Solange ich denken kann, war dies immer unser Zuhause. Drei Zimmer in einer Chruschtschowka, einer Wohnung in einem zu Nikita Chruschtschows Zeiten gebauten einfachen, fünfstöckigen Wohnblock aus Ziegelstein in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Wir sind eine kleine Familie: ich, ein stolzes Einzelkind, das nie Geschwister haben wollte, und meine Eltern, die sich in dieser Frage nie so ganz sicher waren, aber irgendwie nicht dazu gekommen sind, noch ein zweites Kind in die Welt zu setzen.
Heute sagen sie, die Bedingungen seien ungünstig dafür gewesen. Vor allem wegen des ständigen Kampfes gegen die Armut, der nach dem Kollaps der Sowjetunion allen Einfallsreichtum und alle Kräfte forderte. Aber auch wegen der Katastrophe von Tschernobyl. Zwischen unserer Chruschtschowka und dem vierten Atomreaktor, der am 26. April 1986 um 1.23 Uhr explodierte, liegen gerade einmal 150 Kilometer.