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Neuer Mainzer Dirigent Henrik Schuld (22) gibt Konzertdebüt

MAINZ - Getümmel und Gemurmel in einem Gemeinschaftsraum der Kirche St. Peter, wenige Minuten vor Beginn des Herbstkonzerts des Peterschors. Chorleiter Henrik Schuld gibt noch letzte Anweisungen: „Lasst die Notenmappen am Ende der Stücke so lange oben, bis ich die Hände herunternehme. Diese zwei, drei Sekunden Stille haben eine große Wirkung!"

Kurze Zeit später stehen die rund 60 schwarz gekleideten Sänger zwischen Kreuz- und Marienaltar in der Peterskirche, vor ihnen ein Ensemble des Collegium Musicale aus Bingen.

Werke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy und Josef Gabriel Rheinberger stehen auf dem Plan. Und das nicht ohne Grund. Auch wenn die drei Komponisten nichts direkt miteinander zu tun haben (sie lebten zu unterschiedlichen Zeiten), so verbindet ihre Werke doch eines: ein tiefes Gottvertrauen, das sich in den Texten und Kompositionen widerspiegelt.

Außerdem kann man sagen, dass erst Mendelssohn eine Bach-Renaissance ausgelöst hat. Er studierte in seiner Jugend viele Werke Bachs und war der erste, der dessen Matthäuspassion rund 100 Jahre nach ihrer Uraufführung wieder darbot. Rheinberger wiederum nahm sich in seiner Jugend Mendelssohn zum Vorbild. Die Werke der drei Komponisten „bilden musikgeschichtlich fast schon eine Linie", sagt Chorleiter Henrik Schuld, und das wollte er im Konzert zeigen. Daher ergänzen sie sich auch gut unter dem Motto, das der Chor für den roten Faden des Konzerts gewählt hat: „Denn er hat seinen Engeln befohlen", heißt es in Psalm 91, Vers 11, „dass sie dich behüten auf all deinen Wegen." Dieser Vers kommt auch in Bartholdys Oratorium „Elias" vor.

Ein Motto - das hatte der Peterschor bisher noch nicht bei seinen Konzerten. Es war die Idee von Dirigent Schuld, der den Chor vor ungefähr einem Jahr übernommen hat. Am Sonntag feierte er vor rund 300 Gästen sein gelungenes Konzertdebüt. „Es lief sehr gut, der Chor hat sich im Vergleich zu den letzten Proben noch einmal sehr gesteigert, und das hat mich wirklich gefreut", resümiert der 22-Jährige.

Ihm sei es bei der Übernahme der musikalischen Leitung wichtig gewesen, persönliche Akzente zu setzen, aber keine 180-Grad-Wende zu vollziehen. Wie ihm das gelungen ist? „Wunderbar!", findet Vorsitzende Anja Frensch. „Wir sind alle zufrieden. Für viele Ältere ist es vielleicht überraschend, dass so ein junger Mensch so eine Ruhe und Kompetenz mitbringt. Aber die Zweifel waren schnell vom Tisch, weil er uns sofort überzeugt hat mit seinem Charme und seinem Können." Der Zweite Vorsitzende, Roger Baldus, pflichtet ihr bei: „Er hat die wunderbare Gabe, etwas nicht mit Druck durchzusetzen, sondern auf eine sehr amüsante und charmante Weise, sodass es gar nicht auffällt."

Lob bekam Henrik Schuld auch aus dem Publikum. Verdient, denn nicht zuletzt dank der Solisten Sophie Heitzmann, Katrin Heubach und Johannes Weber und der atemberaubenden Akustik der Peterskirche war das Konzert eine Wohltat für das Ohr. Und für das Auge, denn die Sache mit den Notenmappen hat auch geklappt. Insgesamt also ein erfolgreiches Debüt.

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