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Im Heilungsraum in Duisburg sollen Wunder geschehen

Der Heilungsraum in Duisburg. Hinter dieser Tür beten Mitglieder des gleichnamigen Vereins für die Gesundheit (tod)kranker Menschen. Foto: Stephan Eickershoff

Duisburg. Kranke Menschen pilgern zum „Healing Room" nach Duisburg. Nicht wenige setzen in die heilsame Kraft des Gebets ihre letzte Hoffnung. Doch eine Wechselwirkung zwischen Religion und Heilung ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Nicht nur deshalb sind die Heilungsräume umstritten.

Es klingt unglaublich, was im Duisburger „Heilungsraum" passieren soll: Das rechte Bein von Andrea R. war angeblich drei Zentimeter kürzer als das linke. Die Folge: ein Beckenschiefstand, Haltungsprobleme, Rückenschmerzen. Die Frau wusste weder ein noch aus. In ihrer Not ging sie zum Heilungsraum in Duisburg.

Die Mitarbeiter des Vereins beteten mit ihr um Heilung. Und ihr verkürztes Bein wuchs. Einen Zentimeter, zwei Zentimeter, drei Zentimeter. So berichtet es zumindest Joachim Gunia, einer der Leiter der Einrichtung. Er meint es ernst. „Man konnte zusehen, wie das Bein gewachsen ist", sagt der 52-jährige Sozialpädagoge. „Solche spontanen Heilungen habe ich wiederholt erlebt, obwohl die Gesundung meist mehr Zeit in Anspruch nimmt." Gibt es Wunder also wirklich, Herr Gunia? „Ja, Wunder gibt es."

Seit 2003 verbreiten sich in Deutschland sogenannte „Healing Rooms" (Heilungsräume). Diese christliche Bewegung ohne kirchliche Anbindung, bei der für Kranke um Heilung gebetet wird, stammt aus den USA. Etwa 20 Heilungsräume gibt es in Deutschland. Vor sieben Jahren öffnete auch einer in Duisburg. Zwölf Leute, allesamt „gestandene Christen", so Gunia, wollen dort kranke Menschen „gesundbeten". Etwa 50 bis 60 Ratsuchende stehen pro Jahr vor ihrer Tür in Neudorf und lesen das Schild mit der Inschrift „GOTT will, dass es Ihnen GUT geht! Und WIR möchten das AUCH!"

Die Menschen kommen aus dem gesamten Ruhrgebiet. Die meisten leiden selbst an einer Krankheit . Es gibt aber auch verzweifelte Eltern, die für die Gesundheit ihrer kranken Kinder beten lassen. Und in welchen Fällen ist Heilung möglich? „Die Menschen geben sich in Gottes Hand. Und Gott ist es, der entscheidet, ob Heilung eintritt", sagt Gunia. Eine Erfolgsquote kann er nicht nennen. „Aber prinzipiell ist bei jeder Krankheit eine Linderung oder die komplette Heilung möglich."

„Nicht überraschend", findet der Theologe Kai Funkschmidt von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin, dass viele Besucher von Healing Rooms Heilungen erfahren. Er argumentiert, dass viele Krankheiten nach gewisser Zeit von alleine oder nach schulmedizinischer Behandlung verschwänden und verweist darauf, dass es sogar bei manchen Krebsarten relativ hohe unerklärte Spontanheilungsraten gibt. „Es gibt aber keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Religiosität, Gebet und Heilungen."

„Vorsicht ist immer geboten"

Und wenn der Heilungserfolg bei einem verzweifelten Menschen ausbleibt, könne das zu einem Problem werden, weil sich der Betroffene unter Druck setze. „Wer nicht gesund wird, fürchtet, sein Glaube sei nicht stark genug", sagt Christoph Grotepass von der Sekten-Info NRW. Anfragen im Zusammenhang mit Heilungsräumen halten sich bei seiner Beratungsstelle in Grenzen, obwohl die Angebote oftmals in einem christlich-fundamentalistischen Zusammenhang stehen.

Sind die Einrichtungen denn bedenklich? „Es hängt davon ab, wer da mitmacht und wie die das aufziehen", sagt Grotepass. „Der Glaube an einen freundlichen Gott kann hilfreich sein, weil er Kraft gibt", sagt der Theologe. Der Glaube an eine strafende Gottheit hingegen könne kontraproduktiv sein. „Vorsicht ist immer geboten. Nur dass da keiner ist, der einen abzocken will, heißt nicht, dass die Einrichtung das Prädikat ,wertvoll' verdient." Besonders wichtig sei, dass das Gebet nicht als Alternative zu einer Behandlung durch einen Arzt angepriesen wird.

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