard-Island" nach dem legendären Piraten und gleichnamigen Film.

Als das Eiland schließlich so aussah, wie man sich die Heimat eines echten Piraten vorstellt, bekam sie noch einmal einen neuen Namen und wurde in „Schatzinsel" umgetauft.

Am 8. April 1974 wurde das Piratenparadies als neueste und aufwändigste Attraktion der Disney-World eröffnet. Vom Piratenparadies zum Zoo

Die Insel sollte an Piraten erinnern, war aber auch der Zoo der Disney-World. Dutzende von exotischen Tieren lebten hier und konnten dort aus nächster Nähe bewundert werden.

Doch es kam anders.

Das Piraten-Image hielt nicht lange und aus der Schatzinsel wurde die „Discovery Island". Alles, was an Piraten erinnerte, wurde entfernt. Die Insel sollte nun die Heimat seltener Tiere und Pflanzen und ein naturwissenschaftlicher Mittelpunkt von Disney-World werden.

Charles Cook wurde Leiter des Projekts. Man sah ihn in den 70er Jahren immer wieder im US-Fernsehen. Er umgab sich mit Geiern und anderen Vögeln und trat als zoologischer Spezialist auf. 1981 wurde die Insel dann sogar als Zoo anerkannt.

Verschwand mit dem Tod eines Vogels das Glück? Alles schien gut zu laufen, bis 1987 der letzte „Dusty Seaside Sparrow" (deutsch: „Schwarze Strandammer") starb. Er war ein in Florida heimischer Vogel, der im 20. Jahrhundert ausgerottet worden ist, als man die Sümpfe entwässerte und die Mückenplage eindämmte.

Dabei hatte der „Seaside Sparrow" seinen Lebensraum verloren.

Nur auf dem kleinen Disney-Inselchen hatte er noch ein Stückchen Heimat. Der letzte Vogel hieß „Orange Band". Er war auf einem Auge blind und sehr einsam, weil er keine Partnerin hatte. Er starb am 18. Juni 1987.

Mit ihm verschwand alles Glück, das die Insel jemals gesehen hat. Sie scheint seitdem wie verflucht zu sein.

Vergrößern Also so ein „Dusty Seaside Sparrow" starb, begannen die Probleme auf der Insel

Schon kurz nach dem Tod des Vogels nahm die Staatsanwaltschaft - aus ganz anderen Gründen - Nachforschungen auf.

Es hatte immer wieder Gerüchte über Tierquälereien gegeben.

Sie fand während einer zweimonatigen Untersuchung 16 Fälle von schwerer Tierquälerei. Die Mitarbeiter hatten Geier-Jungen erschlagen, Nester leergeräumt und auf Falken geschossen. Disney musste 95 000 Dollar Strafe bezahlen.

Die Besucher blieben nun aus. Keiner fand es mehr lustig, die ausgestellten Vögel und Tiere zu bewundern. Disney verlegte schließlich die meisten Tiere in einen anderen Tierpark und überließ die Insel den heimischen Vögeln.

1999 wurde die Insel für Besucher gesperrt. Warum brennen nachts Lichter auf der Insel?

2009 besuchte der Fotograf Shane Perez heimlich die Insel und machte eine Reihe von traurigen Fotos.

Demnach ist die Insel heute ein verfluchter Ort. Der See ist voller Alligatoren, der einstige Wasserspiel-Park auf der Insel von Bakterien verseucht.

Trotzdem nahmen Perez und drei seiner Freunde allen Mut zusammen und schwammen nachts hinüber.

Besonders merkwürdig: Nachts brennen auf der Insel alle Lichter. Perez: „Offenbar will Disney damit den Eindruck erwecken, dass hier alles in Ordnung ist."

Der nächtliche Besuch auf der Insel war unheimlich. Perez: „Man hat das Gefühl, überall Tierstimmen zu hören, aber es ist nur das Rauschen der Bäume. Wir haben auch Geiernester gesehen, in dem kleine Geierbabys saßen. Es leben noch Tiere dort. Die Vogelkäfige sind verfallen und stehen offen. Überall hörte man Geräusche und Zischen."

Perez war nach seinem nächtlichen Besuch vollkommen überzeugt: „Freiwillig wird niemand mehr diese Insel betreten."

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