»Herr Doktor, wie lange dauert es noch?« Thomas Joist dreht sich um, geht zurück ins Zimmer und nimmt die Hand der alten Dame. Eigentlich war er schon fast durch die Tür. Doch im Hinausgehen stellt die 88-Jährige die Frage, die ihr offenbar die ganze Zeit im Kopf herumschwirrte. Wann bin ich endlich tot? Therese Liebrecht hat Krebs. Sie verblutet quasi von innen, möchte aber keine Transfusion. Denn Spaß macht ihr das Leben nicht mehr; erst recht nicht, seitdem ihr geliebtes Kätzchen kürzlich gestorben ist. Seit vier Monaten lebt Frau Liebrecht in einem Kölner Seniorenzentrum. Joist ist ihr Hausarzt – seit 18 Jahren. Und er begleitet sie auch am Lebensende. Denn der 52-Jährige ist nicht nur Allgemeinarzt, sondern auch Palliativmediziner.
Palliativmedizin bedeutet, nicht mehr heilbaren Menschen, deren Lebensdauer absehbar verkürzt ist, das Lebensende so angenehm wie möglich zu gestalten. Dazu gehört neben Schmerzmitteln alles, was irgendwie gut tun kann: Seelsorge und psychologische Gespräche, Kunst- und Musiktherapie oder Tierbesuche. Frau Liebrecht bekommt mit ihren fast 90 Jahren zum ersten Mal Shiatsu-Therapie. Und zwar so oft sie möchte. »In der Palliativversorgung gibt es keine Kosten-Obergrenzen«, erläutert Joist. Ein Unikum in der deutschen Bürokratie.
....Auszeichnung: Lobende Erwähnung beim Senioren-Journalistenpreis 2017
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