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FAZ.NET exklusiv: Deutschlands Ansehen in der Welt wächst

Als das amerikanische „Time Magazine" im Jahr 2015 Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Person des Jahres kürte, war einer damit überhaupt nicht einverstanden: Donald Trump. Der damalige Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur hatte sich ebenfalls Hoffnungen gemacht, auf dem Cover des legendären Magazins zu erscheinen. Auf Twitter tat er nach der Entscheidung seinen Unmut kund und schrieb, Merkel habe Deutschland ruiniert. Damit spielte er auf die Flüchtlingskrise an, die zu der Zeit ihren Höhepunkt erreicht hat.

Doch Donald Trump steht mit seiner negativen Meinung von Deutschland und der Kanzlerin ziemlich alleine da. Nach Ergebnissen einer qualitativen Studie der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) steigt das Ansehen Deutschlands in der Welt kontinuierlich. Befragt wurden 154 Menschen in 24 ausgewählten Ländern, die einen beruflichen oder privaten Bezug zu Deutschland haben. Die mittlerweile dritte Deutschlandstudie der GIZ erscheint am morgigen Donnerstag und liegt FAZ.NET bereits vor.

In den neunzigminütigen Interviews mit den Befragten zeigte sich, dass das gestiegene Ansehen auch mit steigenden Erwartungen an Deutschland einhergeht. Eine wichtige Rolle spielt dabei der amerikanische Präsident selbst. Denn in vielen Ländern äußern die Befragten angesichts des Machtvakuums, das Trump auf der internationalen Bühne hinterlassen hat, den Wunsch nach einem größeren deutschen Engagement. Deutschland solle diese Lücke füllen, ehe es Russland oder China täten.

Besonders in Süd- und Mittelamerika stellen die Befragten voller Sorge fest, dass ansonsten „Politiker mit totalitären Vorstellungen das Weltgeschehen übernehmen". Der Eindruck, dass Deutschland als Gegenpol zu den Vereinigten Staaten in einer chaotischen Welt geeignet sei, ist laut der Studie zu großen Teilen auf die Bundeskanzlerin und die wertebasierte deutsche Politik zurückzuführen.

Angela Merkel wird in allen Ländern, in denen befragt wurde, für ihren Einsatz bewundert. Ihre Nüchternheit sei es, die sie als Gegenspieler des als erratisch empfundenen Donald Trump qualifiziere, hört man aus Mexiko. In Kanada lobt eine Befragte Merkel als starke Persönlichkeit, die Rückgrat zeige, in China wird sie als „weibliche Ikone" gefeiert.

Deutschland wird als Vertreter der westlichen Werte in der Welt gesehen. Allerdings fordern viele, das Land müsse als solches stärker in Erscheinung treten. Dafür „muss es aus dem Schatten seiner Vergangenheit heraustreten", so ein Befragter in Iran. Auch in Ghana wird mehr deutsche Einmischung in der Welt gefordert. Dem widerspricht man jedoch in Israel. Dort steht man einer globalen Führungsrolle der Deutschen skeptisch gegenüber, und auch in Saudi-Arabien wünscht man sich Zurückhaltung.

Deutschland hat ein „menschliches Antlitz" bekommen

Auch in Fragen jenseits von Softpower gibt es unterschiedliche Meinungen. In Polen hört man den Wunsch nach einem stärkeren militärischen Engagement Deutschlands in der Nato. In der Mehrheit der Länder schätzen die Befragten allerdings die deutsche Zurückhaltung, was in Indien dazu führe, dass man „in Sicherheitsfragen auf Frankreich schaut und nicht auf Deutschland".

Doch woher kommt der Eindruck, Deutschland sei ein Verfechter westlicher Werte? Glaubt man einem Befragten aus Mexiko, so liegt es an der Flüchtlingskrise. In der habe „Deutschland bewiesen, dass die Unantastbarkeit der Würde keine leere Worthülse ist". Auch in anderen Ländern pflichten die Befragten bei, dass die Grenzöffnung Deutschland ein menschliches Antlitz gegeben habe.

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