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Fünf Mythen über das Zitieren im Netz

Fünf Mythen über das Zitieren im Netz

Das gibt es immer: Jemand liegt falsch im Internet. Und es ist der klassische Fall fürs Zitatrecht: Was liegt näher, als selbst einen Artikel zu veröffentlichen, ein paar Passagen aufzuspießen und eine andere Sicht auf die Dinge einzunehmen? Ohne das Zitatrecht wären öffentliche Debatten nicht möglich. Doch darüber hinaus hat man es beim Publizieren im Netz seltener mit dem Zitatrecht zu tun als gedacht. Fünf populäre Mythen:
1) Ich kann alles zitieren, solange ich die Quelle angebe

2) Artikelhinweise in Blogs sind Zitate

Einen kompletten Artikel zu übernehmen, fällt nicht unter das Zitatrecht, auch wenn man die Quelle nennt - jedenfalls dann, wenn man im Internet oder anderen Medien journalistisch publiziert. Bei wissenschaftlichen Arbeiten kann das als sogenanntes „Großzitat" erlaubt sein. Für ein Zitat braucht es vor allem einen Zitatzweck: Ein inhaltlicher Bezug wird hergestellt, man setzt sich mit dem zitierten Inhalt auseinander. Für die Länge des Zitats gibt es keine absolute Grenze. Es kommt etwa darauf an, wie lang der zitierte und der zitierende Text jeweils sind und was dann sachgerecht ist. Einen Artikel zu drei Vierteln zu übernehmen und dann „Was für ein Unfug" darunter zu schreiben, wäre zum Beispiel kein Zitat mehr.

3) Mit dem neuen Leistungsschutzrecht wird alles verboten (wahlweise: bleibt alles beim Alten)

Wer einen lesenswerten Artikel im Netz entdeckt und diesen mit kurzen Worten, Auszug und Link verbloggt, beruft sich häufig aufs Zitatrecht. Umgangssprachlich zitiert man auch hier, aber genau genommen stimmt das nicht: ohne Zitatzweck kein Zitat. Trotzdem gehören solche Artikelhinweise und Linktipps zum publizistischen Standard im Netz. Zum einen segeln solche kurzen Auszüge häufig noch unterhalb der sogenannten Schöpfungshöhe. Die Ausnahmeregel „Zitatrecht" braucht man dann gar nicht. Zum anderen haben sich die Gewohnheiten verändert: Das schnelle Hinweis-Posting im Blog hatte das Urheberrecht nicht vorausgesehen. Solange solche Hinweise niemandem schaden, geht aber praktisch keiner dagegen vor. Wasserdicht ist das allerdings nicht.

4) Zitieren fällt unter „Fair Use"

Es ist noch nicht in Kraft getreten, aber beschlossene Sache: das Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Die gute Nachricht: Es wurde mehrmals zurechtgestutzt, auf Blogs zielt es nicht mehr ab, jedenfalls erklärtermaßen. Jetzt steht im Gesetz: Wer mehr als „kleinste" Ausschnitte von Presseinhalten gewerblich und „entsprechend" einer Suchmaschine aufbereitet, muss zahlen. Die schlechte Nachricht: Wann das der Fall ist, weiß kein Mensch, jahrelange Unsicherheit steht bevor.

5) Creative-Commons-Inhalte kann man verwenden, wie man will

Gelegentlich hört man, diese und jene Übernahme falle unter „ Fair Use" und sei deshalb erlaubt - zum Beispiel, wenn jemand Inhalte nur unkommerziell nutzt. Nur: So eine Fair-Use-Regel gibt es in Deutschland und Europa gar nicht, im US-Copyright dagegen schon. Das hat Vor- und Nachteile: Fair Use erlaubt Zitate und viele weitere Nutzungen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, die stets aufs Neue geprüft werden müssen. Damit ist es flexibler als das System hierzulande, in dem Zitate unter eine sogenannte „Schranke", eine eng definierte Ausnahmeregel fallen. Allerdings ist das Fair-Use-Modell auch unvorhersehbarer.

Während die Regeln fürs Zitieren eingeschränkter sind, als man denkt, gibt es mit Creative Commons ein alternatives Lizenzmodell, das vieles erlaubt, was nach geltendem Urheberrecht verboten wäre. Manche, zum Teil auch Redaktionen, haben damit noch Schwierigkeiten und interpretieren das als Verzicht aufs Urheberrecht insgesamt. Dabei gilt das Urheberrecht für Creative-Commons-Inhalte ebenso wie für andere Inhalte, nur dass bestimmte Nutzungen von vornherein erlaubt werden. Wer Creative-Commons-Inhalte zum Beispiel über den vom Zitatrecht erlaubten Umfang hinaus verwendet, muss dann die Regeln der jeweiligen Lizenz beachten und etwa Name und Lizenz nennen oder darf die Inhalte nicht weiter bearbeiten.

    David Pachali arbeitet als freier Journalist zu Netzpolitik, digitaler Öffentlichkeit und Urheberrecht. Redakteur und Autor bei iRights.info. Er konzipierte und betreute zuletzt die Publikation „Öffentlichkeit im Wandel" (Schriftenreihe der Heinrich-Böll-Stiftung, 2012). Konzeptentwickler für Online-Formate und -Publikationen.

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