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Was beim Gripschen in die Tüten kommt

Martinszug in der Düsseldorfer Altstadt 2017. Foto: Andreas Bretz

Nach dem großen Martinsumzug in der Altstadt geht es traditionell zum Gripschen. Vielerorts stößt das auf große Freude, aber auch auf Sorge um eine alte Tradition.

Von Robin Hetzel

Schon Wochen vorher haben die Geschwister Chiara und Ben aus Rath in der Schule mit Kleister und buntem Krepppapier ihre Laternen gebastelt und die Martinslieder einstudiert. Gestern Abend war es dann soweit: Mit der Musikkapelle zogen die beiden zusammen mit hunderten anderen Kindern im Sankt Martinsumzug durch die Gassen der Altstadt. Einer der Höhepunkte des Abends war das anschließende Gripschen, bei dem die Kinder an Haustüren klingeln, singen und um Süßigkeiten bitten. Aber auch bei Anwohnern und Mitarbeitern in den Geschäften in der Altstadt sorgte das Gripschen für ein großes Lächeln im Gesicht.

"Jedes Jahr singen hier über 100 Kinder", freut sich Stephan Pfaff, Geschäftsführer des Brauhauses Zum goldenen Handwerk. "Das sind schließlich unsere Gäste von morgen", sagt er lachend. Er freue sich über jedes einzelne Kind, das für ihn singe. Deshalb hat Pfaff eigens für den Abend des Martinssingens sage und schreibe 25 Kilogramm Süßigkeiten gekauft. "Das schlimmste, was passieren kann, wäre doch, dass Kinder zum Singen kommen und ich keine Süßigkeiten mehr habe", sagt er.

Dieses Problem kann bei Birgit Lütke ganz sicher nicht auftauchen, denn ihr Mann betreibt einen Süßwarenladen am Marktplatz. "Ich habe auf jeden Fall genug Leckereien auf Vorrat", sagt sie mit einem Blick in ihren Laden und auf den großen Ansturm der Kinder. Und so hält sie Chiara und Ben einen großen Korb voller Süßigkeiten hin, als die beiden ihr Martinslied anstimmen. Die beiden greifen da natürlich erfreut zu.

"Ich stehe jetzt bereits im siebten Jahr an Sankt Martin hier draußen - und habe riesen Spaß", betont Lütke. Das Martinssingen habe für sie eine große Bedeutung, weshalb sie an diesem Abend auch lautstark einstimmt und die Kinder motiviert, auch noch die vierte Strophe zu singen. "Mir ist es total wichtig, dass ich nicht einfach mit Süßigkeiten um mich schmeiße", sagt sie. Schließlich stehe hinter dem Martinssingen eine ganz besondere Geschichte. "Es geht darum, nach links und rechts zu schauen und den eignen Überfluss von ganzem Herzen zu teilen", so Lütke.

Trotz der vielen schönen Lieder sei ihr in diesem Jahr auch etwas Negatives aufgefallen: "Es ist etwas hibbeliger geworden. Viele Kinder sind schon beim Gripschen unterwegs, bevor der Zug zu Ende ist. Das finde ich schade", so Lütke. Schließlich sei auch der Umzug und die Mantelteilung auf dem Marktplatz ein wichtiger Teil der Tradition. Für das nächste Jahr denke sie daher darüber nach, vielleicht erst nach Ende des Zuges Süßigkeiten zu verteilen. Trotzdem bedeute ihr persönlich das Martinssingen viel mehr als der Halloween-Brauch, der sich zunehmend durchsetzt. "An Sankt Martin stehen die Geschichte und der gute Wille zu teilen im Vordergrund", betont sie.

Und so sind die Martinstüten von Chiara und Ben bis zum Rand mit Weckmännern, Obst und Süßigkeiten gefüllt, als die beiden zusammen mit Lütke die letzte Strophe des Gripschenliedes beenden. Ein Vorrat an Süßigkeiten, der den beiden sicher noch lange Freude bereiten wird.

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