Dutzende Kinostreifen und Serien sind in der traumhaften Landschaft Marokkos entstanden.Foto: Peter Sieben
Ouarzazate. Der Süden Marokkos zieht Regisseure aus der ganzen Welt an: Hollywood-Streifen wie "Black Hawk Down" oder der Serienhit "Game Of Thrones" wurden hier vor traumhaften Orientkulissen gedreht - in einem Land, das sich zu wandeln beginnt.
Jesus Christus braucht mehr Haarspray. Eine Frau im Ringelpullover salbt sein Haupt mit Pflegeöl - und der Messias trinkt geduldig seinen Kaffee. Es ist gerade Drehpause in den Atlas Studios am Stadtrand von Ouarzazate, wo sie eine Bibel-Doku produzieren.
Der Film ist deutsch, aber die meisten Schauspieler kommen hier aus Marokko. So wie Fouad Mansour, der einen Pharisäer gibt und abseits des Sets von seinen Filmabenteuern erzählt. An der Seite von Timothy Dalton habe er schon gespielt, und in „Gladiator" sei er der Typ gewesen, der in der Arena immer „töte ihn, mach ihn kalt!" geschrien habe. „Was für ein Spaß", sagt der weißbärtige Mann mit der wettergegerbten Haut und schaut extra grimmig, bevor er dann doch lachen muss.
Von Ägypten nach Jerusalem in ein paar MinutenDutzende Kinostreifen und Serien sind hier entstanden, Martin Scorseses „Kundun", Ridley Scotts „Black Hawk Down" oder die US-Serie „Game Of Thrones". Ausländische Produzenten lieben das gute Licht und die günstigen Arbeitskräfte. Und Marokko gilt im Gegensatz zu manch anderen Staaten Nordafrikas, die Orientkulissen bieten, als ziemlich sicher. „Was du hier siehst, ist alles unecht, es ist fake", sagt Studio-Guide Sadoun, der mich durch die Kulissen führt. Neben uns erhebt sich ein Tempel, der bloß eine Pappmascheewand vor einem Holzgerüst ist.
Wir schlendern durchs persische Isfahan aus „Der Medicus" bis nach Ägypten, wo die Pyramiden nur drei Meter hoch sind. Von hier sind die hölzernen Triboken gut zu erkennen, die bedrohlich vor den Stadtmauern Jerusalems stehen. „Du kannst hier mehrmals am Tag durch die ganze Welt reisen", sagt Sadoun. Fast jeder in Ouarzazate habe irgendwie mit dem Filmbusiness zu tun - sei es als Schauspieler, Statist, Techniker - oder eben als Studioguide, erzählt Sadoun. Als wir am unechten Düsenjet aus „Die Jagd nach dem Juwel vom Nil" vorbei zum Ausgang kommen, wünscht mir der junge Mann „viel Spaß in der echten Welt".
Draußen in der Wirklichkeit wartet Aziz im Geländewagen auf mich. Der großgewachsene Mann, um dessen Mund immer ein ironisches Lächeln zu zucken scheint, arbeitet für einen Fahrdienst und bringt regelmäßig Filmteams von A nach B. Leonardo Di Caprio hat er mal gesehen, als der für einen Thriller vor der Kamera stand, erzählt Aziz.
"50 Cent? Keine Ahnung, wer das sein soll"Den US-Rapper 50 Cent, der hier mal einen Film gemacht hat, habe er allerdings nicht erkannt. „Ich hatte keine Ahnung, wer das sein soll", sagt er, setzt seine dunkle Sonnenbrille auf und schmunzelt. Wir fahren vorbei an beigefarbenen Häusern - „die Farbe von Ouarzazate", erklärt Aziz - und Fünf-Sterne-Hotels, in denen die Stars absteigen, wenn sie hier drehen. Unser Ziel ist die Wüste, die knapp 400 Kilometer entfernt im Osten liegt. Ein kleiner Umweg führt uns nach Ait-Ben-Haddou, der uralten Karawanenfestung. Als wäre sie aus der Erde gewachsen, liegt die Stadt mit ihren Lehmtürmen am Fuß eines Hügels und am Ufer des Asif Mellah.
Als würden die Lehmtürme aus der Erde wachsen: Die uralte Karawanenfestung Ait Ben Haddou war mal Filmkulisse für "Lawrence von Arabien".Foto: Peter Sieben
Der Fluss, der manchmal komplett austrocknet, führt gerade viel Wasser. Über Sandsäcke und Steine kommen wir einigermaßen trockenen Fußes in die Stadt, die mal Kulisse für „Lawrence von Arabien" war.Man kann sich gut vorstellen, wie wuselig es einst in den engen Gassen gewesen sein muss. Heute wohnen hier nur noch ein paar wenige Familien. „Die Leute wollen näher an die großen Städte", sagt Aziz und zeigt mir einen Feuerturm. Mit dessen Hilfe haben die Einwohner früher mit den anderen Festungen kommuniziert, die sich entlang des Flusses bis zur Mittelmeerküste ziehen. Wir machen uns in die entgegengesetzte Richtung auf, immer weiter ins Landesinnere.