Inga Kausch

Online-Redakteurin, Flensburg

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Nachtwanderung in Leck: Großer Lauschangriff mit Stefanie Dibbern: Ultraschallmikrofone machen Fledermäuse hörbar | shz.de

Quelle: Dietmar Nill/ Max-Planck-Institut/dpa

Umweltkommunikatorin Stefanie Dibbern führte auf der Suche nach Fledermäusen durch den Langenberger Forst. Die Tiere hielten sich jedoch größtenteils versteckt.

Dreizehn Personen stehen am Rande einer Lichtung und blicken in die Dämmerung. Die Lichter sind aus und alle sind gespannt, ob und was gleich passiert. Schon huschen die ersten Schatten durch die Luft – die Fledermäuse sind da!

Die Agraringenieurin und Umweltkommunikatorin Stefanie Dibbern veranstaltete am Mittwochabend für die VHS Leck die Exkursion „Fledermäuse – jenseits unserer Ohren“. Normalerweise liegt Dibberns Schwerpunkt auf dem Informieren über Naturschutzgebiete und der Kinder- und Jugendarbeit mit Schulen. Durch die Corona-Situation falle die Arbeit mit Schulen komplett weg, sodass sie sich zurzeit auf Touren als Freizeitangebot konzentriere. „Wir bemerken gerade ein großes Interesse daran, draußen zu sein und gemeinschaftlich etwas über die nahe Umgebung zu lernen“, freut sich Dibbern. Sie erhoffe sich hierdurch auch einen nachhaltigen Effekt auf das Umweltbewusstsein der Menschen.

Mit elf Teilnehmenden beginnt die Fledermaustour auf dem Ochsenweg im Langenberger Forst nahe des Rehgeheges. Noch dämmert es nur leicht und die Umweltkommunikatorin erklärt zunächst anschaulich die Lebensweisen der Fledermäuse. Diese fliegen erst bei Dunkelheit aus ihren Verstecken in den Bäumen auf der Jagd nach Insekten. „Wir haben den perfekten Fledermausabend heute: Windstill, wenig Wolken und Wärme“, sagt die Umweltexpertin begeistert.

Die kleinen Tiere beeindrucken sie sehr: Zum Überwintern senken sie ihre Körpertemperatur auf nur sechs Grad Celsius und überwintern in frostfreien Quartieren wie Dachgiebeln oder Fledermauskästen. Im Frühjahr beginnt dann die Gebär- und Säugezeit, bei der ein Fledermausweibchen bis zu 3000 Mücken pro Nacht für ihren Energieerhalt benötigt. Diese enorme Menge an Futter fangen die Tiere mit Hilfe von Schallwellen und der Ortung der Beute durch ihre großen Ohren.

Wie das genau funktioniert erklärt Stefanie Dibbern, nachdem die Gruppe über den Ochsenweg immer tiefer in den Wald und über einen Trampelpfad durch Baumreihen zu einer Lichtung an einem See gelaufen ist. Ab hier herrscht Lichtverbot, um die Tiere nicht zu verjagen. Die Laute der Fledermäuse sind zu hoch für das menschliche Gehör, sodass spezielle Ultraschallmikrofone nötig sind, die die Töne in hörbare Frequenzen umwandeln. Hauptsächlich orten die Fledermäuse durch die Schallwellen ihre Beute, nutzen ihre Laute aber auch zur Kommunikation untereinander. „Je höher der Ton, desto kleiner die Insekten, die gefangen werden“, erklärt Dibbern.

 

Die Teilnehmenden hören beeindruckt zu. „Wie lange leben Fledermäuse in etwa?“, fragt jemand aus der Dunkelheit. „Bis zu 30 Jahre“, antwortet Dibbern. Die Schrumpfung alter Wälder und der Ausbau von Windkraftanlagen auf Flughöhe verkürze die Lebenserwartung der Kleinstsäugetiere allerdings zunehmend, bedauert sie.

Andreas Deidert nimmt aus zwei Gründen an der Fledermausexkursion teil. Zum einen aus Interesse an der Natur, vor allem aber auch in seiner Funktion als Lecker Bürgermeister, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie die VHS-Kurse nach Ende der Corona-Zwangspause wieder anlaufen. „Die Teilnahmebereitschaft ist noch sehr zurückhaltend, aber die Kurse an der frischen Luft bekommen zum Glück einigermaßen Zulauf“, berichtet Deidert.

Auch Claudius Tesch ist mit seinen beiden Söhnen auf der Fledermauswanderung. „Ich finde es wichtig, sich mit der Natur direkt vor der eigenen Haustür zu beschäftigen und das auch meinen Kindern nahezubringen“, sagte der Lecker.

Für Laien ist kaum etwas außer dem Rauschen der Ultraschallmikrofone und vereinzelten Klicklauten zu hören, doch Stefanie Dibbern schafft es mit ihrer jahrelangen Erfahrung sogar, die Laute den Fledermausarten zuzuordnen. Dabei helfen ihr Eselsbrücken aus dem Alltag: „Einige Arten klingen, als würden Perlen auf einen Marmorboden fallen, während andere wiederum wie das Ablösen von Saugnäpfen klingen.“ Vier verschiedene Arten meint sie, während der Exkursion gehört zu haben: Zwerg- und Wasserfledermäuse, Breitflügelfledermäuse und das Braune Langohr.

Es geht zurück zum Ochsenweg und danach zum Rehgehege, um an weiteren Orten die Fledermäuse zu belauschen, doch leider erfolglos. „Das ist das Risiko bei der Tierbeobachtung in der Natur: Auch bei perfekten Bedingungen und Vorbereitungen kann man sich nie zu 100 Prozent sicher sein, Erfolg zu haben“, sagt Dibbern und lacht. Auf die Frage, ob sie bei ihren Forschungen allein im Wald bei Dunkelheit keine Angst habe, kann sie nur schmunzeln und berichtet: „Für mich ist die Dunkelheit im Wald wie ein sicherer Mantel. Angst hätte ich nachts in Großstädten in der U-Bahn, aber niemals hier in der freien Natur.“

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