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Mehr als ein Zweckbündnis

WGs sind schon lange mehr als eine studentische Selbstfindungsphase. Illustration: Jan Bazing

Nicht nur Studis, auch immer mehr Menschen jenseits der dreißig ziehen in WGs. Was treibt Professorinnen und Familienväter dazu, sich mit anderen Kühlschrank und Putzdienst zu teilen?

Niels sitzt auch dann im Sonnenuntergang vor den Klostermauern, wenn es regnet. Der IT-Spezialist hat sich das Kloster Allerheiligenberg für Videocalls als unbewegliches Hintergrundfoto eingestellt. Zu Jahresbeginn hat er sein Zimmer auf der Anlage bezogen, die lange Zeit vom katholischen Oblatenorden bewohnt wurde, dann kurz leer stand und seit 2014 eine Wohngemeinschaft von Jung und Alt ist. Die elf Bewohner haben alle ihre ganz persönliche Motivation und Lebensgeschichte auf den Berg unweit von Koblenz mitgebracht.

Niels, 45 Jahre alt, hat sich von 150 Quadratmetern Wohnfläche auf eine Mönchszelle von 15 Quadratmetern verkleinert. Freiwillig. Nach der Trennung von seiner Frau suchte der dreifache Familienvater nach Zusammenhalt und stieß bei Ebay-Kleinanzeigen auf die Kloster-WG. „Alleine in einer Wohnung wäre mir die Gefahr viel zu groß, in Selbstmitleid zu verfallen“, sagt Niels. Bis zwei Uhr nachts habe er schon in der gemeinsamen Küche gesessen und mit anderen über das Leben geredet. Er hat mit Michaela, der studierten Quartiersmanagerin, die WG-Einkäufe hochgeschleppt und sich von Christa die goldene Regel des Mittagessens erklären lassen: „Wer kocht, muss nachher nicht abspülen.“

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