Afrikas Mittelklasse ist klein. Gerade einmal sechs Prozent der Menschen auf diesem Riesenkontinent gehören dazu: Ärzte, Ingenieure, Rechtsanwälte. Sie verdienen zehn, vielleicht zwanzig Dollar am Tag. Wofür sie ihr Geld ausgeben? Wohnen, klar, Essen, auch klar. Und Mode. Die Branche wächst wie wenige in Afrika.
Mehr als 30 Modenschauen gibt es in Afrika pro Jahr. Selbst in der Republik Kongo, wo die Erdölbarone reich und viele Menschen eher arm sind. Für junge Frauen wie Vanessa Kilem bedeutet das Modebusiness eine Chance auf ein besseres Leben - die 23-Jährige wurde ausgewählt, um auf der Fashion Week in Kinshasa zu laufen:
Vanessa präsentiert Kleider, die sie sich niemals leisten könnte. Afrikas 170.000 Millionären gehört etwa ein Drittel des Privatvermögens. Sie gehören zu den privilegierten Käufern von Haute Couture.
Der Markt boomt. Die Mittelschicht in den Hauptstädten kauft bei Zara, Mango und H&M, die europäischen Modeketten sind längst nach Südafrika expandiert, Mango auch nach Nigeria.
Instagram und Facebook helfen, die Trends über afrikanische Ländergrenzen hinweg zu verbreiten.
Die Designerin Namnyak Odupoy setzt mit ihrem Luxus-Label auf den afrikanischen Markt. Ihr Stil? Ein bisschen Westen. Ein bisschen Tradition. Und viel Zeit:
Vor dem Beginn der Show sammeln sich Models und Stylisten im Backstage-Bereich. Nur wenige Fotografen dürfen hinter die Kulissen einer Fashionshow. An Per-Anders Pettersson haben sich inzwischen alle gewöhnt. Der schwedische Fotograf macht das schon seit sechs Jahren. Was er dabei erlebt hat?
Petterssons Fotos gingen um die Welt, waren in der französischen „Marie Claire" zu sehen. Doch der Weg auf den Weltmarkt ist für afrikanische Mode noch immer schwer. Zwar gibt es sie, die international bekannten Labels: Kisua, Bantu Wax, Woodin oder Tangerine. Beyoncé, Rihanna oder Michelle Obama tragen afrikanische Mode.
Aber es fehlt an vielem: Mal gibt es zu wenige oder zu schlechte Transportwege. Mal können die Textilfabriken nicht genug produzieren.
Und oft tun sich die Menschen in Europa oder Amerika noch schwer mit dem Design aus Afrika. Und die Plätze auf Shows in Paris und London sind begrenzt. Ganz anders in Afrika:
Die wichtige erste Reihe am Catwalk ist nur spärlich besetzt. Aber sobald die Männer kommen, wird es lauter im Publikum. Die Gruppe der „Sapeurs" aus Kinshasa etwa besteht vor allem aus arbeitslosen jungen Männern aus den Armenvierteln:
Zweimal im Jahr gibt es in Afrika die Menswear Fashion Week - Stylist Stuurman ist auch in diesem Jahr dabei:
Was Afrika fehlt? Franca Sozanni, die Chefredakteurin der italienischen „Vogue", schwärmt vom enormen Potenzial der afrikanischen Mode auf dem Weltmarkt. Aber sie ist eben noch keine Marke. Nicht so wie „Made in Italy".
Und doch ist Mode eine Chance. Für Vanessa Kilem, das Model. Für Namnyak Odupoy, die Designerin. Für Trevor Stuurman, den Stylisten. Und auch für Per-Anders Pettersson, den Backstage-Fotografen. Da passiert gerade etwas Neues. Etwas, was nichts mit Krieg, Hunger und Armut zu tun hat. Und sie alle sind dabei.