Hannah Krug

Multimedia Journalistin, Basel

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Hitze ohne Schutz

Hitze kann vor allem für alte und kranke Menschen eine tödliche Gefahr sein – umso wichtiger sei ein Schutz besonders dort, wo diese Menschen lebten und versorgt würden, fordern Patientenschützer wie Reinhard Leopold. "Das sind insbesondere neben den Krankenhäusern die Pflegeeinrichtungen", sagt der Bremer Regionalbeauftragte der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA).

„Hitzeschutz für Heimbewohner bedeutet vor allem auch, dass es klare und verbindliche Vorschriften für die Dämmung der Gebäude, für Außenjalousien oder andere Arten der Beschattung und Kühlung in Gemeinschaftsräumen und Zimmern sowie Richtwerte für Temperatur und Luftfeuchtigkeit gibt. Fehlanzeige“, kritisiert Leopold. Im öffentlichen Dienst solle ab 26 Grad Celsius die Kühlung der Büros beginnen, für die Hilfsbedürftigen in den Heimen fehle eine solche dringend erforderliche Regelung aber weiterhin, sagte zuletzt der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, bei „Spiegel Online“.

Seit Jahren schnellten die Investitions­kosten für Heimbewohner in die Höhe, kritisiert Leopold. Im Bundesschnitt seien dies rund 500 Euro, die jeden Monat für Instandhaltung, Bau- und Erwerbskosten, Pacht­leistungen sowie die Ausstattung der Gemeinschafts- und Versorgungsräume geleistet werden müssten. In Bremen seien sie mit am höchsten. „Es ist nicht hinnehmbar, wenn die pflegebedürftigen Menschen trotz der hohen Zusatzkosten in manchen Einrichtungen weiter unter Hitze leiden müssen oder sogar gesundheitliche Schäden davontragen. Es ist außerdem bedauerlich, dass die erst am 1. Februar 2022 in Kraft getretene neue Bauverordnung zum Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz keine Vor­gaben zur klimatechnischen Raumausstattung enthält.“

Aktuell gebe es solche dezidierten Vor­gaben in Heimen nicht, die über das allgemeine Baurecht hinausgingen, bestätigt der Sprecher des Bremer Sozialressorts, Bernd Schneider. In der Bauverordnung heißt es etwa: „In jedem Wohn- und Unterstützungsangebot soll mindestens ein ausreichend großer, geschützter und von Nutzerinnen und Nutzern selbstständig nutzbarer Außenbereich in Form eines Gartens, einer Terrasse oder eines Balkons mit einem Sonnenschutz wie zum Beispiel Markisen oder Sonnenschirmen vorgehalten werden.“ Dass ein Ziel definiert sei, das von den Trägern umzu­setzen sei, wäre wünschenswert, so Schneider.

Handlungsempfehlungen verschickt

Der Sprecher verweist auf eine Handlungsempfehlung für Pflegeeinrichtungen zum Umgang mit Hitzewellen. Diese von der Universität Potsdam mit der Johanniter-Unfall-Hilfe entwickelten Empfehlungen seien aktuell an die Bremer Heime verschickt worden. Viele Einrichtungen würden darauf zurückgreifen, bestätigt Susanne Brockmann, Pflegedirektorin der Bremer Heimstiftung. Aber nicht alles ist ohne Probleme machbar. So ließen sich einige Empfehlungen wie Temperaturmessungen der Innenräume oder die Anpassung von Bettwäsche und Kleidung sofort umsetzen. Die Entsiegelung asphaltierter Flächen und Baumpflanzungen seien hingegen aufwendiger und auch kostspieliger. „Man kann natürlich nicht alles umsetzen, da bei vielen Vorschlägen in die Bausubstanz eingegriffen werden muss“, sagt Susanne Brockmann.

Das Pflegepersonal achte an heißen Tagen vermehrt darauf, dass die Bewohnerinnen und Bewohner viel trinken. Zum Beispiel würden unterschiedliche gekühlte Getränke angeboten. Bei Menschen mit Trinkschwierigkeiten würden Trinkprotokolle angelegt. Zudem werde der Speiseplan auf leichtere Gerichte umgestellt – öfters mal ein Eis oder Melonenstücke.

Zur Prävention gehöre auch eine ausreichende Verschattung. Dafür würden in den Einrichtungen der Heimstiftung Markisen oder Verdunklungsrollos angebracht, sagt Brockmann. Auch Klebefolie werde angeboten, allerdings würden das Bewohnerinnen und Bewohner auch ablehnen; die Räume seien dann konstant dunkel. Die Bewohner selbst hätten ebenfalls Einfluss darauf, wie genau Hitzeschutz aussehen kann. Manche würden sich Ventilatoren in die Zimmer stellen.

Das Bundesumweltministerium hat bereits 2017 Handlungsempfehlungen für sogenannte Hitzeaktionspläne in Kommunen herausgegeben. Sie enthalten Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Solche Pläne gibt es etwa in Erfurt, Dresden, Köln, Worms oder Karlsruhe. Wie der WESER-KURIER berichtete, arbeitet das Gesundheitsressort derzeit an einem Hitzeaktionsplan für Bremen.



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