Der Pläne für eine Mietobergrenze in Berlin sollen abgeschwächt werden. Die Mieten würden nicht für fünf Jahre rigoros eingefroren, schreibt die „Bild"-Zeitung. Mit einigen Lockerungen grenzt sich der neue Mietendeckel vom einstigen Entwurf ab.
„Man ist deutliche Schritte aufeinander zugegangen", wird ein Teilnehmer der Sitzung der rot-rot-grünen Koalition zitiert. Die Linke habe mit ihren Vorschlägen für einen rigoroseren Deckel und eine Begrenzung der Kaltmieten auf maximal knapp acht Euro pro Quadratmeter auf verlorenem Posten gestanden, heißt es.
Wie der „Tagesspiegel" berichtet, werden die Mietoberwerte neu berechnet. Im ersten Entwurf war noch die Miete aus dem Jahre 2011 als Grundlage angesetzt worden. Der neue Kompromiss gehe nun von Werten aus dem Jahr 2013 aus, wo die Mieten teurer waren.
Die Koalition verabschiedet sich auch von dem Gedanken einer starren Obergrenze. Stattdessen solle ein „atmender Deckel" - wie ihn die Grünen bereits gefordert hatten - verhindern, dass auch moderate Vermieter bestraft würden, die die Mieten selten und mäßig angehoben haben. Nach den neuen Plänen dürften sie auch nach Inkrafttreten des Mietendeckels noch in moderatem Umfang Mieterhöhungen aussprechen. Das soll möglich sein, bis sie den Oberwert erreicht haben.
Mit in die Neuberechnung der Oberwerte fließe auch die Lohnentwicklung in der Bundeshauptstadt. Alternativ werde auf Inflationsdaten zurückgegriffen, heißt es in dem Bericht des „Tagesspiegels". Die Mietobergrenze soll in den nächsten fünf Jahren zwischen 5,95 und 9,80 Euro pro Quadratmeter liegen.
Der Mietendeckel sieht auch vor, dass Mieter eine Senkung beantragen können, wenn sie mehr als 30 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens dafür aufbringen müssen. Zum Vergleich: Wie das Bundesinnenministerium bekanntgab, gab 2017 jeder siebte Deutsche 40 Prozent seines Einkommens fürs Wohnen aus.
Auch bei sanierten Wohnungen sehen die Koalitionäre eine Lockerung des Mietendeckels vor. Damit diese Mieten nicht unverhältnismäßig gesenkt werden, sei ein Aufschlag von 1,40 Euro pro Quadratmeter vorgesehen. Eine Einschränkung: Die Sanierung müsse innerhalb der letzten 15 Jahren stattgefunden haben.
Und damit der Mietendeckel nicht zu einer Investitionsblockade führt, sollen Vermieter Modernisierungskosten mit einem Euro pro Quadratmeter auf Mieter umlegen dürfen. Für umfangreichere Vorhaben, die der Vermieter mit weiteren Mieterhöhungen stemmen will, sei dann eine Genehmigung erforderlich.
Fertig werde das Mietdeckel-Gesetz nicht mehr wie geplant im Januar. Der Berliner Senat hatte im Juni einen Mietdeckel im Grundsatz beschlossen, aber noch keine Obergrenze festgelegt. Die Opposition und Immobilienkonzerne kritisierten die Lompscher-Pläne scharf.
Trotz der Änderungen: Der Immobilienverband IVD lehnt den Mietendeckel weiterhin ab. „Es ist ein verfassungswidriges Instrument". Die Nachbesserungen seien lediglich Taktik der Berliner Landesregierung. „ Auf die völlig radikalen Vorschläge von Bausenatorin Lompscher folgen nun ein paar Modifizierungen, damit das rechtswidrige Vorhaben etwas harmloser wirkt", heißt es in einer Pressemittelung.
Der Immobilienverband warnt vor weitreichenden Folgen vor Mietern, die mit der Maßnahme eigentlich geschützt werden sollten. Denn dadurch, sich die Mieten fortan am Nettohaushaltseinkommen orientieren sollen, würden Vermieter nun eher einkommensstarken Haushalten den Vorzug gewähren.
Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) geht auf Konfrontationskurs. „Es ist erschreckend, wieviel Unvernunft in den Plänen des rot-rot-grünen Senats weiterhin steckt", erklärte Andreas Mattner, Präsident des Branchenspitzenverbands, in einer Mitteilung. „Der Senat sollte begreifen: Jetzt ist Vernunft statt Ideologie gefragt", heißt es dort weiter. Mattner erkennt im neuen Vorschlag keine Verbesserung und kündigte bei der angedachten Verbändeanhörung zum Thema Widerstand an: „Wir werden unsere wirtschaftliche Vernunft und juristischen Sachverstand gerne einbringen, um das Gesetz noch so mitzugestalten, dass doch noch etwas Sinnvolles daraus wird."
Schon die ursprünglichen Pläne für einen Mietendeckel hatten heftige Kritik ausgelöst. Vertreter von CDU, FDP und AfD geißelten das Vorhaben am Donnerstag in einer Parlamentsdebatte als verfassungswidrig und warnten davor, dringend nötige Investitionen in Wohnungsneubau und -modernisierung abzuwürgen.
Auch der CDU-Politiker Friedrich Merz kritisierte die Pläne scharf. Das sei ein Einstieg „in die Staatsbewirtschaftung des Wohnungsmarktes", sagte Merz dem „Tagesspiegel". „Diejenigen, die das vorschlagen, schrecken ja noch nicht einmal davor zurück, in Zukunft die Bezirksämter statt die Gerichte über Eigenbedarfskündigungen entscheiden zu lassen." Die Verfügung über die private Wohnung werde also zum Gegenstand eines staatlichen Verwaltungsaktes.
„Das hatten wir doch alles schon einmal in einem Teil unseres Landes", sagte Merz mit Blick auf die DDR. „Wenn es nicht so zynisch wäre, müsste man sich eigentlich wünschen, dass diese Vorschläge tatsächlich umgesetzt würden", sagte Merz: „Spätestens in einigen Jahren würde man das Ergebnis dann sehen, nämlich den totalen Zusammenbruch des Berliner Wohnungsmarkts. Leider hätten dann aber ausgerechnet die sozial Schwächsten am meisten darunter zu leiden. In Berlin wird schlicht zu wenig gebaut."