Anlässlich der ersten Pressekonferenz im Jahr 2019 präsentiert Ralf Rangnick den Fans und Journalisten seinen Neuzugang Tyler Adams.
Beginnen wir das neue RB-Jahr mit einem lässigen Silvester-Tweet eines Bahnreisenden: „Der letzte Zug, der pünktlich in Berlin ankam, war der Goldzug aus Berlin Babylon." Verspätungen gehören auch bei den Rasenballern dazu. Zumindest beim Trainingsauftakt. Weil in der Kabine viel besprochen werden muss, geht es zu wie an den Bahnhöfen der Republik.Im Sommer warteten die RB-Fans eine knappe halbe Stunde, gestern erschien Linksverteidiger Marcelo Saracchi vor allen anderen auf dem Trainingsplatz am Cottaweg. Um 11.20 Uhr, 20 Minuten nach dem anvisierten Beginn. Hinter dem Uruguayer staksten Teamkollegen, Co-Trainer und Physios aufs Feld. Cheftrainer Ralf Rangnick kam als Letzter. Die 700 Zuschauer applaudierten stehend, die roten Plastiksitze waren nass.
Sie sind wieder hier, in ihrem Revier, die Roten Bullen. Sie werden bis zum Rückrundenauftakt gegen Borussia Dortmund (19. Januar) angestrengt üben, gesund essen, früh ins Bett gehen, von der Champions-League-Qualifikation träumen. Topteam BVB übt seit gestern im sonnigen Marbella, der Wahl-Heimat von RB-Ikone Fabio Coltorti. Der dreifache Aufstiegsheld, 38, könnte vor Ort für RB nach dem Rechten und den Standards schauen. Wird er nicht tun, das Verhältnis ist nicht mehr wie einst im Mai.
Beim ersten Üben 2019 sind nicht alle vollumfänglich da. Konrad Laimer hat sich morgens übergeben, Stefan Ilsanker kränkelt, Emil Forsberg seilt sich nach ein paar Runden ohne Ball mit guten Wünschen fürs neue Jahr nach drinnen ab. Dort wird Kevin Kampls gebrochener Zeh versorgt. KK wird geschont, soll in der Woche vorm BVB-Spiel in Fußball-Schuhe steigen. Das erste Training ist freudbetont, es wird gelacht, der Ball läuft wunderbar. Kapitän Willi Orban stellt sich hinterher Presse, Funk, Fernsehen: „Wir haben in der Hinrunde mit diesem Kader und der Europa-League-Belastung den vierten Platz geschafft." Weshalb, fragt der Pfälzer Bub, soll es in der Rückrunde schlechter laufen?
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Nach dem Mittagessen steigt die erste offizielle Pressekonferenz des Jahres. Rangnick hat seinen Neuzugang Tyler Adams mitgebracht. Der 19-jährige US-Nationalspieler hat als 16-Jähriger bei der RB-U-19 trainiert, wohnt in Leipzig Tür an Tür mit Macelo Saracchi und Matheus Cunha, hat eine Deutsch sprechende Freundin, Besuch vom Papa, bekommt Nestwärme von Rangnicks Co., Jesse Marsch. Gut möglich, dass Marsch seinem New Yorker Ziehsohn gesagt hat, dass die Germans es wonderful finden, wenn ein US-Amerikaner Deutsch spricht. Adams erste Worte: „Hallo, ich bin Tyler, ich bin sehr glücklich, in Leipzig zu sein." Danach geht's in seiner Muttersprache weiter. Er schwärmt vom hohen Niveau der Rasenballer und der Bundesliga, will schnell Deutsch und den deutschen Fußball lernen, freut sich über den Quantensprung von Big Apple zu Big Ralf, hofft, na klar, auf Spielzeiten.
Rangnick ist sich sicher, dass sich der aufgeweckte junge Mann „schnell zurechtfinden wird". Als Mensch und Fußballer. Adams sei prädestiniert „für die Art, wie wir Fußball spielen. Er ist ein Balljäger, schaltet sich immer wieder nach vorne ein." Er ist auch ein Allrounder, kann laut Rangnick alles außer Torwart und Sturm. Dass die Bundesliga „eine andere Dimension" darstellt, sei aber auch klar, so RR mit Blick auf die Major League Soccer. Adams gehört(e) zu den begehrtesten Talenten der MLS, hatte Offerten von Mittelklasse-Clubs aus der Premier League vorliegen. Mit Christian Pulisic (Dortmund/Chelsea) und Weston McKennie (Schalke) steht der dynamische Neu-Leipziger im regen Austausch.
Tyler erstes Mal ist beendet, Rangnick blickt voraus und zurück. Stichwort Heimstärke: „Wir haben 23 von 27 Punkten geholt, sind eine Macht im eigenen Stadion." Auf Reisen wird aus Macht Ohnmacht. Acht Spiele, acht Punkte. „Die Auswärtsbilanz ist ausbaufähig." Thema Standards: Eigene Tore nach Standards sind so selten wie Schnee in Marbella. Rangnick: „Wir haben keinen Eckball- und Freistoßspezialisten. Emil Forsberg fehlt uns." Kommt nach Adams und Amadou Haidara ein dritter Neuer? Wenn überhaupt, muss derjenige welcher „schnell weiterhelfen" (Rangnick). Ademola Lookman, genervter Edel-Reservist in Everton, wäre so einer. Sky England meldet, dass RB gute Karten bei Chelsea-Flügelspieler Callum Hudson-Odoi, 17, hat. Sky England meldet in diesen Tagen so einiges. Heute, 11 Uhr, wird wieder öffentlich trainiert. Und pünktlich auch.