Ich habe einen Freund, den kaum etwas umwirft - bis heute frage ich mich, wie er sein Unternehmen seelisch unbeschadet durch die Finanzkrise geführt hat. Ein einziges Mal nur habe ich ihn am Rande der Verzweiflung erlebt: als er mit seinem Büro innerhalb Hamburgs umzog und seine Firma im „Diese Rufnummer ist uns nicht bekannt"-Orkus verscholl. Einen Kurzurlaub lang hat der Mann mehr Zeit mit der Hotline seines Festnetzanbieters verbracht als mit uns.
Derlei Unbill droht mir nicht: Soeben habe ich das zweite Büro in Folge bezogen, das gar keine Festnetzbuchsen mehr hat. Wer hier seine Firma nicht per Handy führen mag (oder kann, weil auf sein Netz so viel Verlass ist wie auf Horst Seehofer), dem bleibt gar nichts anderes übrig, als auf Internet-Telefonie umzustellen oder, um die Protzvokabel zu bemühen: Voice over IP (VoIP).
In der Theorie ganz simpel: Rufnummer bei einem VoIP-Anbieter wie Sipgate gebucht (wer nur eine einzige Rufnummer braucht, bekommt die sogar ohne Grundgebühr), Telefoniesoftware auf dem Laptop installiert, schon telefoniere ich unter meiner 040-Nummer in Singapur oder Bordeaux so günstig wie daheim in Altona - solange ich Internet habe.
Mit den passenden Apps wird auch das Smartphone VoIP-fähig, und wer ein klassisches Telefon auf dem Schreibtisch braucht, bekommt ab 40 Euro ein VoIP-Modell, das so hässlich ist wie dessen Vorfahren - aber eben nicht mehr an die Telefonbuchse angeschlossen wird.
So weit zur Theorie. In der Praxis lernt der VoIP-Novize schnell und schmerzhaft, dass es einem technischen Wunder gleichkommt, Sprache in Datenpakete zu zerhacken, durchs Netz zu jagen und fehlerfrei wieder zusammenzubauen - und das alles in zwei Richtungen gleichzeitig.
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