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Warten auf den Corona-Test: Münchner Schüler in Quarantäne

Allein in München werden zurzeit täglich ungefähr 600 bis 800 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne geschickt. Ungefähr 50 Münchner Schulen melden derzeit in einzelnen Klassen Coronafälle. Wie überall in Bayern wird in diesem Fall die komplette betroffene Klasse nach Hause geschickt, denn die Mitschüler sind automatisch Kontaktpersonen der Kategorie 1. Das bedeutet: 14 Tage häusliche Quarantäne und zwei Coronatests. Aber, selbst zwei negative Ergebnisse verkürzen die Quarantänezeit nicht.


Planmäßig sollten alle Schülerinnen und Schüler der betroffenen Klassen möglichst schnell getestet werden. Im Idealfall an Tag 1 der Ermittlungen, dann noch einmal fünf bis sieben Tage später. So soll laut der bayerischen Teststrategie möglichst genau der Zeitraum getroffen werden, in dem eine Ansteckung gut nachweisbar ist.


211 Schüler einer Münchner Schule in Quarantäne

Doch schon an der Kontaktaufnahme des Gesundheitsamts mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern hapert es zurzeit. Am Erasmus-Grasser-Gymnasium in München Sendling-Westpark wurden laut Schulleiter Alexander Schröder zwischen dem 15.9. und 18.9. drei positive Coronafälle in der Q11 und Q12 bekannt. Durch das Kurssystem in der Oberstufe seien besonders viele Schülerinnen und Schüler betroffen. Im Moment befänden sich allein an dieser Schule 211 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne. Doch eine Woche nach Bekanntwerden des ersten Falls waren seines Wissens noch keine Eltern vom Gesundheitsamt bezüglich eines Coronatests kontaktiert worden. Es habe allerdings Eltern gegeben, die eigenständig Tests für ihre Kinder organisiert hätten.


Eltern organisieren die Tests selbst

Ähnlich ging es einem Mitglied des Elternbeirats des Neuperlacher Heinrich-Heine-Gymnasiums. Ihre Tochter besucht die Q11, auch in dieser Stufe wurde Anfang letzter Woche ein Coronafall bekannt. Nach drei Tagen des Wartens auf einen Anruf des Gesundheitsamts rief die Mutter kurzerhand bei der Hotline an. Sie bekam die Erlaubnis, selbst einen Testtermin beim Hausarzt zu organisieren. Eine Stunde später meldete sich das dann erstmals offiziell das zuständige Gesundheitsamt. Zu diesem Zeitpunkt war der selbst organisierte Test jedoch schon für den Folgetag geplant. Doch damit nicht genug, das Testergebnis sei im Labor verloren gegangen, die Tochter habe einen weiteren Test machen müssen.


Die Mutter hat viel Verständnis für das überlastete Gesundheitsamt, sie verstehe aber nicht, warum die Schüler auch nach einem zweiten negativen Testergebnis weiterhin in Quarantäne bleiben müssten, obwohl während des Unterrichts die Maskenpflicht bestanden hätte. Gerade in der Oberstufe sei durch das Kurssystem schnell ein Großteil der Stufe betroffen und die Noten zählten teilweise schon fürs Abitur. Eine andere Mutter der Schule berichtet, Kinder seien nach dem Vorfall weinend nach Hause gekommen, nach mehreren Monaten mit erschwerten Unterrichtsbedingungen wollten sie nicht schon wieder Präsenzunterricht verpassen.


Kein Ergebnis vor dem zweiten Test

Ein betroffener Vater der gleichen Schule wartete den offiziellen Anruf des Gesundheitsamts ab. Vereinbart wurden bei diesem Anruf Termine für beide Tests. Der erste wurde für Samstag, also fünf Tage nach Bekanntwerden des Coronafalls, angekündigt, irgendwann zwischen 8 und 22 Uhr. Ein Elternteil hätte dafür den ganzen Tag zu Hause mit dem Kind warten müssen um ein entsprechendes Formular auszufüllen. Doch am Samstag kam niemand mehr, erst am Sonntag klappte es.


Auf das Testergebnis, so wurde der Familie schon am Telefon mitgeteilt, müsse man 24, 48 Stunden oder auch länger warten. Der zweite Testtermin, planmäßig angeordnet für den darauffolgenden Dienstag, fand in diesem Fall statt, ohne dass die Familie das Ergebnis des ersten Tests kannte. Der Vater ergänzt schriftlich: "Die Chancen stehen gut, dass das Ergebnis des zweiten Tests eher da ist als das des Ersten."


Es kann dauern, bis Kontaktpersonen kontaktiert werden

Aufgrund des massiven Aufkommens von bis zu 800 zu kontaktierenden Personen pro Tag, könne es derzeit einige wenige Tage dauern, bis Kontaktpersonen der Kategorie 1 vom Gesundheitsamt persönlich kontaktiert werden, so eine Sprecherin des Münchner Referats für Gesundheit und Umwelt. Die Eltern werden jedoch schon vorher durch die Schulleitungen mit den wichtigsten Informationen versorgt. So erfahren diese direkt durch die Schule, dass Eltern und Geschwister einer Kontaktperson der Kategorie 1 nicht in Quarantäne müssen.

Statt aufs Gesundheitsamt zu warten, nahm das Gisela-Gymnasium in München Schwabing nach mehreren Coronafällen an der Schule die Testung kurzerhand selbst in die Hand. In einer Kooperation mit dem nahgelegenen Tropeninstitut des LMU-Klinikums, die schon seit August besteht, führten sie Coronatests an mehreren Stufen der Schule durch. Doch das könne bei der Überlastung des Münchner Gesundheitsamts keine Lösung für alle Münchner Schulen sein, so der Leiter des Tropeninstituts, Dr. Michael Hoelscher.


Bundeswehr soll unterstützen

Um das Münchner Gesundheitsamt zu entlasten, gab Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Anfang der Woche bekannt, dass dieses zukünftig durch die Bundeswehr unterstützt werden soll: "Wir werden die Bundeswehr bitten, 100 Leute zur Verfügung zu stellen, um die Nachverfolgung zu verbessern." Bis dahin gibt es einen kleinen Trost für betroffene Eltern und Schüler: Nach der 14-tägigen Quarantäne dürfen symptomfreie Schülerinnen und Schüler wieder in die Schule, auch wenn sie bis dahin nicht kontaktiert und getestet wurden.

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