Hannah Krug

Multimedia Journalistin, Basel

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Bekannte Rechte bei Corona-Protesten gesichtet

Rechtsextreme und Rechtspopulisten haben die Corona-Proteste genutzt, um einen Zugang zu vielen Menschen zu gewinnen, sagt Rudi Klemm, Geschäftsführer des Weser-Aller-Bündnisses (Wabe) für Demokratie und Zivilcourage. Auch in den Gemeinden Rotenburg, Verden und Ottersberg hat das Bündnis bekannte Rechte registriert, die sich an den Anti-Corona-Aktionen beteiligt hätten.

So sei Friedrich Bode bei Corona-Protesten in Rotenburg als Redner aufgetreten, berichtet Klemm. Gegen den Priester, der sich heute im Ruhestand befindet, wurde wegen rechtsextremer Äußerungen ein Disziplinarverfahren eingeleitet, so berichtete es unter anderem der WESER KURIER. "Bode hat zum Beispiel die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck bei einem Gerichtstermin unterstützt und sich hier sehr eindeutig geäußert", sagt Klemm.

Doppelter Boden

Bei den sogenannten Spaziergängen in Verden wurde im vergangenen Dezember der Rechtspopulist Felix R. gesehen, so der Koordinator von Wabe. Auf angemeldeten Demonstrationen sei er der Hauptansprechpartner für den Ordnungsdienst gewesen und auf nicht angemeldeten Versammlungen habe er die Corona-Skeptiker an den Gegendemonstranten vorbei geleitet. "Da wird doppelbödig agiert. Auf der einen Seite behaupten die öffentlichen Akteure der Proteste, es gebe keine Verbindung nach rechts. Auf der anderen Seite kümmert sich ein Rechter um den Ordnungsdienst, der eigentlich dafür sorgen soll, dass Rechte nicht mitlaufen", sagt Klemm. Über Felix R. seien frühere Verbindungen zur rechtsradikalen Szene bekannt. Heute würde er auf seinem Telegram-Profil Werbung für das rechtsextreme Musiklabel "Neuer deutscher Standard" machen. Auf Facebook veröffentliche er zudem Flyer von der rechtsextremen Kleinstpartei: Der dritte Weg.

In Ottersberg gebe es eine Gruppe von Reichsbürgern, die sich nach der nicht mehr existenten alliierten Besatzungstruppe SHAEF benannt hätten und den heutigen deutschen Staat und seine Gesetze nicht anerkennen würden. Im Zuge der Corona-Proteste würden diese Reichsbürger zahlreiche Verschwörungsideologien verbreiten, so Klemm. "Alle Menschen, die die Maskenpflicht oder Testpflicht befolgen würden, würden Hochverrat am deutschen Volk begehen," skizziert Klemm eine dieser unwahren Thesen. Die Gruppe sei auch dafür bekannt, Todesurteile von Politikern oder Journalisten zu veröffentlichen. Zudem seien Mitglieder der Gruppe bei Protesten in Rotenburg gesichtet worden.

Das Bündnis habe in den vergangenen Monaten Rückmeldungen von Menschen aus Ottersberg erhalten, die regelmäßig an den sogenannten Spaziergängen teilnehmen würden. Der O-Ton lautete häufig: "Man wäre gar nicht rechts", berichtet Klemm. Seine Kollegen und er hätten diese Leute jedoch in Telegram-Gruppen identifiziert und festgestellt, dass einige von ihnen Manifeste von Reichsbürger-Ideologien verbreiten. "Sie wurden sogar von anderen Querdenkern dafür kritisiert", sagt Klemm. Dem Geschäftsführer bereiten diese Entwicklungen Sorge. "In Westdeutschland ist das aktuell die größte Mobilisierung der rechten Szene, die zu gelingen scheint."





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