Die TU Clausthal hat einen neuen Präsidenten, Professor Dr. Joachim Schachtner. Zuvor war er Vizepräsident für Informations- und Qualitätsmanagement an der Philipps-Universität in Marburg. GZ-Volontärin Sarah Franke redete mit ihm über Ziele, die Digitalisierung und warum mehr Frauen an der TU wichtig sind.
Wieso haben Sie sich entschieden, das Amt des Präsidenten der TU Clausthal zu übernehmen?
Lassen Sie uns noch einen Schritt zurückgehen, vor fünf Monaten wusste ich noch nicht, dass es hier eine offene Präsidenten-Stelle gibt. Ein Headhunter hatte mich dann kontaktiert.
Ja, genau. Nach einigen Gesprächen, zunächst vertraulich im kleinen Kreis, konnte ich mir sehr gut vorstellen, nach Clausthal zu gehen. Ressourcen, Nachhaltigkeit und Energie sind hier die zentralen Themen. So eine Kombination zu betreiben, sowohl als Grundlagenforschung und auch als angewandte Forschung an einer Technischen Universität, das fand ich spannend – nicht nur in einem Fach, sondern interdisziplinär.
Aber wird mittlerweile nicht an fast jeder Universität interdisziplinär geforscht und unterrichtet?
Natürlich ist das so. Aber es kommt auch darauf an, womit man sich beschäftigt, also welchen Fokus man setzt. Was mich an Clausthal wirklich gereizt hat, war genau diese Thematik.
Wie empfinden Sie den Wechsel von einer Volluniversität zur TU?
Ich mochte in Marburg die Vielfältigkeit. Jetzt kann man erst einmal den Eindruck gewinnen, in Clausthal sei es einfacher und monolithischer. Aber wenn man genau hinguckt, dann stimmt das überhaupt nicht. Es gibt Mathematik, Informatik, Wirtschaftswissenschaften und verschiedene Ingenieurswissenschaften. Es gibt sogar ein paar Biologen, im Clausthaler Umwelttechnik Forschungszentrum.
Sie sind selbst Biologe. Inwieweit passt es, dass Sie nun eine technische Universität leiten?
Das war eine meiner ersten Fragen an den Headhunter. Dann habe ich mir die TU Clausthal näher angeguckt und nachgedacht: Im Endeffekt haben wir hier Naturwissenschaften. Als Biologe ist man sehr breit ausgebildet. Natürlich, man ist kein Ingenieur, Physiker oder Mathematiker. Aber man hat ein sehr gutes Grundverständnis, was Naturwissenschaften anbelangt.
In Marburg waren Sie Vizepräsident für Informations- und Qualitätsmanagement. Welche Qualitäten sehen Sie in Clausthal?
Vor meiner Vorstellungsrede hatte ich ein paar Kollegen gefragt, ob sie die TU Clausthal kennen und was sie von ihr halten. Ich selbst verband mit ihr, dass sie, wenn es um Technisches und Bergbau geht, international sehr renommiert ist. Die Kollegen haben mir das durchweg so bestätigt.
Ist Ihnen nach Ihrem ersten Eindruck schon irgendetwas aufgefallen, wie man die Uni verändern und was man verbessern könnte?
Da ist mir schon eine ganze Menge aufgefallen. Ich habe immerhin fast neun Jahre in dem Bereich Hochschulmanagement gearbeitet. Ich muss mir aber alles noch genau ansehen natürlich.
Konkret können Sie vermutlich noch nichts sagen?
Die Schärfung des Forschungsprofils, das ist eine dringende Sache, da sind wir gerade dabei. Sehen Sie, ich sage auch schon „wir“, ich bin bereits tief eingebunden (lacht). Bei der Schärfung geht es darum, wie sich die TU Clausthal zukünftig mit ihrem Forschungsprofil aufstellt. Digitalisierung ist ebenso ein wichtiges Thema.
Nun ist Digitalisierung ein sehr weites Feld.
Sie können beispielsweise in der Lehre anfangen, wie Digitalisierung die Lehre unterstützen kann und Inhalte dadurch besser vermittelt werden können. Digitalisierung kann beispielsweise Menschen mit Familie, Studierende und Wissenschaftler, die zum Beispiel ihre Eltern pflegen müssen oder selbst eine Behinderung haben, besser einbinden. Das muss man alles mitbedenken als Hochschule.
Ein Beispiel wäre also, dass Menschen, die nicht so mobil sind, gefilmte Vorlesungen zu Hause gucken können.
Genau. Früher wurden die Vorlesungen einfach nur abgefilmt. Mittlerweile gibt es Software, mit der man beispielsweise nach Stichworten suchen kann. Aber nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Forschung unterstützt die Digitalisierung oder kann völlig neue Möglichkeiten eröffnen, bis hin zu neuen Forschungskontexten.
Die Digitalisierung ist schon eines Ihrer Steckenpferde, oder?
Nun ja, Steckenpferd… ich bin begeistert von der Digitalisierung, weil ich sehe, wie viele Möglichkeiten es da gibt – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite geht es aber auch um Informationssicherheit. Und da kommt es auch auf das Individuum an, wie die aktuelle Diskussion um die gehackten Politiker und Prominenten zeigt. Ich kann noch so schöne Sicherheitskonzepte haben …
… also klar, jeder weiß, dass er nicht als Passwort „1234“ nehmen sollte.
Wissen schon! Aber was man dann tut, darauf kommt es an. Was ich sehr spannend finde, ist eine Entwicklung der vergangenen Jahre, Digitalisierung von Forschung und Forschungsdaten. Forschungsdaten-Management, das kommt jetzt erst einmal so unscheinbar daher.
Ich finde das Thema nicht unscheinbar. Je besser man Wissen organisiert, desto besser kann man darauf zugreifen und desto mehr ist möglich. Aber wie wollen Sie das Management verbessern?
Grundsätzlich produzieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten, das machen sie schon immer. Aber: Welche Qualität haben diese Daten? Sind sie vergleichbar? Kann ein Ingenieur in Braunschweig Daten der TU Clausthal auch benutzen, kann er mit dem Format etwas anfangen? Jetzt sind wir wieder bei der Interdisziplinarität.
Ein anderes Thema: Sie haben sich im Laufe ihrer Karriere immer weiter Richtung Norddeutschland voran gearbeitet. Was gefällt Ihnen hier im Harz ganz gut?
Ich fange mit einer kleinen Geschichte an. Als ich mit Kollegen in Marburg gesprochen habe, dass ich Präsident an der TU Clausthal werde, sagten sie: Was willst du da? Da kannst du Urlaub machen, das ist ein Naherholungsgebiet. Man geht vor die Haustür und ist draußen in der Natur. Und den Schnee, den finde ich klasse. Ich habe ihn vorher vermisst, hier kriege ich ihn. Die Gegend ist unheimlich spannend, auch mit dem Welterbe.
Kommen wir zu den Studierenden. Auf was für einen Präsidenten können sie sich einstellen?
Sie können sich einstellen auf einen Präsidenten mit einer offenen Tür.
Und was erwarten Sie von den Studierenden, was sollte ein TU-Studierender mitbringen?
Hm, was sollte ein Student grundsätzlich mitbringen: eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und eine Vorstellung, wo sie oder er hin will. Auch mit dem Bewusstsein, dass man an eine Universität geht, um sich weiterzuentwickeln und viel zu lernen.
Ich finde es interessant, dass Sie gesagt haben, ein Studierender solle wissen, wo er hin will. Ich habe mir Studieren vor meinem Bachelor so vorgestellt, dass ich an der Uni auch mal ausprobieren kann, was mir liegt.
Ich meinte damit nicht, dass jemand an die TU Clausthal kommt und weiß: Ich werde Bergbauingenieur. Sondern, dass man eine Entscheidung getroffen hat, in welchen Bereich man gehen will. Das System suggeriert vielleicht, dass man sich von Anfang an festgelegt haben muss. Aber die Aufgabe der TU ist es, zu zeigen, was es in dem Bereich alles gibt, damit man sehen kann, was am besten zu einem passt.
Ja, gut.
Eine Frage haben Sie noch gar nicht gestellt.
Ein wichtiger Punkt auf meiner Agenda wird sein, dass wir für die TU Clausthal mehr Frauen gewinnen müssen. Da kann man aus meiner Sicht eine ganze Menge tun.
Warum ist Ihnen das so wichtig?
Ich denke, dass wir sonst ein riesiges Potenzial verlieren. Es gibt so viele hervorragende Wissenschaftlerinnen. Wenn wir über Diversität reden, gehört genau das auch dazu.
Jetzt liegt der Frauenanteil bei den Studierenden bei 25 Prozent.
Und bei den Professuren bei unter zehn Prozent.
Da haben Sie sich ja etwas vorgenommen.
Ach ja, kommen Sie... Herausforderungen sind ganz wichtig. Man muss sich fragen, wie kann man sich als Universität verbessern und attraktiver werden – und auch den Wissenschaftlerinnen vermitteln, wie toll Clausthal ist.
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Wieso haben Sie sich entschieden, das Amt des Präsidenten der TU Clausthal zu übernehmen?
Lassen Sie uns noch einen Schritt zurückgehen, vor fünf Monaten wusste ich noch nicht, dass es hier eine offene Präsidenten-Stelle gibt. Ein Headhunter hatte mich dann kontaktiert.
Ah, also klassisch abgeworben?
Ja, genau. Nach einigen Gesprächen, zunächst vertraulich im kleinen Kreis, konnte ich mir sehr gut vorstellen, nach Clausthal zu gehen. Ressourcen, Nachhaltigkeit und Energie sind hier die zentralen Themen. So eine Kombination zu betreiben, sowohl als Grundlagenforschung und auch als angewandte Forschung an einer Technischen Universität, das fand ich spannend – nicht nur in einem Fach, sondern interdisziplinär.
Aber wird mittlerweile nicht an fast jeder Universität interdisziplinär geforscht und unterrichtet?
Natürlich ist das so. Aber es kommt auch darauf an, womit man sich beschäftigt, also welchen Fokus man setzt. Was mich an Clausthal wirklich gereizt hat, war genau diese Thematik.
Wie empfinden Sie den Wechsel von einer Volluniversität zur TU?
Ich mochte in Marburg die Vielfältigkeit. Jetzt kann man erst einmal den Eindruck gewinnen, in Clausthal sei es einfacher und monolithischer. Aber wenn man genau hinguckt, dann stimmt das überhaupt nicht. Es gibt Mathematik, Informatik, Wirtschaftswissenschaften und verschiedene Ingenieurswissenschaften. Es gibt sogar ein paar Biologen, im Clausthaler Umwelttechnik Forschungszentrum.
Sie sind selbst Biologe. Inwieweit passt es, dass Sie nun eine technische Universität leiten?
Das war eine meiner ersten Fragen an den Headhunter. Dann habe ich mir die TU Clausthal näher angeguckt und nachgedacht: Im Endeffekt haben wir hier Naturwissenschaften. Als Biologe ist man sehr breit ausgebildet. Natürlich, man ist kein Ingenieur, Physiker oder Mathematiker. Aber man hat ein sehr gutes Grundverständnis, was Naturwissenschaften anbelangt.
In Marburg waren Sie Vizepräsident für Informations- und Qualitätsmanagement. Welche Qualitäten sehen Sie in Clausthal?
Vor meiner Vorstellungsrede hatte ich ein paar Kollegen gefragt, ob sie die TU Clausthal kennen und was sie von ihr halten. Ich selbst verband mit ihr, dass sie, wenn es um Technisches und Bergbau geht, international sehr renommiert ist. Die Kollegen haben mir das durchweg so bestätigt.
Ist Ihnen nach Ihrem ersten Eindruck schon irgendetwas aufgefallen, wie man die Uni verändern und was man verbessern könnte?
Da ist mir schon eine ganze Menge aufgefallen. Ich habe immerhin fast neun Jahre in dem Bereich Hochschulmanagement gearbeitet. Ich muss mir aber alles noch genau ansehen natürlich.
Konkret können Sie vermutlich noch nichts sagen?
Die Schärfung des Forschungsprofils, das ist eine dringende Sache, da sind wir gerade dabei. Sehen Sie, ich sage auch schon „wir“, ich bin bereits tief eingebunden (lacht). Bei der Schärfung geht es darum, wie sich die TU Clausthal zukünftig mit ihrem Forschungsprofil aufstellt. Digitalisierung ist ebenso ein wichtiges Thema.
Nun ist Digitalisierung ein sehr weites Feld.
Sie können beispielsweise in der Lehre anfangen, wie Digitalisierung die Lehre unterstützen kann und Inhalte dadurch besser vermittelt werden können. Digitalisierung kann beispielsweise Menschen mit Familie, Studierende und Wissenschaftler, die zum Beispiel ihre Eltern pflegen müssen oder selbst eine Behinderung haben, besser einbinden. Das muss man alles mitbedenken als Hochschule.
Ein Beispiel wäre also, dass Menschen, die nicht so mobil sind, gefilmte Vorlesungen zu Hause gucken können.
Genau. Früher wurden die Vorlesungen einfach nur abgefilmt. Mittlerweile gibt es Software, mit der man beispielsweise nach Stichworten suchen kann. Aber nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Forschung unterstützt die Digitalisierung oder kann völlig neue Möglichkeiten eröffnen, bis hin zu neuen Forschungskontexten.
Die Digitalisierung ist schon eines Ihrer Steckenpferde, oder?
Nun ja, Steckenpferd… ich bin begeistert von der Digitalisierung, weil ich sehe, wie viele Möglichkeiten es da gibt – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite geht es aber auch um Informationssicherheit. Und da kommt es auch auf das Individuum an, wie die aktuelle Diskussion um die gehackten Politiker und Prominenten zeigt. Ich kann noch so schöne Sicherheitskonzepte haben …
… also klar, jeder weiß, dass er nicht als Passwort „1234“ nehmen sollte.
Wissen schon! Aber was man dann tut, darauf kommt es an. Was ich sehr spannend finde, ist eine Entwicklung der vergangenen Jahre, Digitalisierung von Forschung und Forschungsdaten. Forschungsdaten-Management, das kommt jetzt erst einmal so unscheinbar daher.
Ich finde das Thema nicht unscheinbar. Je besser man Wissen organisiert, desto besser kann man darauf zugreifen und desto mehr ist möglich. Aber wie wollen Sie das Management verbessern?
Grundsätzlich produzieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten, das machen sie schon immer. Aber: Welche Qualität haben diese Daten? Sind sie vergleichbar? Kann ein Ingenieur in Braunschweig Daten der TU Clausthal auch benutzen, kann er mit dem Format etwas anfangen? Jetzt sind wir wieder bei der Interdisziplinarität.
Ein anderes Thema: Sie haben sich im Laufe ihrer Karriere immer weiter Richtung Norddeutschland voran gearbeitet. Was gefällt Ihnen hier im Harz ganz gut?
Ich fange mit einer kleinen Geschichte an. Als ich mit Kollegen in Marburg gesprochen habe, dass ich Präsident an der TU Clausthal werde, sagten sie: Was willst du da? Da kannst du Urlaub machen, das ist ein Naherholungsgebiet. Man geht vor die Haustür und ist draußen in der Natur. Und den Schnee, den finde ich klasse. Ich habe ihn vorher vermisst, hier kriege ich ihn. Die Gegend ist unheimlich spannend, auch mit dem Welterbe.
Kommen wir zu den Studierenden. Auf was für einen Präsidenten können sie sich einstellen?
Sie können sich einstellen auf einen Präsidenten mit einer offenen Tür.
Und was erwarten Sie von den Studierenden, was sollte ein TU-Studierender mitbringen?
Hm, was sollte ein Student grundsätzlich mitbringen: eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und eine Vorstellung, wo sie oder er hin will. Auch mit dem Bewusstsein, dass man an eine Universität geht, um sich weiterzuentwickeln und viel zu lernen.
Ich finde es interessant, dass Sie gesagt haben, ein Studierender solle wissen, wo er hin will. Ich habe mir Studieren vor meinem Bachelor so vorgestellt, dass ich an der Uni auch mal ausprobieren kann, was mir liegt.
Ich meinte damit nicht, dass jemand an die TU Clausthal kommt und weiß: Ich werde Bergbauingenieur. Sondern, dass man eine Entscheidung getroffen hat, in welchen Bereich man gehen will. Das System suggeriert vielleicht, dass man sich von Anfang an festgelegt haben muss. Aber die Aufgabe der TU ist es, zu zeigen, was es in dem Bereich alles gibt, damit man sehen kann, was am besten zu einem passt.
Ja, gut.
Eine Frage haben Sie noch gar nicht gestellt.
Welche denn?
Ein wichtiger Punkt auf meiner Agenda wird sein, dass wir für die TU Clausthal mehr Frauen gewinnen müssen. Da kann man aus meiner Sicht eine ganze Menge tun.
Warum ist Ihnen das so wichtig?
Ich denke, dass wir sonst ein riesiges Potenzial verlieren. Es gibt so viele hervorragende Wissenschaftlerinnen. Wenn wir über Diversität reden, gehört genau das auch dazu.
Jetzt liegt der Frauenanteil bei den Studierenden bei 25 Prozent.
Und bei den Professuren bei unter zehn Prozent.
Da haben Sie sich ja etwas vorgenommen.
Ach ja, kommen Sie... Herausforderungen sind ganz wichtig. Man muss sich fragen, wie kann man sich als Universität verbessern und attraktiver werden – und auch den Wissenschaftlerinnen vermitteln, wie toll Clausthal ist.
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