Hannah Krug

Multimedia Journalistin, Basel

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Bio-Essen in Kitas: Hoher Anspruch, hohe Kosten

Nachhaltige und gesunde Ernährung ist angesagt. Doch ist 100 Prozent Bio-Kost in der Gemeinschaftsverpflegung – wie die niedersächsischen Grünen jüngst forderten – auch bezahlbar? Wenn über biologische, saisonale und regionale Produkte in Schulen und Kindergärten debattiert wird, sind die hohen Kosten anscheinend immer wieder das Totschlagargument. Die Gemeinde Lilienthal bezahlt für ein Mittagessen in einer öffentlichen Kindertagesstätte 7,50 Euro, das geht aus einer Satzung von 2018 hervor. Dabei müssen Eltern zwei Euro pro Essen dazuzahlen. Kann davon ein Bio-Mittagessen finanziert werden?

Ein klares Nein kommt von Andreas Cordes, Fachbereichsleiter für Bildung und Kultur in der Gemeinde Lilienthal: "Mit einem Elternbeitrag von zwei Euro wird es nicht möglich sein, an jedem Tag ein Mittagessen mit einem hundertprozentigen Bioanteil zu finanzieren." Also müssten die Erziehungsberechtigten bei einer Umstellung auf reine Bio-Lebensmittel oben drauf zahlen.

Das muss nicht unbedingt so sein, meint die ökologische Agrarwissenschaftlerin Lea Unterholzner, die als Projektkoordinatorin für den Verein Sozialökologie ein Pilotprojekt mit drei Bremer Kitas umgesetzt hat. Während zehn Monaten hat jeweils eine Köchin ein biologisches Mittagessen für die Kinder zubereitet. Dabei sollte herausgefunden werden, ob Mehrkosten entstehen und wie hoch die sind. Damit das Ganze nicht in einem finanziellen Desaster endet, hat der Verein mit Hilfe von Spendengeldern jeden Tag pro Kind 30 Cent dazu gezahlt. "Es hat gut geklappt. Das Budget wurde nicht gesprengt", sagt Unterholzner.

Die Datenlage ist natürlich eine andere, wenn Kindertagesstätten wie in Bremen eigene Küchen besitzen. Dort stellen die Träger den Köchen und Köchinnen ein bestimmtes Budget zur Verfügung, mit dem gekocht wird. "Interessant ist für die Köche dann nur der Warenumsatz. Das können zwischen 70 und 350 Essen pro Tag sein", sagt Unterholzner. Personal-, Bewirtschaftungs- und Energiekosten werden separat abgedeckt. In den 7,50 Euro in Lilienthal seien diese Nebenkosten schon enthalten, sagt Fachbereichsleiter Cordes. Wie viel sie ausmachen und wie viel dann noch für die Lebensmittel übrig bleibt, dazu gibt es keine genaueren Angaben.

Eine wichtige Erkenntnis vom Bremer Kita-Projekt lautet dennoch: "Wenn man einfach nur die Rohstoffe austauscht – also konventionell gegen Bio – funktioniert das nicht aufwendungsneutral", sagt Unterholzner. Trotzdem würden die Kosten auch nicht explodieren. "In den letzten Jahrzehnten wurde in Deutschland generell zu wenig Geld für Essen ausgegeben und das gilt es, wieder zurückzufahren", meint Unterholzner. Weitere Aspekte betreffen die Kücheneinrichtung, wie zum Beispiel die Lagermöglichkeiten für Lebensmittel, und die Motivation, einen Raum für Innovationen zu schaffen, sowie den Kochstil. Letzteres bedeute beispielsweise: Muss es immer ein großes Stück Fleisch sein, oder gibt es noch andere günstige Eiweißquellen?

Das vom Bund geförderte Informationsportal www.oekolandbau.de warnt jedoch auch vor einer spontanen Umstellung auf reine Bio-Produkte. Es sei von Vorteil, schrittweise Biokomponenten einzuführen. So würden die Mehrkosten überschaubar bleiben und sich durch eine Mischkalkulation oder eine Anpassung des Speiseplans – wie mehr saisonales Gemüse und pflanzliche statt tierische Produkte – abfedern lassen, heißt es auf der Website. Damit die Kosten kalkulierbar bleiben, brauche es ein sorgfältiges Konzept und ein klares Ziel vor Augen: Warum und wofür machen wir das?


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