Dr. Helga Wäß

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Gemälde von Thomas Deyle, Foto: Helga Waess

Farbe ist Licht – Licht ist Farbe
Kölner Künstler Thomas Deyle in der Galerie Florian Trampler im Herzen Münchens

Von Dr. Helga Wäß – Kunsthistorikerin

Seit dem Pfingstwochenende zeigt der Galerist Florian Trampler in seiner Galerie, in der Prannerstraße (Rückseite Bayerischer Hof) eine Gemäldeserie, die durch sinnliche Farb-Licht-Erlebnisse zu neuen, vielfältigen Assoziationen und Emotionen angeregt. Für die Besucher der Vernissage war es ein Erlebnis den Künstler Thomas Deyle persönlich über seinen Weg zum Bild und seine Intentionen sprechen zu hören.

Thomas Deyle wählte bereits in den 80er Jahren die „Reine Farbe“ und das „Licht“ zum Bildgegenstand seiner Malerei. Konsequent entwickelte er seine Farbfeldmalerei weiter und verfeinerte die dabei eigentümlich anmutende Maltechnik. Hierbei kommt dem Bildträger, der frei vor die Wand gesetzten Plexi-Glasscheibe, eine übergeordnete Bedeutung zu – durchscheinend und frei schwebend scheint sie der Wand vorgelagert. Keine Struktur lenkt das Auge des Betrachters von der sinnlichen Wahrnehmung des Bildgegenstandes ab: der Farbe. Thomas Deyle erweitert das farbräumliche Sehen. Das Empfinden des Betrachters wird durch die Lichtführung und den sich zum Bildrand hin abflachenden Farbauftrag, bzw. den Übergang in andere Farbfelder geleitet.

Über eine fast sogartige, visuelle Ansprache seiner Farbkompositionen vergisst der Betrachter Material und Bildträger und sucht spontan eine ihn überwältigende Faszination zu ergründen. Hierbei setzt der Künstler gezielt seine in zahlreichen Studien geplante Absicht um: oftmals ist es ein einziger Acrylfarbton, der in einer, wie Thomas Deyle es nennt, „komponierten Partitur“ bestimmten mathematischen Prinzipien und Berechnungen folgt. Zwei bei Florian Trampler ausgestellte Partituren belegen, wie sich der Künstler jedem neuen Werk nähert. „Anhand meiner Partituren, könnte ich jedes Werk noch einmal schaffen, wenn, ja, wenn ich die Farbkonzentrationen genauso hin bekäme.“ Der Farbauftrag erfolgt mechanisch in hauchdünnen Lasuren, die sich von außen nach innen verdichten und zu einer allmählichen Konzentration des tiefsten Farbwertes führen. In beeindruckenden, Teils bis zu

1.000 Schichten aufweisenden Arbeiten, akzeptiert der Künstler keine Unregelmäßigkeiten: „Sobald eine Farbklecks da ist, kann ich das ganze Gemälde wieder Abschleifen und
von vorne beginnen.“

Für seine tägliche Arbeit im Atelier „und nur bei Tageslicht“ braucht er absolute Konzentration und Ruhe; denn die handwerkliche Perfektion in der Ausführung ist ein wesentlicher Bestandteil der Wirkung seiner Arbeiten. Vor diesem Hintergrund gesehen ist das Erlebnis des Betrachtens von Thomas Deyles neuesten Arbeiten noch beeindruckender. „Jedes Bild verändert mit der Tageszeit und auch mit den Jahreszeiten seine Licht und Farbintensität.“ Vor einem Bild Deyles wird ein nahezu physisch gespürter Raum erweitert. Ein diffuser, sphärischer und transluzider Eindruck, der das eigene Sehen erweitert, erzeugt eine eigentümliche Faszination und Raumwirkung. Das Spiel mit dem Farb- und Raumempfinden und die sich verändernde Wahrnehmung wird durch die Technik des Farbauftrages, die Leuchtwirkung der einzelnen Farbwerte und die gläserne, lichtdurchlässige Wirkung des Bildträgers – im Sinne des Künstlers – zu einer „Brücke zum Metaphysischen“.

Thomas Deyles Arbeiten sind über zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland längst in Sammlerkreisen bekannt (Museum Moderner Kunst, Landkreis Cuxhaven; Kunstmuseum Heidenheim; Museum Gegenstandsfreier Kunst, Otterndorf; 2006 Stipendium: Museum Moderne Kunst Palais Lichtenstein, Wien). Die Galerie Florian Trampler (München) zeigt noch bis zum 17. Juli 2010 unter dem bedeutungsvollen Serientitel „lumen ludens“ Werke des Künstlers Thomas Deyle. Hier werden Farbe und Licht zu fast spürbarer Energie. Unwillkürlich, oder weil die Kunstwissenschaft nun mal Vergleiche sucht, denkt man an einen anderen Farb- und Lichtkünstler unserer Zeit Olafur Eliasson, der gerade im Berliner Gropius-Bau z.B. mit „Your blind movement“ (2010) den Betrachter durch Licht und Farbe laufen läßt, wobei sich alle Begrenzungen des Raumes auflösen. Tomas Deyles Arbeiten zeigen, dass auch die Malerei eine neue Dimension erreicht hat und allein Farbe und Licht den Raum auflösen oder erweitern können. „Licht ist Farbe und Farbe ist Licht.“

Farbwahrnehmung oder eine Sinnestäuschung? Lassen sie, als Betrachter, sich darauf ein neue Räume zu betreten und erweitern sie – angeleitet durch Thomas Deyles Bildobjekt: „Farbe“ – ihre Wahrnehmung von „KUNST“. Wie der Titel der Ausstellung zeigt, wird in den hier präsentierten Arbeiten auch die Intellektualität des Betrachters angesprochen. Eine Werkschau, die durch sinnliche Farb-Licht-Erlebnisse zu neuen, vielfältigen Assoziationen und Emotionen angeregt – allein deshalb sollte man sie sich nicht entgehen lassen.

Zur Ausstellung erschien das Katalogbuch Thomas Deyle „lumen ludens“, Hrsg. von Florian Trampler.
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