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Polizisten lösen Protestcamp auf

Mit schwerem Gerät wird das Protestcamp im Treburer Oberwald geräumt. Foto: Westbrock

Sie wollen ein drittes Terminal für den Flughafen unbedingt verhindern. Dafür haben Umweltaktivisten ein Waldstück fast ein Jahr lang besetzt. Jetzt hat die Polizei das Protestcamp geräumt. Ein Sympathisant der Aktivisten erhebt schwere Vorwürfe gegen die Beamten.

Ihren linken Arm kann die Frau nicht mehr bewegen. Er steckt in einem Fass. Damit ihr Arm möglichst fest darin steckt, ist er einbetoniert. Erst mit schwerem Gerät schafft die Polizei es am späten Dienstagvormittag dennoch, den Arm der jungen Frau aus dem Beton zu lösen. Ob diese darüber froh ist, darf allerdings bezweifelt werden. Schließlich hatte sie ihr Schicksal selbst gewählt, wollte mit der Aktion verhindern, dass das Protestcamp im Treburer Oberwald geräumt wird.

Seit Anfang des Jahres harren Umweltaktivisten dort aus. Sie wollen verhindern, dass ein Teil des Waldes für den Bau eines dritten Terminals am Frankfurter Flughafen gerodet wird. Am Boden ist die junge Frau die letzte. Hoch oben in einem Baum befindet sich noch ein junger Mann. Er will nicht herunterkommen. Der Polizei vertraut er nicht mehr. „Es hieß erst, dass nicht geräumt wird", sagt er am Telefon, während er oben ausharrt. Irgendwann schaffen es die Polizisten, die Plattform mit Hilfe einer Hebebühne abzubauen, auf der er zunächst stand. Nun klammert er sich an die Äste. Bis auch er unten ist, dauert es noch eine ganze Weile.

Polizisten aus mehreren Bundesländern


Der Wald befindet sich zwischen Mörfelden-Walldorf und Zeppelinheim. Bahntrasse auf der einen, Autobahn auf der anderen Seite. Der Zugang ist an der Walldorfer Nordendstraße. Noch bevor die Sonne am Dienstag aufgeht, erhellt ein blaues Lichtermeer die Szenerie. Die Polizisten sind auf dem Weg in den Oberwald, um ihn zu räumen. Aus mehreren Bundesländern kommen sie, wie die Nummernschilder auf manchem Einsatzwagen verraten. Zahlenmäßig sind sie den Protestlern haushoch überlegen. Fast tausend Beamten samt Sonderensatzkommando (SEK) stehen um die 20 Aktivisten gegenüber. Diese werden, da ist es ebenfalls noch dunkel, von Fraport-Mitarbeitern mit Megafonen über die Räumung informiert.

Der Flughafenbetreiber hat das besetzte Waldstück im August von der Gemeinde Trebur gekauft. Um die Szenerie stehen die Fraport-Mitarbeiter in gelben Westen und beaufsichtigen die Räumung. „Wir haben die rechtliche Grundlage und wollen, dass das reibungslos über die Bühne geht", sagt einer von ihnen. Den Widerstand gegen die geplante Rodung wollen sie nicht kommentieren.

Vor dem Camp gestoppt

Derweil wird die Polizei mit deutlichen Worten kritisiert. „Was ich heute hier erlebt habe, ist mit Worten gar nicht zu beschreiben", sagt Monika Wolf von der Bürgerinitiative gegen den Flughafen-Ausbau. Mit schwerem Gerät werde gegen friedliche Besetzer vorgegangen. Die Landtagsabgeordnete Christiane Böhm (Die Linke) findet das Verhalten der Beamten „martialisch". Außer Journalisten und Landtagsabgeordneten werde kaum jemand zum Camp durchgelassen, beklagt sie.

Das hat auch Horst Metzke zu spüren bekommen. Der Flörsheimer Flughafen-Gegner will die Aktivisten morgens mit Tee und Äpfeln versorgen, als er von einem Polizist ein paar hundert Meter vor dem Camp gestoppt wird. Der Beamte aus Nordrhein-Westfalen habe ihm angedroht, nicht nur seine Protestfahne zu zerbrechen, sondern auch „die Finger und alle Knochen im Körper". Metzkes Schwester, Christine Tron aus Walldorf, bestätigt den Vorfall, den sie als Zeugin miterlebt habe. Ein Polizeisprecher konnte die Geschehnisse zunächst nicht bestätigen. Dem Vorwurf soll jedoch nachgegangen werden.

Doch auch die Aktivisten werden beschuldigt, zu fragwürdigen Methoden zu greifen. Die Polizei entdeckt ausgehobene Löcher im Waldboden. Die Beamten identifizieren sie als Stolperfallen, die ausgehoben wurden, um die Räumung des Camps zu erschweren. Laut Polizei ist gesichert, dass die Löcher wirklich von den Aktivisten gegraben wurden.

Die Fraport AG will in dem Gebiet künftig mit eigenen Mitarbeitern auf Streife gehen. Noch während der Räumung wird das Camp mit Bauzäunen umstellt, damit der Protest ein Ende hat. Bagger fahren vor, Motorsägen kreischen.


Sven Westbrock

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