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Traumpartner und Traumportfolio per Algorithmus finden

Wer einen Hirsch erlegen will, muss auf die Jagd. Das heißt für Singlefrauen und Singlemänner, die ihre Liebe fürs Leben finden wollen: Raus aus dem Haus und ab in die Kneipe, auf das Hafenfest, eben dahin, wo sich möglichst viele potenzielle Partner aufhalten. Der Zauber der ersten Momente, die ersten tiefen Blicke in die Augen - sie schaffen die Erinnerungen, die bleiben. Der Schönheitsfehler: Frauen in Kneipen und auf Partys ansprechen ist nicht jedermanns Sache. Und: Wer hat schon Zeit und Lust stundenlang bei schlechter Musik an der Theke auf seinen passenden Traumprinzen zu warten? Fazit: Bei der Liebe auf den ersten Blick hängen Sie vom Zufall ab. Je mehr Chancen Sie dem Zufall geben, desto wahrscheinlicher wird er eintreten. Doch ob und wann das passiert, steht in den Sternen. Genau das macht das Offline-Kennenlernen zeitaufwändig und unberechenbar.

Zeiteffizient, flexibel und erst einmal anonym

Eine zeiteffiziente und flexible Partnersuche bieten dagegen Online-Partnervermittlungen. Wer mag, begibt sich nach einem anstrengenden Arbeitstag nachts auf die virtuelle Pirsch, andere checken lieber während der Mittagspause, was sich online so tut. Dabei hat der User selbst in der Hand, welche soziodemografischen Merkmale der Wunschpartner mitbringen soll: Alter, Größe, Wohnort. Aber Obacht: So zählen Altersgrenzen, Körperlänge und Einzugsgebiet beispielsweise bei der Online-Partnervermittlung Parship in Hamburg zu den ausschließenden Kriterien. Heißt konkret: Wer als obere Altersgrenze 35 Jahre einträgt, bekommt die 36-jährige, vielgereiste Modedesignerin eben nicht vorgeschlagen. „Singles auf Partnersuche sollten immer den Blick über den Tellerrand wagen und auch mal aus ihrem bisherigen Beuteschema ausbrechen", findet daher Parship-Psychologe und Beziehungsexperte Markus Ernst. Ob zwei Menschen gut miteinander harmonieren, entscheide sich nämlich selten an Äußerlichkeiten. Ernst: „Es ist sehr gut möglich, dass der passende Partner 10 Zentimeter kleiner ist als man es sich gewünscht hat, blond statt brünett oder drei Jahre jünger oder auch älter."

So viel Gemeinsamkeiten wie möglich, so viele Unterschiede wie nötig

Damit die Suche losgehen kann, muss jeder Kandidat zuerst seine „Bringschuld" erfüllen und dutzende Fragen beantworten. Dazu zählen Vorlieben bei der Freizeit genauso wie das Deuten von Traumbildern. Das US-amerikanische Dating-Portal OKCupid erkundigt sich nach scheinbar abstrusen Details. Es fragt nach dem Faible für Horrorfilme, nach Rechtschreibfehlern und herumliegenden Socken. Der Grund: Paare, die zusammenpassen, haben Fragen nach diesen Themen besonders häufig gleichlautend beantwortet. Die Fragen reichen die User von OKCupid ein. „Wir sammeln nur die Antworten, und unser Algorithmus ermittelt, welche von ihnen die Anziehungskraft zwischen zwei Menschen besonders gut vorhersagen", sagt Christian Rudder, der Gründer von OKCupid. So sei eine gemeinsame Vorliebe für Horrorfilme aussagekräftiger als die politische oder religiöse Einstellung, selbst als sexuelle Vorlieben.

Erst danach „matched" das Portal die anonymen Datensätze. Der hauseigene Algorithmus, das zentrale Betriebsgeheimnis einer jeden Online-Partnervermittlung, bringt Menschen mit ähnlichen Einstellungen, Interessen und Macken zusammen. Diese Gemeinsamkeiten haben ihre Berechtigung: Stellen Sie sich ein Paar vor, bei denen einer gerne kuschelt, aber der andere lieber auf Distanz bleibt. Die beiden werden wohl langfristig nicht miteinander glücklich. Doch auch Unterschiede zahlen sich aus, etwa bei Charaktermerkmalen wie Durchsetzungswille und Dominanz. Denn wenn beide Alphatierchen sind, fliegen bald nur noch die Fetzen.

Ein Algorithmus agiert rational und lässt sich nicht von Optik ablenken

Partnersuche per Algorithmus - das klingt jetzt wahnsinnig unromantisch, doch die aufwändige Profilerstellung und der zu entrichtende Abo-Preis haben entscheidende Vorteile: Zum einen treten nur Menschen mit Ihnen in Kontakt, die es ernst meinen und bereit sind dafür Zeit und Geld zu investieren. Wer eine Liaison sucht, findet diese auf einschlägigen Portalen oder eben auf dem Hafenfest schneller und einfacher. Auch lässt sich ein Algorithmus bei der Frage, wer charakterlich zu Ihnen passt, nicht von Emotionen, Hormonen oder Optik beeinflussen. Er orientiert sich an einer Vielzahl objektiver Parameter, die ein Mensch nicht wissen kann, und agiert dabei stets rational. Partnervermittlung per Algorithmus heißt damit auch: Sie lernen Menschen kennen, die Sie offline per Zufall niemals getroffen hätten. Partnersuche per Online-Vermittlung ist aber auch aus einem ganz simplen Grund erfolgreich: Die Algorithmen gleichen suchende Singles mit einer ungleich größeren Menge an Kandidaten ab als es ein einzelner Mensch offline je schaffen könnte.

Daher werden Algorithmen als Instrument nicht nur bei der Partnersuche eingesetzt, sondern zum Beispiel auch bei der Geldanlage: Die Frage „Welcher Partner passt zu mir?" lässt sich schließlich durch den Tausch eines einzigen Wortes in „Welches Portfolio passt zu mir?" verwandeln. Die Rede ist vom sogenannten „Robo-Advisor", auf Deutsch etwa „Robo-Berater" oder auch „digitale Vermögensverwaltung". Auch ein Robo-Advisor berücksichtigt persönliche Einstellungen und Verhaltensweisen, nur eben nicht in Liebesdingen, sondern in Sachen Geldanlage. Beispielsweise will ein Robo-Advisor wissen, welchen Anlagehorizont der Kunde bevorzugt und wie viel Risiko er bereit ist mit seiner Geldanlage einzugehen....Nur das Ergebnis weicht ab: Statt des passenden Partners gibt es das passende digitale Portfolio.

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