Es ist früher Morgen, als Sagun Shresta in Kathmandu ankommt. Ein junger Mann mit ebenmäßigen Gesichtszügen und warmen, braunen Augen. Schon von Weitem erkennt er das Gedränge der zentralen Busstation Ratna Park. Sagun ist nervös. Früher kam er oft in die Hauptstadt, um für sein kleines Restaurant in seinem Heimatort einzukaufen, aber es sind unruhige Zeiten in Nepal. Unsichere Zeiten. Seit ein paar Wochen setzt die Regierung das Militär gegen die maoistischen Rebellen ein. Trotzdem geht sein Vater gegen die Monarchie demonstrieren, sie haben oft darüber gestritten in letzter Zeit.
Der Bus biegt auf den grauen, staubigen Platz, zwischen Transportern und Minivans drängen sich Frauen mit schweren Warenkörben, der Motorenlärm in der Luft mischt sich mit dem Bellen der streunenden Hunde. Sagun steigt aus dem Bus, er nimmt sich vor, seine Einkäufe heute schnell zu erledigen und dann sofort zurückzufahren, zu seiner Frau und den beiden Kindern.
Aber sie warten auf ihn. Eine Gruppe bewaffneter Männer in Uniformen. Sie kreisen Sagun ein, bedrohen ihn, zerren ihn weg. Mehr können die Bekannten aus Saguns Heimatort, welche die Szene aus der Ferne beobachten, nicht erkennen. Es ist das letzte Mal, das Sagun gesehen wird. Am 30. Dezember 2004 verliert sich seine Spur im Gedränge von Ratna Park.
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