Gerd Blank

Autor, Text, Podcast, Moderation, Hamburg

1 Abo und 3 Abonnenten
Artikel

Acht True-Wireless-Kopfhörer bis 300 Euro im Vergleichstest

Anfang Design Handling Sound Akku Preis Fazit Kommentare (9) AnzeigeGuter Klang ganz ohne Kabel, so lautet das Versprechen von True-Wireless-Kopfhörern. Wir haben acht aktuelle Modelle getestet und verraten, wem wir unser Ohr leihen.

Sie sind klein, kommen ohne Kabel aus und sorgen für klingende Ohren: True Wireless Kopfhörer sind beliebt. Das Angebot ist so riesig wie die Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Modellen - was nicht immer eine Frage des Preises ist. In unserem Test untersuchten wir acht aktuelle Modelle verschiedener Hersteller, die Preisspanne reicht von 129 Euro bis 299 Euro. Zwar gibt es auch deutlich billigere Modelle, etwa einen Klon von Apples AirPods ab 10 Euro (Testbericht) - doch die sind wirklich nicht konkurrenzfähig.

Beurteilt haben wir die Kopfhörer nach Design und Hardware, Handling, Sound, Akku und Preis - mit jeweils einen Gewinner in diesen Kategorien. Und natürlich haben wir auch einen Gesamtsieger gekürt, allerdings ist dieses Urteil nur eine Momentaufnahme und gilt nur im Vergleich mit den anderen getesteten Modellen, schließlich werden fast täglich neue Geräte vorgestellt

Getestet haben wir folgende Modelle:

Bei kabellosen In-Ears setzen sich drei unterschiedliche Bauform durch: Ohrstecker, deren Technik etwas wulstig aus dem Ohr herausragt (zum Beispiel Sennheiser Momentum oder Skullcandy Push), kleine Stecker, die fast im Ohr verschwinden (beispielsweise Nokia True Wireless Earbuds oder Cambridge Audio Melomania 1) oder In-Ears mit einem kleinen Stäbchen (Apple Airpods oder Huawei Freebuds Lite).

Beim Gewicht unterscheiden sich die getesteten In-Ears kaum: Der leichteste Ohrhörer ist mit 4,6 g der Melomania 1, der MW07 von Master & Dynamic ist mit 9 g der schwerste Kontrahent - der Rest pendelt sich dazwischen ein. Trotz des hohen Gewichts sitzt der MW07 sehr bequem. Und trotz der Größe wird hier komplett auf eine Bedienung per Touch verzichtet, alle Funktionen werden durch kleine Tasten an der Gehäusekante aufgerufen. Apropos Gehäuse: Das besteht beim MW07 aus dem natürlichen Kunststoff Azetat. Sennheiser setzt beim Momentum auf Metall und eine Touchbedienung.

Über das Design der Airpods wurden zwar viele Witze gemacht. Was die Verkäufe angeht, lacht Apple aber zuletzt. Kein In-Ear geht häufiger über den Tresen - Geschmack liegt halt im Auge des Betrachters. Die Bauweise hat allerdings einen Nachteil: Als einziger Testkandidat kommt der Kopfhörer ohne Silikonaufsätze ins Ohr. Das sorgt dafür, dass es keine vollständige Abschirmung gibt und so den Sound nicht voll entfalten kann. Außerdem ist das „one size, fits all"-Prinzip tatsächlich nicht für alle Ohren optimal. Dafür lässt sich der weiße Stecker schnell und bequem einsetzen. Alle anderen Hersteller legen ihren In-Ears Silikonaufsätze oder sogar Gummihalterungen bei, um möglichst viele Ohrgrößen zu bedienen.

In der Hand fühlen sich die Ohrhörer von Huawei und Skullcandy nicht sonderlich wertig an, sondern eher wie günstige Spielzeug-Teile aus dem Supermarkt-Sonderverkauf. Die Ohrhörer von Nokia und Cambridge Audio sind dagegen sehr gut verarbeitet, allerdings bietet das winzige Patronenkugel-Design wenig Platz für Design-Innovationen.

Auch die Ladeboxen sind unterschiedlich gestaltet. Apple setzt auf ein kleines Case in Form eines Zahnseidespenders, welches sich in der teuren Version kabellos aufladen lässt. Die Box der Galaxy Buds lässt sich per Powershare mit entsprechenden Smartphones per Powershare ebenfalls kabellos aufladen. Das Case von Master & Dynamic ist ein glänzendes Metallkästchen, welches sehr anfällig für sichtbare Kratzer ist. Ganz witzig ist das Laderöhrchen der Nokia Earbuds, bei dem sich die Schubladenhalterung mit einen Druckmechanismus aufschieben lässt. Allerdings sitzen die In-Ears hier sehr locker drin und verlieren auch gerne mal den Ladekontakt.

Bei Verarbeitung, Materialwahl und Design sehen wir die In-Ears von Sennheiser, Master & Dynamic und Apple vorn.

iPhone-Besitzer freuen dürfen sich bei den Airpods über die simple Einrichtung freuen, da die Kopfhörer vom Smartphone auch ohne Umweg über die Einstellungen sofort erkannt werden. Nutzer eines Samsung-Smartphones haben den gleichen Effekt bei den Galaxy Buds. Einfacher geht es wirklich nicht. Alle anderen In-Ears verlangen erst eine Kopplung per Bluetooth mit dem jeweiligen Zuspieler, was allerdings auch nicht sehr kompliziert ist.

Einsetzen lassen sich alle Kopfhörer mehr oder weniger gleich gut, wobei es bei den Airpods am einfachsten ist: Man hängt sie quasi einfach ins Ohr. Die Galaxy Buds lassen sich wiederum nicht so gut greifen, die Skullcandy sind dagegen ein wenig klobig.

Bei True Wireless Kopfhörer ist die Bedienung per Touch en Vogue, die Belegung der Funktionen wie Play oder Titelwahl lässt sich in den meisten Fällen per Smartphone ändern. Auch die Bedienung per Klopfzeichen geht bei allen Modellen leicht von der Hand. Master & Dynamic, Cambridge Audio und Nokia setzen dagegen auf kleine Tasten am Gehäuse. Was beim MW07 noch eine gute Entscheidung ist, stört bei den beiden Winzlingen Melomania 1 und Earbuds: Die Stecker ragen kaum aus dem Ohr, die Tasten sind winzig, die Bedienung nervt ein wenig.

Die Momentum True Wireless verfügen über Sensoren, die erkennen, ob sie im Ohr stecken. Nimmt man einen der Stecker heraus, endet automatisch Wiedergabe. Zurück im Ohr läuft die Musik weiter. Ähnliches gilt für die Airpods, die Galaxy Buds und die MW07, auch hier funktionieren die Sensoren hervorragend. Die anderen Modelle haben entweder keine Sensoren, oder sie reagieren nicht sonderlich zuverlässig.

Zuerst die gute Nachricht: In dieser Disziplin gibt es im Testumfeld keine Komplettausfälle. Dennoch sind die Unterschiede teilweise erheblich. Die Skullcandy Push liefern einen fetten Bass, kennen aber keine Nuancen. Der Sound ist nicht ausgewogen. Bei den Earbuds von Nokia ist der Sound dagegen unter Idealbedingungen sehr gut und angenehm rund. Damit dieser Idealzustand erhalten bleibt und sich der Sound nicht verflüchtigt, müssen die Stecker allerdings immer mal wieder fest ins Ohr gedrückt werden.

Die Airpods sitzen leicht locker im Ohr und verschließen daher auch nicht den Gehörgang. Dadurch verliert sich der Schall aus den Kopfhörern ein wenig, der Sound kann keinen wirklichen Druck aufbauen. Insgesamt machen die Airpods 2 bei Musik allerdings einen ganz ordentlichen Job. Ähnlich gut schlagen sich die Galaxy Buds von Samsung: Sitzen sie optimal im Ohr, ist der Sound sogar sehr gut.

Die Freebuds Lite von Huawei können dagegen nicht überzeugen. Der Sound ist sehr basslastig und wenig ausdifferenziert, insgesamt in Ordnung, aber alles andere als großartig. Die Nokia Earbuds und die Skullcandy Push nutzen nur den Standard-Codecs SBC für die Musikwiedergabe. Der so genannte Low Complexity Subband Codec stellt mit seiner Komprimierung der Sounddateien vergleichsweise geringe Anforderungen an die Hardware und braucht daher nur wenig Rechenleistung. Die Sound-Qualität ist gut, wenn hohe Bitraten geliefert werden. Sie verliert aber schnell an Qualität, wenn der Empfänger schwach ist. Die Apple Airpods, Samsung Galaxy Buds und Huawei Freebuds Lite nutzen darüber hinaus noch AAC (Advanced Audio Coding). Bei diesem hochwertigen Nachfolger von MP3 können Fehlerbehebungs- und effizientere Codierungsalgorithmen Audiomaterial genauer und besser komprimieren.

Immerhin drei getestete Modelle von Sennheiser, Master & Dynamic und Cambridge Audio nutzen den Codec aptx, mit dem Musikübertragung in Highres-Qualität möglich ist. Sound wird dabei mit einer fixen Bitrate von 354 Kbit/s übertragen, die Komprimierungsleistung ist besser - und damit die Klangqualität. Allerdings müssen dafür auch die Zuspieler diesen Codec nutzen, was zum Beispiel beim iPhone nicht der Fall ist. Auch aufgrund dieses Codecs gibt es bei den Momentum True Wireless beim Sound keinerlei Einbußen, im Gegenteil: Der warme und wohlige Bass erfüllt das Ohr, ohne zu dominieren. Die Höhen sind klar ausdifferenziert, ohne dabei klinisch zu wirken. Und die Mitten bilden wiederum für den richtigen Rahmen und sorgen für ein harmonisches Soundbild.

Auf einem gleich hohen Niveau ist der Klang der MW07. Auch hier gehen Musik und Technik eine Liebesbeziehung ein. Uns hat der sehr gute Klang der Melomania 1 positiv überrascht: Cambridge Audio ist damit ein hervorragender Einstieg in die True-Wireless-Welt geglückt. Dabei sind sie gerade einmal halb so teuer, wie die starke Konkurrenz von Sennheiser und Master & Dynamic.

Beim Telefonieren gefiel uns der Melomania allerdings nicht so gut. Die Mikrofone übertragen die Stimme nicht optimal zum Gesprächspartner. Hier schlagen sich die In-Ears von Sennheiser, Master & Dynamic, Samsung und Apple deutlich besser.

Die Gesamtlaufzeit der Skullcandy Push ist mit zwölf Stunden enttäuschend. Einmal aufgeladen, spielen sie zwar bis zu sechs Stunden Musik ab, das Case schafft aber lediglich eine weitere Ladung. Die Momentum lassen sich zwar zweimal in ihrem Case aufladen, aber dafür laufen sie nur bis zu vier Stunden, was insgesamt ebenfalls nur magere zwölf Stunden Spielzeit ergibt. Die MW07 und die Earbuds kommen immerhin auf 14 Stunden, die Freebuds Lite auf 15 Stunden.

Etwa doppelt so lange halten die Airpods (29 Stunden) und Galaxy Buds (30 Stunden) durch. Doch selbst diese gute Leistung wird von den Melomania 1 noch übertroffen: 9 Stunden halten die Ohrhörer durch, bis zu viermal können sie mit der Box aufgeladen werden - was für eine Gesamtspielzeit von bis zu 45 Stunden sorgt.

Mit etwa 130 Euro haben die Modelle von Nokia, Huawei, Skullcandy und Cambridge die niedrigste unverbindliche Preisempfehlung (UVP), dicht gefolgt von Samsung mit 149 Euro. Apple verlangt 179 Euro (229 Euro mit kabelloser Ladeschale). Sennheiser und Master & Dynamic liegen gleichauf mit 299 Euro. Es lohnt sich, unseren Preisvergleich zu nutzen, da die Marktpreise bei den meisten Modellen deutlich günstiger sind.

Wer nur ein kleines Budget zur Verfügung hat, nur ab und zu ein wenig Musik beim Busfahren hört oder generell keinen großen Wert auf optimalen Klang legt, kann ruhig die Push, Earbuds oder Freebuds kaufen.

Einen deutlich besseren Klang bieten die Galaxy Buds oder die Airpods: Sowohl Samsung als auch Apple spendieren ihren kabellosen Kopfhörern einen Sound, der sie zu guten akustischen Begleitern macht. Beide Modelle lassen sich zudem - besonders in Verbindung mit einem Smartphone des jeweiligen Unternehmens - gut bedienen und bieten so eine sehr solide Kombination aus Sound, Design und Komfort.

Doch wenn der Klang bei der Kaufentscheidung zählt, kann es in diesem Test nur zwei Sieger geben. Schließlich reproduzieren die In-Ears von Sennheiser und Master & Dynamic den besten Sound in diesem Umfeld. Die Momentum True Wireless erschaffen einen Sound, bei dem es kaum Potenzial für Verbesserung gibt und auch beim MW07 darf man sich über die bestmögliche akustische Darstellung seiner Lieblingssongs freuen. Allerdings muss man für die hohe Qualität auch besonders tief in die Tasche greifen.

Nur halb so teuer, soundtechnisch aber kaum schlechter, ist der Melomania 1. Er klingt warm, weich und schön, der Bass ist einschmeichelnd, die Höhen sind klar und fein und die Mitten verleihen dem Sound eine Präsenz, als wäre man live dabei. Für uns sind die True Wireless Kopfhörer von Cambridge Audio nicht nur die Preis-Leistungssieger in diesem Test, sondern auch die Gewinner unserer Ohren und Herzen.

Permalink: https://techstage.de/-4491530

Zum Original