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Nervenstarke Schränke

Gut geblockt: Münchens Felix Ottke wehrt einen Angriff seines Ludwigsburger Gegners ab. (Foto: Catherina Hess)

Wasserball gilt als eine der härtesten Olympischen Sportarten. Beim Zweitligaspiel zwischen der SG Stadtwerke München und dem SV Ludwigsburg 08 konnte man sofort sehen, warum - und zwar bereits vor dem Anpfiff. Auf beiden Seiten der Schwimmhalle des Anton-Fingerle-Schulungszentrums in Giesing schwammen sich durchtrainierte Athleten warm: Muskelbepackte Schränke genauso wie kleinere, drahtiger wirkende Spieler. Während die Münchner ihre Bahnen zogen, feuerten die Gäste Schlagwürfe auf ihren Torwart ab. Die Zuschauer im engen Bad waren da bereits nass.


Ivan Mikic, der Spielertrainer der SG, verriet nach dem 19:10-Sieg seiner Mannschaft, waren er und seine Mitspieler mit "viel Wut im Bauch" ins Wasser gegangen: Die ersten beiden Saisonspiele in Ludwigshafen und Pforzheim hatten die Münchner jeweils "unerwartet" und mit einem Tor Rückstand verloren. "Wir wollten beweisen, dass unser Erfolg aus der vergangenen Saison", nämlich Platz zwei, "kein Zufall war." Zeigen wollten sie dies im letzten Spiel vor der Weihnachtspause aber nicht durch pure Aggressivität in den Zweikämpfen. Sie wollten eher "über das Schwimmen kommen". An diesem Abend zeigte die SG aber noch eine andere wichtige Eigenschaft: gute Nerven.


Der Matchplan der mit weißen Kappen spielenden Gastgeber war klar erkennbar: Über ihre schnellen Außenspieler Brinio Hond sowie Ignacio Marian di Diego gewannen die Münchner viel Raum, über ihr gutes Passspiel erarbeiteten sie sich zudem viele freie Wurfmöglichkeiten. Darüber hinaus setzten sie die Offensive der Gäste immer wieder unter Druck. "Wir haben Ludwigsburg mental herausgefordert, gut abgedeckt und früh angeschwommen", beschrieb Mikic seine Taktik. die Gäste wollten sich über Aggressivität zurück ins Spiel kämpfen, foulten dabei aber zu oft - und fühlten sich später ungerecht behandelt: "Gegen uns wurden Sachen gepfiffen, die ganz klar zu unseren Gunsten hätten ausgelegt werden müssen", monierte Gäste-Trainer Simon Kunz.


Die passende Schlüsselszene ereignete sich exakt zwei Sekunden vor der Halbzeit, als ein Ball klar von der Kante des Beckens - also aus dem Aus - zurück zu di Diego sprang, die Referees aber weiterspielen ließen. Während die Gäste bei den Unparteiischen reklamierten, verwandelte di Diego einen gefühlvollen Lob zum 10:7. Daraufhin gab es für die Ludwigsburger kein Halten mehr, jeder weitere Pfiff wurde kritisiert, mit weitere Strafzeiten als Folge. "Natürlich waren für Ludwigsburg einige unglückliche Entscheidungen dabei", fand auch Münchens Spielertrainer Mikic, "trotzdem muss man ruhig bleiben - sonst machst du dich ja selber kaputt." Nach dem dritten Viertel gaben sich die Gäste dann beinahe auf, gingen in der Defensive nicht mehr richtig hinterher und ließen den zum letzten Viertel eingewechselten zweiten Torhüter in vielen Situationen im Stich.


Frust war aus dem Gesicht des Ludwigsburger Coaches abzulesen. Als die gescholtenen Schiedsrichter, für die es ein "normales Spiel mit undisziplinierten Ludwigsburgern" war, die Partie abpfiffen, stand ein ungefährdetes 19:10 für die Gastgeber auf der Anzeigetafel. Die Münchner hatten sich über die gesamte Spieldauer besser unter Kontrolle gehabt - 13 Hinausstellungen bei den Gästen standen fünf bei der SG gegenüber. Die Schränke und die kleineren, drahtigen Spieler beider Teams traten dann aus dem Becken heraus und klatschten einander ab, auch die Schiedsrichter. Ihre Nerven hatten sich schon wieder ein wenig beruhigt - wohl auch, weil Münchens Sieg ziemlich deutlich ausgefallen war.

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