Landkreis Osterholz. Das Mittagessen für die Kinder im Wurzelkindergarten in Lilienthal wird in kleinen orangefarbenen Boxen geliefert. Die Erzieherinnen und Erzieher füllen die warmen Speisen anschließend in Schalen um. "Es soll auch nett aussehen", sagt die pädagogische Leiterin Sarah Wolke. Serviert wird viel regionales Gemüse, das genauso wie die Fleisch- und Milchprodukte aus biologischer Erzeugung stammt. "Das ist uns und den Eltern sehr wichtig", sagt Wolke.
Auch den Grünen in Niedersachsen ist es ein wichtiges Anliegen, mehr Bio in Mensen und Kantinen einzuführen. Insbesondere in Schulmensen soll so jungen Menschen der Kontakt mit regionaler Landwirtschaft und gesunder Ernährung ermöglicht werden. Vor Kurzem hat die Partei dazu einen Antrag im Landtag eingereicht. Als Vorbild gilt dabei Bremen. Die Hansestadt hat bereits 2018 beschlossen, die öffentliche Verpflegung mit ökologischen und nachhaltigen Produkten kräftig anzuschieben. Mit einem Aktionsplan, der eine stufenweise Erhöhung vorsieht, hat sich Bremen zum Ziel gesetzt, bis Ende 2022 in allen Schulen und Kitas das Essen auf 100 Prozent Bio umzustellen.
Unterschiedlich viel Bio
Die Verpflegung mit Bio-Produkten spielt auch in den Kindergärten und Grundschulen im Landkreis bereits eine Rolle. Allerdings mit sehr unterschiedlichen Stellenwerten. Das Bio-Essen für den Wurzelkindergarten bereitet die Küche des Niels-Stensen-Hauses in Lilienthal zu. Eine Sprecherin der Einrichtung teilt mit, dass aus Kapazitätsgründen gerade keine weiteren Kindertagesstätten beliefert werden können. Die Einrichtung gehört zur Stiftung Leben und Arbeiten, die einem ganzheitlichen Ansatz der Waldorf-Philosophie folgt. Ein sensibler Umgang mit der Natur steht hier im Vordergrund. Bereits vor einigen Jahren haben die dazugehörigen Hofwerkstätten mithilfe von EU-Förderungen damit begonnen, selbst angebautes Gemüse und ausschließlich Produkte in Bio-Qualität zu verarbeiten. Die Küche des dazugehörigen Parzival-Hofes in Ottersberg-Quelkhorn versorgt aktuell das Kinderhaus Lilienthal sowie den Bauernhofkindergarten Walletal in Ottersberg.
Ein großer Anbieter, der Kindergärten und Schulen in der Region versorgt, ist die Freundliche Küche der Lilienthaler Diakonie. Der Catering-Service beliefert die Kindertagesstätte sowie die DRK-Kindertagesstätte Gefkensweg in Grasberg. Außerdem den Hort in der Kindertagesstätte "Trupermoorer Kinderkahn", die Grundschule Trupermoor, die Schroeterschule, die Bambini-Kinderbetreuung und die Kindertagesstätte Schatzkiste in Lilienthal. Hinzu kommen der evangelische Kindergarten Sankt Marien sowie die Findorff-Grundschule in Osterholz-Scharmbeck.
"Wir sind noch nicht komplett auf Bio umgestiegen, aber wir versuchen alles darauf umzustellen, solange es ins Budget passt", sagt der Leiter Thomas Brüger. Im täglichen Repertoire seien regionale Lebensmittel wie Gemüse und Käse sowie Fleisch von Strohschweinen. Das sind Tiere, die artgerecht auf Stroh mit ausreichend Liegefläche gehalten werden. Außerdem werde darauf geachtet, den Geschmack der Kinder zu treffen und ihnen "eine Esskultur beizubringen". Das bedeutet auch: "Wir vermeiden Pommes und Pizza, auch wenn wir wissen, dass das die Kinder mögen", sagt Brüger.
Immer weniger Kinder essen zu Hause
Küchenchef Brüger hat beobachtet, dass immer weniger Kinder zu Hause ein warmes Mittagessen bekommen: "Beide Elternteile sind heute oft berufstätig und auch das Konzept Großfamilie hat sich verändert. Früher hat oft die Oma für die Enkelkinder gekocht." Dennoch bieten nicht alle Grundschulen und Kindertagesstätten in den Kommunen ein Mittagessen an. Das sind zum Beispiel die Grundschule in Grasberg oder der Kindergarten Worphausen in Lilienthal. Von keinem Mittagessen bis 100 Prozent Bio ist die Spannbreite in den Gemeinden von daher ziemlich groß.
Fragt man den Fachbereichsleiter für Bildung und Kultur in der Gemeinde Lilienthal, Andreas Cordes, dann ist er sehr zufrieden mit der aktuellen Situation bei den öffentlichen Kindertagesstätten: "Manche Caterer sind natürlich höher im Kurs als andere. Das ist wie beim Lieblingsrestaurant." Grundsätzlich würde das Angebot zusammen mit den Eltern abgestimmt werden, die auch zufrieden seien. "Aktuell haben wir Anbieter, die teilweise biologische Produkte und saisonales Gemüse verarbeiten", sagt Cordes.
Eigene Küchen fehlen
Der Verein Sozialökologie führt seit 2016 Projekte in Bremer Kindertagesstätten durch, die bei Köchen, Pädagogen und Kindern mehr Akzeptanz und Wissen gegenüber Biolebensmitteln vermitteln sollen. Die Agrarwissenschaftlerin Lea Unterholzner hat selbst ein Pilotprojekt mit drei Kitas begleitet. Eine wichtige Grundlage dafür sei das Vorhandensein einer eigenen Küche. "Wir haben mit unterschiedlichen Köchen und Köchinnen gearbeitet, die direkt in den Kitas das Essen zubereitet haben", berichtet Unterholzner. Das Kochen vor Ort vermeide den Transport und das Vorkochen von Speisen, wodurch Vitamine verloren gehen. Außerdem ermögliche es den Kindern einen direkten Kontakt mit der Zubereitung und den Zutaten.
In den Gemeinden Lilienthal und Grasberg gebe es kaum Einrichtungen mit eigenen Küchen, so der Fachbereichsleiter Cordes. Eine Ausnahme stellt der "Trupermoorer Kinderkahn" dar. Dort wird das Mittagessen für die drei Krippen- und drei Kindergartengruppen jeden Tag in der eigenen Küche frisch zubereitet. Sarah Wolke vom Wurzelkindergarten wünscht sich das schon seit Langem. Hürden seien hier die hohen Kosten sowie die strengen Auflagen des Veterinäramts.
Zum Original