Ob Unterhaltung, Bildung oder Information - seit einem Jahrzehnt begleitet Youtube unseren Alltag. Das Videoportal ist Erklärer, Lehrer, Geschichtenerzähler.
Mein Chef hat mich vor kurzem tatsächlich gefragt, ob ich Youtube nutze. Genauso gut hätte er sich danach erkundigen können, ob ich mein Müsli morgens eigentlich mit Milch esse. Denn natürlich nutze ich Youtube - eigentlich jeden Tag und das schon fast mein halbes Leben lang. Seit zehn Jahren begleitet und prägt die Videoplattform meine Generation der heutigen Mittzwanziger. Die Frage, die sich für mich also viel eher stellt, ist: Wieso sollte man Youtube nicht nutzen und sich den unerschöpflichen Zugriff auf Clips aus aller Welt entgehen lassen?
In den ersten Jahren haben wir das Videoportal hauptsächlich zum kostenlosen Musikhören genutzt. Millionen von Liedern aus allen Sparten waren uns auf einmal zugänglich. Nächtelang war Youtube einer der wichtigsten Gäste auf unseren Partys, hat damals den Soundtrack unseres Lebens gespielt. Wir haben Stunden um Stunden gestöbert, neue Künstler entdeckt und Gefundenes in Dauerschleife gehört.
Doch über die Jahre ist Youtube für uns mehr geworden als nur ein Sammelsurium an Musikvideos. Es ist internationales Nachrichtenportal, digitales Archiv und kostenloser Do-it-yourself-Kurs. Wir konsumieren noch immer Musik, aber nun auch Hörspiele, Serien oder Dokumentationen, verlieren uns in den Schnipseln aus Politik, Sport oder Nonsens.
Youtube hat inzwischen viele Gesichter, ist Lehrer, Erklärer und Geschichtenerzähler. Keine Frage bleibt mehr unbeantwortet, für jedes Problem steht irgendwo eine visualisierte Lösung parat. Wie ging das noch mal mit den Seitenzahlen für Word-Dokumente, den Hochsteckfrisuren, dem Klavierspielen?
Durch Youtube können wir uns beim Mittagessen komplexe weltpolitische Zusammenhänge erklären lassen oder wie man ein T-Shirt in zwei Sekunden faltet. Doch es ist nicht nur der ständige Zugriff auf Antworten zu allen erdenklichen Fragen. Das Videoportal erlaubt uns unabhängig von Fernsehprogrammen und dem, was die gängigen Medien filtern, das Weltgeschehen zu verfolgen. Wir können Nachrichten von verschiedenen Seiten beleuchten lassen und Berichterstattungen vergleichen. Nur einen Klick sind außerdem die Luftbildaufnahmen der gestrigen Großdemo von Zeugnissen historischer Ereignisse oder Klassikern der Filmgeschichte entfernt.
Neben all dem ist Youtube für uns auch ein emotionales Transportmedium. Wir schicken uns gegenseitig traurige oder lustige Links, Geburtstagsgrüße und kleine Aufmerksamkeiten.
Ob Unterhaltung, Bildung oder Information - seit einem Jahrzehnt begleitet Youtube unseren Alltag. Wahrscheinlich könnten wir auch darauf verzichten, aber wer isst schon gerne Müsli ohne Milch?
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