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Führungskräfte: Wo Frauen am besten verdienen - WELT

In der Chefetage ist der sogenannte Gender Pay Gap zwischen Männern und Frauen deutlich größer als im Durchschnitt. Weibliche Führungskräfte können aber auch ein Top-Gehalt einstreichen - wenn sie auf die Branche achten.


Frauen, die Führungskraft in einem Unternehmen werden wollen, sollten auch auf die Branche achten. Denn die Gehaltsunterschiede sind groß. Am besten verdienen Frauen in der Biotech- und in der Pharmabranche. Das zeigt eine Studie des Portals Gehalt.de (gehört wie WELT AM SONNTAG zur Axel Springer SE), für die mehr als 16.000 Daten ausgewertet wurden. Demnach verdient eine Frau in der Chefetage im Bereich Biotech im Median 117.000 Euro jährlich, in der Pharmabranche sind es 110.000 Euro.

Die Erhebung zeigt, dass der Gender Pay Gap - also der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern - in der Führungsetage weit größer ist als im Durchschnitt. Laut Statistischem Bundesamt lag die Verdienstlücke 2019 von Vollzeitkräften bei 21 Prozent. Viele Faktoren wie Branchenunterschiede, genaue Position oder Berufserfahrung bleiben dabei aber unberücksichtigt.

Der bereinigte Wert, der Frau und Mann auf derselben Position mit derselben Erfahrung vergleicht, liegt bei sechs Prozent, andere Studien kommen auf einen noch geringeren Unterschied. Auch die Werte der Gehalt.de-Studie sind unbereinigt und auf eine 40-Stunden-Woche hochgerechnet. Bis auf die Betriebsgröße wurden Faktoren wie Joberfahrung oder Budgetverantwortung nicht berücksichtigt.

Auf Biotechnologie und Pharmasektor folgen Versicherungsbranche und Anlagenbau mit 105.000 beziehungsweise 104.000 Euro Jahreseinkommen. Am wenigsten verdienen weibliche Führungskräfte im Hotel- und Gastgewerbe. Im Median sind es hier 47.000 Euro, gefolgt vom Einzelhandel mit einem Jahresgehalt von 50.000 Euro. Die Studie zeigt im Vergleich auch die Gehälter von männlichen Führungskräften in den Branchen, in denen Frauen am besten und am schlechtesten bezahlt werden.

In der Biotechnologie verdienen Chefinnen knapp neun Prozent weniger als ihre Kollegen. Unter sechs Prozent, dem Schnitt des durchschnittlichen, bereinigten Gender Pay Gaps, befinden sich die Versicherungsbranche und der Anlagenbau. In den am schlechtesten bezahlten Branchen ist der Unterschied im Einzelhandel am größten. Hier verdienen Frauen mehr als 29 Prozent weniger, gefolgt vom Hotelwesen mit knapp 16,6 Prozent.

Auch Geschäftsführerinnen verdienen deutlich weniger als ihre Kollegen. Frauen mit einer Verantwortung für weniger als 101 Mitarbeiter erhalten im Median 70.000 Euro - 30 Prozent weniger als die Männer. Der Unterschied ist noch größer bei Unternehmen mit bis zu 1000 Mitarbeitern. Hier verdient eine Geschäftsführerin mit 100.000 Euro 39 Prozent weniger als der Mann. Die Unterschiede bei Führungskräften bewegen sich darunter: Eine weibliche Führungskraft verdient laut Studie im Median 64.000 Euro bei unter 101 Mitarbeitern und 95.000 Euro bei über 1000 Mitarbeitern. Das ist 21 beziehungsweise 14 Prozent weniger als männliche Führungskräfte.

Dass die Lohnungleichheit ganz oben größer ausfällt als im mittleren Verdienstsektor, verwundert Katharina Wrohlich nicht. Sie ist Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Einer DIW-Studie zufolge ist die Kurve des Gender Pay Gaps u-förmig. Das bedeute, dass dieser im Niedriglohnbereich und im Bereich mit sehr hohem Verdienst höher ist als in der Mitte der Lohnverteilung.

Laut Wrohlich ist die Verdienstlücke vor allem in jenen Berufen sehr hoch, in denen überlange Arbeitszeiten besonders belohnt werden und der Lohn nicht linear zur Arbeitszeit steigt. Und es könnte einen weiteren Grund geben: „Beim Gehalt von Führungskräften fallen Jobauszeiten oder Teilzeitphasen stärker ins Gewicht als bei anderen Positionen. Gerade Frauen sind davon betroffen."

Nicht nur dass Frauen schlechter bezahlt werden als Männer, sie sind in den Führungsetagen auch noch unterrepräsentiert. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit. Der Frauenanteil der Vorstände und Geschäftsführer lag 2018 demnach bei 26 Prozent. Auf der zweiten Führungsebene, wozu vor allem Abteilungsleiter gehören, sind Frauen bereits zu 40 Prozent vertreten.

Dass Frauen in solchen Position immer noch unterrepräsentiert sind und weniger verdienen, liegt laut DIW-Forscherin Wrohlich auch daran, dass man Frauen die Führung nicht zutraut, dass sie es sich selbst nicht zutrauen und bei Gehaltsverhandlungen eine geringere Summe anstreben als Männer. Karriereberater empfehlen Frauen daher, sich für Gehaltsverhandlungen gezielt vorzubereiten, damit sie einerseits entschlossen, andererseits dabei aber nicht zu aggressiv rüberkommen. Denn wer sich seiner Erfolge und Talente bewusst ist, muss sich nicht verstecken.

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