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König Carl Gustaf von Schweden wird 70 | Sein Glück kam erst mit Silvia

Schwedens Hauptstadt zeigt sich trotz Frühjahrskälte in dieser Woche gelb-blau. Fähnchen wehen, überall wurden Blumen gepflanzt. König Carl XVI. Gustaf von Schweden feiert heute seinen 70. Geburtstag!

Gemeinsam mit der Familie, Freunden und den Bürgern wird der Ehrentag zelebriert. Nach einem Dankgottesdienst zeigt er sich seinen Landsleuten rund um das Schloss. Am Mittag folgt eine Kutschfahrt durch die Stadt.

Für den Abend ist dann ein Bankett mit Freunden geplant. Eingeladen sind unter anderem auch Königin Margrethe von Dänemark und das dänische Kronprinzenpaar. Norwegens Königspaar hatte nach dem Absturz eines Hubschraubers mit 13 Todesopfern die Reise nach Schweden abgesagt. Stattdessen vertreten Prinzessin Märtha Louise und ihr Mann Ari Behn die norwegische Königsfamilie.

Carl Gustaf wird in die Geschichte eingehen

Carl Gustaf hat am 19. September 1973 in einem für Monarchen zarten Alter von 27 Jahren das Amt von seinem Großvater übernommen. Sein Urgroßvater Gustaf V. saß 43 Jahre auf dem Thron. Carl Gustaf wird ihn in diesem Sommer überholen und in die Geschichte des Landes eingehen!

Carl Gustaf musste einige, teilweise selbst gelegte Stolpersteine überstehen, aber er hat es geschafft! Manchmal wurde er belächelt, und hin und wieder wurde sein Humor nicht richtig verstanden.

Selbst der große Skandal, den das Buch „Der widerwillige Monarch" 2010 auslöste, hinterließ rückblickend nichts anderes als ein paar immer schwächer werdende dunkle Flecken in seiner Biografie. Die Königin hat ihm offensichtlich verziehen. Deshalb kann sich heute in Schweden kaum noch jemand darüber aufregen.

Alles in allem scheinen die Schweden deshalb mit ihrem König heute wieder recht zufrieden zu sein. Das Drama der Kindheit Carl Gustaf wurde in eine glückliche Familie hineingeboren, die jedoch sehr bald einen schweren Schicksalsschlag erleiden musste.

Seine Mutter war die in Deutschland geborene Sibylla von Sachsen-Coburg-Gotha. Sein Vater Gustaf Adolf war Kronprinz von Schweden. Beide hatten mit dem Nationalsozialismus geliebäugelt und mussten nun - 1946 - mit ihrem Image kämpfen. Das Paar hatte bereits vier Töchter bekommen, als mit Carl Gustaf endlich der langersehnte Thronfolger geboren wurde.

Die Familie lebte im idyllischen Schloss Haga - genau dort, wo heute Kronprinzessin Victoria mit ihrer Familie zu Hause ist. Die Kinder tobten durch den Garten, die Eltern gingen ihren repräsentativen Verpflichtungen nach. Die älteren Schwestern und die Kindermädchen verhätschelten den kleinen Mini-Thronerben nach allen Regeln der Kunst.

Bis im Januar 1947 das Unglück eintraf. Am 26. Januar 1947 flog Gustaf Adolf von Amsterdam heim nach Stockholm. Bei einer Zwischenlandung in Kopenhagen stürzte die Douglas DC-3C ab. An Bord waren einige Prominente, unter ihnen die Opernsängerin Grace Moore und die dänische Sängerin Gerda Neumann. Alle 22 Passagiere und die Besatzung kamen mit Gustaf Adolf ums Leben. In diesem Moment wurde aus dem erst einjährigen Baby Carl Gustaf der Kronprinz von Schweden.

Seine Mutter - Prinzessin Sybilla - soll sich vom Verlust ihres Ehemanns nie wieder richtig erholt haben. Es wird berichtet, dass sie sich immer mehr zurückzog, sich kaum um ihre Kinder kümmerte und Trost im Alkohol suchte.

Die glücklichen Zeiten im Schloss Haga waren vorbei. Und weil Carl Gustaf nun als nächster auf den Thron und dementsprechend erzogen werden musste, zog die ganze Familie in das düstere Stockholmer Stadtschloss um. Hier herrschte der strenge Großvater, während der Vater verstorben war und die Mutter ihre Trauer kaum verarbeiten konnte und nie über den Tod ihres Mannes sprach.

Es hätte eine glückliche Kindheit werden können - es wurden harte, vielleicht sogar traumatische Jahre! Das Glück kam mit Silvia Carl Gustaf musste im Geheimen noch mit einer anderen Schwierigkeit kämpfen. Er leidet an einer angeborenen Lese- und Schreibschwäche. Heute spricht man offen darüber, aber diese leichte Behinderung verfolgte ihn lange Zeit auf unangenehme Art.

Noch bis zur Jahrtausendwende wurde über ihn gespottet, wenn er bei einer Rede mal was Falsches sagte. Keiner dachte daran, dass er sich mit dem Lesen einfach sehr schwer tat und vieles auswendig lernen musste.

Als der alte König 1973 starb, erlebten die Schweden deshalb einen etwas hölzernen Kronprinzen, der nun auf einmal ihr König war. Er schien sich in seiner Rolle nicht wohlzufühlen. Viel sicherer gab er sich da unter Gleichaltrigen, und zeitweise war er auf dem besten Weg, ein echter Playboy zu werden.

Die Pflichten, die ihm mit der Krone aufgebürdet wurden, verhinderten jedoch das Schlimmste. Zumindest wurde dafür gesorgt, dass in der Öffentlichkeit nichts von seiner Freude an Partys bekannt wurde. Allerdings fotografierte man ihn gerne mit diesen und jenen Damen, denn es war klar, dass das Land dringend eine Königin brauchte.

Als er seinem Volk dann endlich Silvia Sommerlath vorstellte, schien er wie ausgewechselt. Er machte Witzchen („Es machte Klick"), schmunzelte und zeigte zum ersten Mal, dass er auch ganz normal und entspannt reden konnte.

Nach der Hochzeit mit Silvia im Sommer 1977 wurde es noch besser, und das Paar wurde zum Liebling aller Monarchisten in ganz Europa. Als sich dann auch noch entzückender Nachwuchs einstellte, schien alles perfekt.

Carl Gustaf und die Fettnäpfchen Die hohe Schule der Diplomatie musste er jedoch noch lernen. Schlimm wurde es, als das Thronfolgegesetz geändert wurde und Victoria - nach der Geburt ihres Bruders! - als Erstgeborene zur Kronprinzessin ernannt wurde.

Es war 1978, Frauenpower war zur Höchstform aufgelaufen, und trotzdem meinte er allen Ernstes, dass Frauen für diesen Job seiner Ansicht nach nicht geeignet seien. Selbst seine Cousine Margrethe, die zu diesem Zeitpunkt immerhin schon sieben Jahre lang Königin von Dänemark war, reagierte verärgert und wollte lange mit ihm privat nichts mehr zu tun haben.

Immer wieder sagte er etwas, was nicht ganz perfekt war. Königin Silvia wurde in ihren ersten Ehejahren dafür bekannt, dass sie ihrem Mann im passenden Augenblick die Hand auf dem Arm legte und ihn fast unbemerkt in einem Redeschwall unterbrach. Höhepunkt und tiefer Fall Nach der Jahrtausendwende wendete sich das öffentliche Interesse immer mehr Carl Gustafs Kindern zu. Trotzdem erreichte er aus einem tragischen Grund einen persönlichen Höhepunkt, als es auf Weihnachten 2004 zur Tsunami-Katastrophe in Asien kam.

Carl Gustaf und Silvia reisen selbst gerne und oft nach Thailand, sie hatten zum Zeitpunkt der Katastrophe Freunde dort. „Der Sohn unseres Freundes war dort", berichtete er später. „Wir versuchten, ihn zu erreichen. Sein Vater sagte am Telefon, dass er mit dem Boot rausgefahren und nach dem Tsunami nicht mehr zurückgekommen ist." Der König und seine Familie waren persönlich betroffen, ihr Mitgefühl kam deshalb aus ganzem Herzen.

Als die Familie die Särge aus Thailand in Empfang nahm und für alle und jeden der vielen Trauernden ein tröstendes Wort hatten, erreichte die Beliebtheit von Carl Gustaf neue Höhen, vor allem auch weil die gesamte Regierung in den Weihnachtsferien war, den richtigen Zeitpunkt für Mitgefühl verpasste und zu lange wartete.

Carl Gustaf war dagegen auf dem Weg in den Urlaub umgedreht, zurück nach Stockholm gefahren und war für alle dagewesen. Bei der Trauerfeier am 10. Januar 2005 hielt er schließlich die Rede seines Lebens.

Ganz Schweden weinte mit, als er u. a. sagte: „Stellt euch vor, ich könnte wie ein Märchenkönig sagen: ‚Und nun lebten sie glücklich bis an ihr Lebensende'. Das kann ich nicht. Ich bin genau wie ihr ein trauernder, suchender Mensch. Wir müssen uns jetzt alle gegenseitig unterstützen und helfen."

Nur sechs Jahre später war diese Begeisterung für ihn vergessen. Im Skandalbuch „Der widerwillige Monarch" wurde er als ein Mann portraitiert, der seine Silvia immer wieder betrogen hat und außerdem gerne Nachtclubs besuchte.

Die Stimmung war zeitweise so aufgeheizt, dass viele damit rechneten, er würde abdizieren. Aber er blieb und er sagte: „Ich habe mit meiner Familie darüber gesprochen. Nun wenden wir das Blatt."

Seit 2012 haben sich die Gemüter in Schweden wieder beruhigt.

Carl Gustaf und Silvia scheinen sich zu lieben. Es wurden Babys geboren - Carl Gustaf ist inzwischen fünffacher Großvater - und es gab zwei prachtvolle Hochzeiten. Nachdem mal alle wieder ausgiebig jubeln konnten, waren seine angeblichen Seitensprünge plötzlich kein Thema mehr.

Anlässlich seines 70. Geburtstages hat Carl Gustaf einige offizielle Interviews gegeben. In keinem wurde er nach den schlimmen Jahren nach Erscheinen des Buchs gefragt. Dafür durfte er sich ausgiebig über Pfadfinder, Sport und Umweltprobleme äußern.

Natürlich wurde er auch gefragt, ob er irgendwann einmal in Rente gehen wird. Da zeigte er wieder seine humoristische Ader, als er sagte, das wisse er nicht und es so begründete: „Wir Bernadottes behalten unser kindliches Gemüt unser ganzes Leben. Wir werden deshalb nie wirklich alt."
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