Im Wettlauf um neue Technologien und Innovationen lohnt es sich, schnell zu sein. Die Unternehmen, die in ihrem Markt besonders stark werden, lassen die Konkurrenz etwa in Hinblick auf das Umsatzwachstum schnell hinter sich. Google und Facebook sind Paradebeispiele für solche Superstar-Firmen. Es gibt sie zunehmend auch in Deutschland.
„Herzlichen Glückwunsch", könnte man sagen. Doch die Macht der einen schadet den anderen. Analysen zeigen, dass die Lohnquote, also der Lohnanteil am wirtschaftlichen Gesamteinkommen, im deutschen Dienstleistungssektor sinkt.
Das bedeutet, dass Firmen immer mehr Geld verdienen, die Arbeitnehmer aber immer weniger daran beteiligt werden. Eine Reform der Vermögenspolitik, die mehr Menschen zu Kapitaleignern macht, könnte helfen. Unerwartet Fahrt aufgenommen hat die Debatte durch den Vorschlag des CDU-Politikers Friedrich Merz, Aktienbesitz zur Altersvorsorge steuerlich zu begünstigen. Je mehr Menschen Aktien besitzen, desto stärker könnten sie vom Wirtschaftsboom profitieren. Sein Vorschlag stieß nicht nur auf Applaus. Diverse Ökonomen haben sich dazu mit Lob, Kritik und Gegenvorschlägen geäußert, hier eine Übersicht:
Von Steuererleichterungen zum StaatsfondsDIW-Präsident Marcel Fratzscher kritisiert Merz' Idee der steuerlichen Subventionierung von Aktienbesitz. Davon würden letzten Endes wieder nur die Vermögenden profitieren. Der Grund: 40 Prozent der Deutschen haben keine Ersparnisse und somit auch kein Geld, das sie in Aktien investieren könnten. Geringverdiener würden deshalb quasi gar nicht von Steuererleichterungen profitieren.
Der Ökonom Jens Südekum weist darüber hinaus darauf hin, dass 50 Prozent der Deutschen aufgrund ihrer geringen Löhne nur maximal sieben Prozent ihres Bruttoeinkommens an Einkommensteuer zahlen . Steuererleichterungen aufs Einkommen brächten ihnen also nur sehr wenig.
Wie ein Staatsfonds aussehen könnteEine andere Möglichkeit ist es, Erträge regelmäßig direkt an die Bevölkerung auszuzahlen. Davon profitieren dann auch diejenigen 50 Prozent der Deutschen, die kein nennenswertes Vermögen besitzen.
Fratzscher schlägt einen Staatsfonds vor, in den nicht nur der Staat, sondern alle Erwerbstätigen einzahlen. Diejenigen, die nur sehr wenig selbst sparen können, würden Zuschüsse vom Staat, also Anteile geschenkt bekommen. Der Staatsfonds sollte dann in Unternehmen investieren, damit alle Bürger vom technologischen Wandel profitieren. Fratzscher weist darauf hin, dass der Fonds nur dann für alle von Vorteil ist, wenn die Transparenz hoch ist und die Gebühren gering sind.
Ein Fonds allein reicht nichtZusätzlich zu einem Staatsfonds sollen Normalverdiener laut Hagelüken von Steuern und Geringverdiener von Sozialabgaben entlastet werden. Außerdem sollten Tarifverträge allgemein gültig sein. Nur so sei es möglich, dass die oben genannten 50 Prozent Geld zum Aktienkauf oder eben zum Investieren in einen Staatsfonds zur Verfügung haben.
Südekum fügt der Liste an Ergänzungen zum Fonds noch hinzu, dass es massive Investitionen in die Wissensinfrastruktur geben sollte, um die Produktivität breiter zu streuen und nicht nur einzelnen zu überlassen. Dazu gehört auch die Verbesserung von Aus- und Weiterbildung.
Das hieße, dass sich das Wissen und die technologischen Möglichkeiten nicht mehr nur auf einzelne große Firmen konzentrieren würde. Das kann dem eingangs beschriebenen Sinken der Lohnquote entgegenwirken.
Kritiker gegen AuslandsinvestmentsEs scheint, als hätten viele Ökonomen sich geeinigt: Der Staatsfonds ist prinzipiell eine gute Idee, an der konkreten Ausarbeitung muss noch gearbeitet werden. Doch nicht alle stimmen dem zu. Tom Krebs, Professor für Makroökonomie an der Universität Mannheim, spricht sich gegen einen Staatsfonds aus , der in globale Finanzmärkte investieren würde - so wie der norwegische. Er ist der Meinung, dass Deutschland sein Geld besser in die deutsche Infrastruktur investieren sollte. Er plädiert für einen Bürgerfonds, der öffentliche Investitionen, beispielsweise in Schulen und bezahlbaren Wohnraum, unterstützt..
Es ist wichtig, über die Besitzverhältnisse der Deutschen zu sprechen, damit die weniger stark verdienenden Bevölkerungsgruppen in Zeiten des technologischen Fortschritts nicht finanziell abgehängt werden. Friedrich Merz ist zwar nicht zum CDU-Parteivorsitzenden gewählt worden. Trotzdem sollte eine Reform der Vermögenspolitik fester Bestandteil der politischen Agenda werden, um das Fallen der Lohnquote und die zunehmende Ungleichheit in Deutschland aufzuhalten.