Hannah Prasuhn

Journalistin, Berlin/München

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Sebastian Dietz belohnt sich mit Bronze

Wenn einer zeigen kann, was es heißt, sich selbst etwas zu beweisen, dann ist es Sebastian Dietz. Der 36 Jahre alte Para Kugelstoßer gewann am Dienstag die Bronzemedaille bei den Paralympics in Tokio. 14,81 Meter zeigte die Tafel nach seinem weitesten Wurf an - Saisonbestleistung und nur drei Zentimeter an seinem eigenen paralympischen Rekord von 2016 vorbei.

Dietz musste nicht nur in diesem Wettbewerb kämpfen, die letzten zwei Jahren seien sehr schwer für ihn gewesen, „auch für den Kopf". Probleme im Oberschenkel beschäftigten den Sportler, der für den BSG Bad Oeynhausen startet, viele Trainingsübungen konnte er nicht durchführen, aber gemeinsam mit seinem Trainer ließ sich der Weg nach Tokio weiter bestreiten. Auch wenn er zugibt, dass er in dieser Zeit „sicherlich sehr schwierig" war, habe er nie aufgegeben und „doch viele Menschen gehabt, die zu mir stehen".

Immer weiter machen, wieder aufstehen und sein Ziel vor Augen haben - so schaffte es Dietz nach einem schweren Unfall im Winter 2004 auch innerhalb kürzester Zeit, drei Monate, entgegen aller Erwartung alleine laufend aus dem Krankenhaus. Er tauschte den Fußball gegen Diskus und Kugel, wurde mehrfach Weltmeister, Paralympics-Sieger, Dritter bei den Europameisterschaften in diesem Jahr, nahm 2016 sogar bei der von RTL produzierten Sendung „Ninja Warrior Germany - Die stärkste Show Deutschlands" teil.

Die Motivation brennt in ihm

Sebastian Dietz möchte Mut machen und anderen Menschen Impulse für ein glückliches Leben geben. Er engagiert sich seit mehreren Jahren in unterschiedlichen Vereinen, ist Botschafter für Inklusion sowie bei der SCHAKI, einer Selbsthilfegruppe für Schlaganfallkinder. Um das Thema Inklusion und Teilhabe in die Welt zu transportieren und dafür zu sensibilisieren, trug er 2015 die so genannte „Inklusionsfackel" mit von Dänemark nach Rom und erhielt eine Sonderaudienz bei Papst Franziskus.

Auch das Feuer, welches in Hinblick auf die Paralympics in ihm brannte, erlosch nicht. Der ebenfalls als Motivationscoach und Speaker arbeitende Athlet hat bis zur allerletzten Möglichkeit an sich gearbeitet, um im Wettkampf „dementsprechend auch Gas geben zu können". Gas geben konnte er, wenn auch nicht befreit von Schmerzen: „Die Verletzung ist wieder aufgetreten, aber sie ist keine Entschuldigung." Für die harte Arbeit im Vorfeld habe er sich nun belohnt mit der Medaille, auch wenn sie nicht goldfarben ist.

Als Weltranglistenfünfter ist er nach Tokio gereist und musste „einfach darauf vertrauen, dass ich gut gearbeitet, gut trainiert und einfach auch was drauf habe". Vor seiner Abreise nach Shimabara ins Trainingslager für die direkte Vorbereitung der Spiele hoffte Dietz auf „tolle Gedanken" nach dem Wettkampf, und dass „ich mich nicht ärgern muss, weil ich alles gegeben habe, voll reingehauen habe". Er sei dann glücklich und zufrieden.

„Ich weiß, ich kann noch mehr, aber ich bin auch noch nicht fertig", sagt Dietz nun nach seinem Erfolg in Tokio: „Wir kommen zurück".

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier. Alle aktuellen Entscheidungen und Entwicklungen lesen Sie in unserem Paralympics Blog.

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